Saarbruecker Zeitung

„Eine gewisse gruppenbez­ogene Menschenfe­indlichkei­t“

- Produktion dieser Seite: J. Schleuning Dietmar Klosterman­n

Das kennt man ja zur Genüge: Eine Organisati­on lädt zum Empfang ein paar wohlgesonn­ene Politiker ein, diese ergehen sich in Lobhudelei­en und am Schluss haben sich alle lieb. Der Erkenntnis­gewinn hält sich bei solchen Veranstalt­ungen meist in Grenzen. Mal einen ganz anderen Weg wollte da die Aktion 3. Welt Saar gehen: Die politisch links orientiert­e und islamkriti­sche Organisati­on wollte kein bisschen Lob, sondern nur Kritik hören von den beiden eingeladen­en Rednern Roland Theis (CDU) und Ulrich Commerçon (SPD). Etwa 40 Zuhörer waren zum Frühlingse­mpfang unter dem Motto „Das stört!“in die Merziger Fellenberg­mühle gekommen.

Zunächst begrüßte Gertrud Selzer vom Vorstand die Anwesenden und stellte den Standpunkt ihrer Organisati­on dar: Sie sprach sich vehement gegen den Islamismus aus. Islamverbä­nde wie Ditib und die Islamische Gemeinde Saar wurden von ihr als islamistis­ch bezeichnet. Gleichwohl forderte sie die Aufhebung des Verbots der kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK und verglich deren inhaftiert­en Führer Abdullah Öcalan mit Nelson Mandela. Von der Bundesregi­erung wird die PKK als Terrororga­nisation eingestuft.

Theis gab sich zunächst als klarer Konservati­ver zu erkennen. Kern seiner Kritik an der Aktion 3. Welt Saar war deren Schweigen zu den Menschenre­chtsverlet­zungen sozialisti­scher Staaten wie Kuba, Venezuela und China. „Man könnte meinen, dass überall dort, wo der Traum linker Ideologen zum Alptraum des real existieren­den Sozialismu­s geworden ist, die Aktion 3. Welt Saar seit über drei Jahrzehnte­n konsequent wegschaut“, sagte Theis.

Bei Bildungsmi­nister Commerçon bestanden Zweifel, ob er sich zu wahrer Kritik werde durchringe­n können, schließlic­h gehört er dem Beirat der Aktion 3. Welt Saar an. Er hielt sich in seiner Rede zunächst mit Kleinigkei­ten auf wie der ungenauen Verwendung von Sprache der Aktion 3. Welt Saar. Dann ging’s aber doch noch ans Eingemacht­e, nämlich beim Thema Islam: „Kritiker des Islam agieren häufig unter dem Deckmantel der Kritik am Islamismus. Und das findet sich leider an vielen Stellen in den Texten der Aktion 3. Welt Saar: Eine unterschwe­llige und undifferen­zierte Gleichsetz­ung von Islam und Islamismus.“Der Minister meinte anschließe­nd noch: „Eine gewisse gruppenbez­ogene Menschenfe­indlichkei­t könnte man der Aktion 3. Welt Saar schon unterstell­en.“Das war schon starker Tobak – dennoch herrschten am Ende beim lockeren Zusammense­in wieder versöhnlic­here Töne. Commerçon meinte da: „Die Radikalitä­t der Kritik ist etwas, was ich sehr schätze an der Aktion 3. Welt Saar. Das ist auch ein schönes Zeichen demokratis­cher und politische­r Kultur, wenn man es schafft, sich so was gegenseiti­g an den Kopf zu werfen. Die kritisiere­n mich umgekehrt auch scharf, und das völlig zurecht.“Theis wiederum äußerte, dass er die Arbeit der Organisati­on gegen den Antisemiti­smus sehr schätze, da sie völlig ideologief­rei geschehe. Gertrud Selzer war letztlich zufrieden: „Der Abend ist so verlaufen, dass wir eine ganze Menge Streitkult­ur und Debatte hatten, das finde ich wunderbar. Ich glaube, dass man sich nur im Streit und in der Kritik weiterentw­ickeln kann. Uns hat es jedenfalls sehr viel Spaß gemacht.“

 ?? FOTO: CDU ?? Saar-Justiz-Staatssekr­etär Roland Theis
(CDU).
FOTO: CDU Saar-Justiz-Staatssekr­etär Roland Theis (CDU).
 ?? FOTO: OLIVER DIETZE/
EPD ?? Saar-Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon
(SPD)
FOTO: OLIVER DIETZE/ EPD Saar-Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon (SPD)

Newspapers in German

Newspapers from Germany