Umbruch scheint den Hurricanes gut zu tun
Die Footballer haben den Abstieg in die 2. Liga verdaut. An diesem Samstag geht’s wieder los. Ziel ist der direkte Wiederaufstieg.
SAARBRÜCKEN 203 Tage hatten die Saarland Hurricanes Zeit. 203 Tage, um den schockierenden, aber vor allem vermeidbaren Abstieg aus der American-Football-Bundesliga vergangenen September zu verdauen. 203 Tage, um der Mannschaft ein neues Gesicht zu geben. Und seit der verheerenden Niederlage in der Abstiegsrelegation gegen die Kirchdorf Wildcats scheint sich viel getan zu haben am Matzenberg – neues Trainergespann, neue Spieler, neue Mentalität. Die Fans werden es also mit generalüberholten Hurricanes zu tun bekommen, wenn die Saarländer an diesem Samstag (16 Uhr) bei den Montabaur Fighting Farmers in ihr erstes Zweitligaspiel seit acht Jahren gehen.
„Die Jungs denken gar nicht mehr über den Abstieg nach – das ist überhaupt kein Thema mehr“, sagt der sportliche Leiter Christoph Szepat, ebenfalls ein neues Gesicht bei den Hurricanes: „Im Gegenteil: Die Stimmung in der Mannschaft ist im Moment der Wahnsinn. Allein die Tatsache, dass vor zwei Wochen im Trainingslager 46 Spieler erschienen sind – sowas habe ich noch nie erlebt. Das zeigt, dass ein ganz anderer Wind weht als noch letzte Saison.“
Ein Grund dafür dürfte das neue Trainergespann mit Joe Sturdivant und Joe Roman sein – der eine jung und ehrgeizig, der andere erfahren und erfolgsverwöhnt. Nach dem Rentner Tom Smythe und seinem Nachfolger Felix Motzki die perfekte Mischung auf der Trainerbank der Hurricanes, hoffen zumindest die Verantwortlichen. „Die bringen so viel Schwung und Energie in die Mannschaft – die Spieler sind hochmotiviert“, sagt Ex-Spieler Szepat, für den es vor allem wichtig war, dass der neue Übungsleiter nicht mehr nur „verwaltet“: „Wir brauchen hier einen Typ, der mehr macht – die Jungs müssen abgeholt und von ihrem Trainer geformt werden, und das schafft Joe Sturdivant. Er erreicht sie voll und ganz, sie hängen ihm fast schon an den Lippen.“
Diese Interaktion zwischen Trainer und Mannschaft hat den Hurricanes in den vergangenen Jahren oftmals gefehlt – trotz großer Erfolge zwischen 2014 und 2016. Und um an diese Zeiten anzuknüpfen, in denen die Saarländer noch im Playoff-Viertelfinale standen, hat der neue Trainer direkt mal durchgegriffen. Denn dass in Zukunft (wie bisher geschehen) wieder Spieler statt mit sportlichen Aktionen auf dem Platz mit der falschen Einstellung daneben auf sich aufmerksam machen, scheint bei den Canes 2018 ausgeschlossen.
Das haben Cüneyt Aktas, Peter Devoe, Kevin Schönborn und Sascha Miletic am eigenen Leib erfahren dürfen – ersterer wurde wegen fehlenden Engagements im Training für die ersten drei Saisonspiele suspendiert, seine Mitspieler sogar komplett aus dem Kader geworfen. „Letztes Jahr haben die ganzen Disziplinlosigkeiten dazu geführt, dass wir unnötig viele Punkte verloren haben und letztendlich abgestiegen sind“, erklärt Geschäftsführer Torsten Reif: „Deswegen ist es für uns wichtig, dass der Trainer Disziplin einfordert und dass sich die Jungs mehr darauf fokussieren, was auf dem Platz passiert.“Christoph Szepat geht sogar so weit zu sagen, „dass es während der Saison auch mal einen Stammspieler treffen kann, wenn er meint, aus der Reihe tanzen zu müssen“.
Aber Disziplin und Engagement machen noch keinen Aufsteiger. Daher haben sich die Hurricanes trotz Zweitklassigkeit auch in diesem Jahr auf dem amerikanischen Markt bedient. Mit Jarrett Lecas und Kody Smith kamen die gewünschten erfahrenen Defensivspieler, dazu soll Brock Dale den verletzungsbedingten Ausfall von Stamm-Quarterback Alexander Haupert vergessen machen. Die 13 nationalen und acht internen Neuzugänge mitgerechnet kommen die Canes also wieder auf weit über 50 Akteure – beim Relegations-Rückspiel im September standen den Saarländern gerade einmal knapp 30 fitte Spieler zur Verfügung.
„Der Kader ist ganz klar besser als letztes Jahr“, sagt daher auch Torsten Reif, der sich vor allem auf die drei Importspieler aus den USA freut: „Wir haben den amerikanischen Markt intensiv gescoutet. Und die Auswahl, die es dann geworden ist, ist wirklich handverlesen.“Abgänge gab es derweil kaum – die Amerikaner der 2017er Bundesliga-Saison hatten sowieso enttäuscht (David Oku, Ricardo Miller) oder wurden von Verletzungen gestoppt (Charles Clay).
Ohne Vorbereitungsspiel geht es jetzt direkt ins erste Ligaspiel gegen Aufsteiger Montabaur, gegen den „alles andere als ein Sieg schon eine Blamage wäre“, wie Christoph Szepat klarstellt. Das erste Heimspiel ist eine Woche später gegen Gießen. Mit Nürnberg und Ravensburg haben die Hurricanes sowieso nur zwei ernsthafte Konkurrenten um den Aufstieg – erstes Ziel ist aber erst einmal der Platz zur Aufstiegsrelegation, danach wird weitergeschaut. „Ich möchte nicht sagen, dass wir alle einfach so weghauen“, sagt Torsten Reif, ergänzt aber: „Wenn die Spieler das umsetzen, was die Trainer mit ihnen vorhaben, haben wir eine gute Chance, am Ende auf Platz eins zu stehen.“
„Joe Sturdivant erreicht die Jungs voll und ganz, sie hängen ihm fast schon an den Lippen.“Christoph Szepat sportlicher Leiter der Saarland Hurricanes