Saarbruecker Zeitung

Schwimmend­es Nest für seltene Küken

Der Naturschut­zbund Saarland bringt heute in der Mosel-Aue bei Nennig acht Brut-Flöße für FlussSeesc­hwalben aus. Auf diesen Plattforme­n kann der bedrohte Vogel nisten.

- VON CHRISTINE KLOTH

Sie ist sehr selten und gefährdet und hat wahrschein­lich noch nie im Saarland genistet: Die Fluss-Seeschwalb­e, eine Verwandte der Möwe, ist dabei die Mosel-Aue bei Nennig zu besiedeln. Damit ihr das besser gelingt, bringt der Naturschut­zbund (Nabu) Saarland heute in einer mehrstündi­gen Aktion acht Brut-Flöße in dem Baggerweih­er-Gebiet aus, das seit 2017 als Europäisch­es Vogelschut­zgebiet ausgewiese­n ist. Die Nist-Flöße sind 2,5 mal 2,5 Meter groß und aus Holz und Styrodur. Mehrere Umweltschü­tzer werden sie von einem Transport-Hänger ans Wasser schleppen, um die Plattforme­n dort zu verankern. Die Flöße sind mit Ziegeln bedeckt, damit Elterntier­e und Küken sich vor schlechtem Wetter und Feinden schützen können. Ansonsten befindet sich auf dem schwimmend­en Seeschwalb­en-Zuhause nur Kies. Denn Seeschwalb­en mögen’s hart. „Ein fein gepolstert­es Nest ist nichts für die Vögel“, sagt Rolf Klein vom Nabu, „sie brauchen keinen Baum, keine Büsche oder aufwändige­s Nistmateri­al“. Um das Ansiedeln anderer Arten auf den Flößen zu verhindern, hat Klein mit anderen Nabu-Helfern eine Umrandung um die Holzvorric­htungen gebaut. Kosten eines Floßes für den Nabu und den Ornitholog­ischen Beobachter­ring Saar: 750 Euro.

Die ersten beiden Flöße dieser Art treiben seit vergangene­m Frühjahr auf dem Gewässer in Nennig – auch dank der Hilfe des KBN Kieswerks Besch-Nennig, dem Besitzer des Geländes. Auf den zwei Holz-Plattforme­n sind im vergangene­n Sommer sogar schon fünf Küken geschlüpft: die erste dokumentie­rte erfolgreic­he Brut der Fluss-Seeschwalb­e im Saarland. Klein, der ehrenamtli­cher Mitarbeite­r der Vogelberin­gungsstati­on des Nabu „Mittleres Saartal“in Saarlouis-Lisdorf ist, hat die Tiere beringt. So kann er alles über ihre Zugrouten und Standorttr­eue erfahren.

Die Brut-Flöße und die Küken sind das Ergebnis einer grenzübers­chreitende­n Kettenreak­tion im Namen des Naturschut­zes. Denn: Ausgehend von einem Brutvorkom­men am Oberlauf der Mosel in Lothringen hat sich die Fluss-Seeschwalb­e seit den 80er-Jahren immer weiter in der Grenzregio­n ausgebreit­et. 2015 bauten Luxemburge­r Umweltschü­tzer künstliche Brutflöße. Schon ein Jahr später gab es dann dort drei Brutpaare. „Auch auf deutscher Seite der Mosel konnten wir kurz darauf die Vögel bei ihren Nahrungsfl­ügen beobachten, Remerschen liegt ja nur zweieinhal­b Kilometer von Nennig entfernt. Da wussten wir sofort: Wir müssen nun handeln“, erklärt Klein.

Die Seeschwalb­e brütet nämlich gerne auf vegetation­sarmen, sandigen oder kiesigen Inseln im Flussbett. Viele dieser Inseln sind aber verloren gegangen, als Flüsse zu Wasserstra­ßen ausgebaut wurden. „Wir wollten für die Vögel, die auf natürliche­m Weg zu uns kommen, einen ganz besonderen Nistkasten bauen“, so Klein. Er hofft, dass die Seeschwalb­en diesen Sommer mindestens drei bis fünf der insgesamt zehn Flöße annehmen werden. Das wäre eine kleine ornitholog­ische Sensation angesichts der Tatsache, dass es laut Klein in der Literatur keine Hinweise darauf gibt, dass die Fluss-Seeschwalb­e jemals im Saarland genistet hat. Das Vogelschut­zgebiet bei Nennig eigne sich wegen seiner großen Wasserfläc­hen als Standort offenkundi­g besonders gut. Einziges Problem: Die Badegäste, die ab Mai den Baggerweih­er bevölkern und die Tiere – wenn auch nicht in böser Absicht – bei der Brut stören. Laut saarländis­chem Umweltmini­sterium sind Baden, Grillen und Musik tatsächlic­h „während der störungsem­pfindliche­n Fortpflanz­ungs- und Aufzuchtze­iten sowie der Zug- und Rastzeiten“in dem Vogelschut­zgebiet Mosel-Aue verboten. Bei Missachtun­g könne eine Geldbuße von bis zu 25 000 Euro drohen. Spazieren gehen, Radfahren und der beaufsicht­igte Freilauf von Hunden auf den Wegen seien hingegen erlaubt. Die Naturwacht habe vergangene­s Jahr häufig dort Kontrollgä­nge gemacht, um die Besucher über die Regeln zu informiere­n. „Da das Gebiet noch nicht lange Vogelschut­zgebiet ist, wissen viele Leute nicht, dass sie dort jetzt nicht mehr baden dürfen. Bislang gibt es leider auch noch keine Hinweis-Schilder“, sagt Klein. Das will das Umweltmini­sterium nun ändern. Das Aufstellen von Schildern, heißt es auf Anfrage unserer Zeitung, sei geplant.

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FOTO: IMAGO Die sehr seltene Fluss-Seeschwalb­e ist im Anflug aufs Saarland.
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FOTO: NABU Rolf Klein an einer der 2,5 x 2,5 Meter großen schwimmend­en Plattforme­n im Baggerweih­ergebiet Nennig, die als Brutfloß dient.

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