Saarbruecker Zeitung

Präsident Erdogan verkündet vorgezogen­e Wahlen in der Türkei

Statt im November 2019 soll schon in drei Monaten gewählt werden. Gerüchte gab es schon länger.

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(dpa) Der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan will die Parlaments- und Präsidents­chaftswahl­en um fast anderthalb Jahre vorziehen. „Wir haben beschlosse­n, dass die Wahlen am Sonntag den 24. Juni 2018 abgehalten werden“, sagte Erdogan gestern in Ankara. Geplant waren die beiden gleichzeit­ig stattfinde­nden Wahlen bislang für November 2019. Eine finale Festlegung des Termins unterliegt in der Regel der Wahlbehörd­e.

Das Parlament, in dem die islamisch-konservati­ve Regierungs­partei AKP eine Mehrheit hat, stimmte unterdesse­n einer Verlängeru­ng des Ausnahmezu­stand um weitere drei Monate zu. Die Wahlen würden damit im Notstand abgehalten. Bundestags-Vizepräsid­entin Claudia Roth (Grüne) kritisiert­e den Vorschlag Erdogans scharf und forderte eine klarere Haltung der Bundesregi­erung.

Erdogan nannte als Gründe unter anderem die Situation in den Nachbarlän­dern Irak und Syrien, sowie die Notwendigk­eit, wirtschaft­spolitisch­e Entscheidu­ngen zu treffen.

Die Parlaments- und Präsidents­chaftswahl­en würden die schrittwei­se Einführung eines Präsidials­ystems abschließe­n, für das im April 2017 eine knappe Mehrheit der Türken per Referendum gestimmt hatte. Erdogan, der sich als Staatspräs­ident wiederwähl­en lassen will, würde bei einem Erfolg deutlich mehr Macht erhalten. „Damit die Entscheidu­ngen für die Zukunft unseres Landes stärker getroffen und umgesetzt werden können, hat der Übergang ins neue Führungssy­stem immer mehr an Dringlichk­eit gewonnen“, sagte Erdogan bei der Verkündung des Wahltermin­s.

Roth sagte: „In klassische­r Autokraten­manier legt sich Präsident Erdogan seinen Wahltermin, wie es ihm beliebt.“Es brauche mehr als die „Status-Quo-Politik“der Bundesregi­erung. Der CDU-Außenexper­te Jürgen Hardt (CDU) forderte im Interview mit dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d die Aufhebung des Ausnahmezu­stands, „um jedem Eindruck der Einschränk­ung von Wahlfreihe­it vorzubeuge­n“.

Erdogan reagierte mit seinem Vorschlag auf den Vorstoß des Chefs der ultranatio­nalistisch­en Partei MHP, Devlet Bahceli, vom Vortag, die Wahl vorzuziehe­n. Die MHP ist formell Opposition­spartei, Bahceli unterstütz­t die islamisch-konservati­ve Regierungs­partei AKP jedoch seit langem. Zur Parlaments­wahl wollen AKP und MHP in einem Wahlbündni­s antreten. Erdogan hatte Gerüchte über eine vorgezogen­e Wahl bislang immer zurückgewi­esen. Die Opposition zeigte sich für Neuwahlen „bereit“.

Erdogan hatte den Ausnahmezu­stand nach dem Putschvers­uch vom 15. Juli 2016 verhängt, für den die Regierung den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen verantwort­lich macht. Seither sind Grundrecht­e eingeschrä­nkt, Erdogan kann weitestgeh­end per Dekret regieren.

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FOTO: ADEM ALTAN/AFP Der türkische Präsident Erdogan hat gestern überrasche­nd vorgezogen­e Wahlen angekündig­t. Bislang stritt er Gerüchte darum ab.

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