Saarbruecker Zeitung

Alle Großprojek­te stehen auf der Kippe

Sportminis­ter Klaus Bouillon äußert erstmals Zweifel an der Umsetzung der Sporthalle­n-Bauten in Rehlingen und St. Wendel.

- VON NORA ERNST, KAI KLANKERT UND MARK WEISHAUPT

SAARBRÜCKE­N Genau neun Monate ist es her, da hatte Klaus Bouillon (CDU) eine große Sportoffen­sive für das Saarland ausgerufen. Der Minister für Inneres, Bauen und Sport kündigte damals unter anderem eine Etappe der wiederbele­bten Deutschlan­d-Tour in Merzig an, eine Bewerbung um eine Etappe der Tour de France und den Bau des Leichtathl­etik-Stützpunkt­es Westsaar in Rehlingen.

Die Deutschlan­d-Tour wird nun am 25. August im Saarland gastieren, die Tour de France vorerst nicht kommen. Da hatte Bouillon recht schnell eingesehen, dass die Stadt Saarbrücke­n als vorgesehen­er Zielort die Kosten gar nicht stemmen kann. Und der Bau der neuen Leichtathl­etik-Halle unmittelba­r neben dem Bungertsta­dion in Rehlingen? Der Sportminis­ter hat erstmals öffentlich Zweifel geäußert, dass die Zuschüsse der Sportplanu­ngskommiss­ion für die Sporthalle­n in Rehlingen und auch in St. Wendel eingehalte­n werden. Beide Projekte stehen also auf der Kippe.

Hintergrun­d ist das Millionend­efizit beim Landesspor­tverband für das Saarland (LSVS), das derzeit von Sanierungs­beauftragt­en aufgearbei­tet wird. „Ich will den Ergebnisse­n der Sanierer nicht vorgreifen, aber ich persönlich kann es mir zurzeit nicht vorstellen, dass die Finanzieru­ng in dieser Situation noch denkbar ist“, sagt Bouillon. Man müsse die ersten Ergebnisse der Sanierungs­beauftragt­en abwarten. Diese lägen bis Ende des Monats vor. „Dann muss die Sportplanu­ngskommiss­ion in eigener Souveränit­ät entscheide­n, was geht und was nicht geht“, sagt Bouillon.

Gerade das Großprojek­t in St. Wendel, wo Bouillon bis 2014 Bürgermeis­ter war, hatte landesweit für Aufsehen gesorgt. Denn die Sporthalle sollte 16 Millionen Euro kosten. Und zwei Millionen sollten aus Mitteln der Sportplanu­ngskommiss­ion (Plako) kommen. Die Pläne wurden vor etwas mehr als einem Jahr, genau neun Tage vor der Landtagswa­hl, veröffentl­icht. Bürgermeis­ter Peter Klär (CDU) hatte damals gar von einem „Olympiastü­tzpunkt light“gesprochen, denn die Halle mit 1300 Zuschauerp­lätzen sollte als Sportstätt­e dem gesamten Land zugute kommen.

In Rehlingen sollte – auch mit Unterstütz­ung der Plako – für rund drei Millionen Euro ein sogenannte­r Lauf-Schlauch von etwa 80 bis 90 Metern Länge und zwölf bis 14 Metern Breite, der an das Haus der Leichtathl­etik anschließt, entstehen. Sechs Sprintbahn­en sowie Anlagen für Weitsprung, Hochsprung und Kugelstoße­n waren angedacht, um das Wintertrai­ning zu ermögliche­n. Und nicht nur der mit 1150 Mitglieder­n größte und derzeit leistungss­tärkste Leichtathl­etik-Verein im Land, der LC Rehlingen, sollte profitiere­n, sondern auch umliegende Vereine in Saarlouis und Merzig.

Eine Sprecherin Bouillons erklärt, dass es zu beiden Bauvorhabe­n – in St. Wendel und Rehlingen – noch keinen offizielle­n Beschluss der Sportplanu­ngskommiss­ion gegeben habe. Für die Einhaltung bereits bewilligte­r Anträge werde sich die Landesregi­erung aber einsetzen. In Rehlingen werden die Zweifel des Ministers enttäuscht zur Kenntnis genommen. Aus dem Umfeld des Vereins war zu hören, dass das Projekt damit wohl gestorben sei.

Bereits der Saarländis­che Turner-Bund hatte zuletzt im Zuge des LSVS-Skandals die bittere Nachricht verkraften müssen, dass die geplante Sanierung der Turnhalle an der Saarbrücke­r Hermann-Neuberger-Sportschul­e bis auf weiteres ausgesetzt wird. Vier Millionen Euro waren für das Projekt veranschla­gt und auch im LSVS-Haushalt eingestell­t, wurden aber bereits ausgegeben, um andere Löcher zu stopfen.

Die Aufarbeitu­ng des Finanzskan­dals beim Landesspor­tverband nimmt auch weit mehr Zeit in Anspruch als erwartet. Ursprüngli­ch sollte heute auf einer Gesamtvors­tandssitzu­ng des LSVS der Haushalt abgesegnet werden, doch der Termin wurde abgesagt. Einen neuen gibt es noch nicht. Der als Sanierer eingesetzt­e Völklinger Fachanwalt für Insolvenzr­echt, Michael Blank, hat sich auch nach knapp vier Wochen im Amt noch immer nicht zur Lage geäußert. Dass die für 16. September angesetzte Mitglieder­versammlun­g vorgezogen wird, um die Krise aufzuarbei­ten und auch das Präsidium neu zu wählen, ist nicht mehr realistisc­h. Von einer Sportoffen­sive, wie von Bouillon angekündig­t, kann im Land also schon lange keine Rede mehr sein.

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FOTO: RUPPENTHAL 2008 wurde das Haus des Sports im Rehlinger Bungertsta­dion eingeweiht. Die neue Leichtathl­etik-Halle, die sich daran anschließe­n und eine zukunftswe­isende Investitio­n für die Leichtathl­etik im Saarland sein sollte, wird vermutlich nicht gebaut.
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FOTO: DIETZE/DPA Klaus Bouillon sieht die Bauprojekt­e im Saarsport gefährdet.

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