Der „Oberhauser aus dem Netz“vernetzt sich
Fünf Monate nach Inbetriebnahme setzen die Macher des neuen Internetportals „Literaturland Saar“zur „Vertiefungsphase“an.
und lehnen sich ob „der normativen Kraft des Faktischen“(Petto) sichtlich zufrieden auf ihren Freischwingern zurück. Im Februar, sagt Oberhauser, habe er die Zugriffszahlen mal einen Monat lang erfasst: „1150 Besucher, über 1400 Seitenaufrufe, durchschnittliche Verweildauer 4,5 Minuten, Absprungrate unter 25 Prozent“, spult er die Bilanz herunter. Und schiebt nach: „Literatur ist natürlich nicht Fußball – aber immerhin.“Petto aber will sich nicht lange auf die Schulter klopfen und legt lieber los, welche Korrekturen man seit Portalstart vorgenommen habe und was denn „nun als Nächstes als Vertiefungsphase des Projekts“anstehe.
Weil der Landkreis Saarlouis als einzige literarische Region bislang ein weißer Fleck blieb – mehrere Kandidaten für eine entsprechende Einführung sprangen ab – musste Petto (assistiert von Inge Plettenberg) am Ende selbst Hand anlegen. Fuhr herum, besuchte markante historische Orte, las Einschlägiges. Machte Entdeckungen – „wie gerade gestern erst ein ganz tolles Heimatmuseum in Hemmersdorf“, erzählt Petto. Sieben Orte im Landkreis SLS sind bereits eingepflegt – darunter etwa Lebach, dessen Ortsteil Falscheid der geographische Mittelpunkt des Saarlandes ist, wie man Pettos Eintrag unter der verdienstvollen alltagskulturellen Rubrik „Praktisch“entnehmen kann. Wie er etwa auch daran erinnert, dass Lebach in den 80er Jahren der Sitz gleich zweier Verlage mit literarischem Profil war: Von 1977 bis 1987 gab es den des Buchhändlers Manfred Queisser und bis in die 90er den von Joachim Hempel.
Hangelt man sich durch das Portal, zeigt sich zwar, dass das Saarland literarisch nie (anders als im Fußball) erste Liga war. Nichtsdestotrotz umfasst „Literaturland Saar“mittlerweile 330 Autoreneinträge – darunter allerdings auch solche, die hier weder gelebt noch gewirkt haben, aber etwa hier eingeheiratet (Balzac in Metz), einst Saarländern begegneten (etwa Wieland dem Saarlouiser Marschall Ney, dessen Erwähnung in „Krieg und Frieden“auch die Berücksichtigung Tolstois geschuldet ist) oder sonstwie eingemeindet wurden. Ein Beispiel für Letzteres ist etwa das in Freisen von der Bildhauerin Elisabeth Federkeil realisierte Denkmal zu Ehren des portugiesischen Dichters Fernando Pessoa.
Mit anderen Worten: Der literarische Kanon ist nach allen Regeln des saarländischen Großmuts maximal heruntergebrochen. Auch ist dem Wunsch inzwischen Rechnung getragen worden, eine eigene Übersichtskarte mit allen Autoren von A bis Z zu bieten. Womit wir bei der von Petto angekündigten „Vertiefungsphase“wären: Um die Sache nicht zu eng zu fassen, sollen auch Autoren angrenzender Regionen wie die Westpfalz oder Luxemburg sukzessive mit bedacht werden. Seine Mutter Gabriele, sagt Martin Oberhauser, sei etwa gerade dabei, das „Serriger Land“zu erkunden – womit dann endlich auch Arno Schmidt, der 1951 bis 1955 in Kastel lebte und schrieb, Eingang in das Literaturportal fände. Damit nicht genug, will man generell weiterhin O-Töne sammeln (in der Art eines neu eingestellten Interview-Schnipsels mit Martin Bettinger, in dem dieser erklärt, weshalb er aufgehört hat zu schreiben). Auch Kostproben von Mundartautoren wird es bald geben. Erweitert werden soll ferner der bis dato zehn Hintergrundstücke umfassende Themenblock, der einzelne Facetten des weiten literarischen Felds vertiefend ausleuchtet: Überblicke über „Liedermacher und Kabarettisten“, „Übersetzer im Saarland“ und „Kinder- und Jugendliteratur“sind angedacht. Darüberhinaus will man das Portal mittelfristig durch aktuelle Meldungen oder das Vorstellen von Nachwuchsautoren lebendig halten. Pas mal.
Zu guter Letzt plant Martin Oberhauser das Aufstellen weiterer QRCodes in der saarländischen Landschaft. Am Blieskasteler Gollenstein steht der erste, der eine Kindheitserinnerung Fred Oberhausers von 1933 beschreibt: den Vorbeiflug des Zeppelins. Hält man sein Handy an den QR-Code, läuft ein zweiminütiger Film ab, der Freds Zeppelin-Erinnerung visualisiert und seine Stimme dazu zurückbringt. „Fred hätte unsere Arbeit gefallen“, meint sein Sohn. Recht so: Manchmal darf man sich ruhig selbst mal Komplimente machen. Spaziert man mal eine Weile durch die Portal-Rubriken, lässt sich ihm da nur beipflichten.