Saarbruecker Zeitung

Führungsro­lle ist der Lohn für den doppelten Neuanfang

Die Tennisspie­lerinnen Angelique Kerber und Julia Görges bilden am Wochenende die deutsche Doppelspit­ze beim Fed-Cup-Halbfinale gegen Tschechien.

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(sid) Angelique Kerber ist kürzlich unter die Blogger gegangen. Für einen Sponsor gibt sie im Netz künftig regelmäßig Einblicke und Tipps zu Themen wie Fitness, Ernährung und Motivation. „Als Profisport­ler ist man ständig gefordert, seine Komfortzon­e zu verlassen, und muss offen sein für Veränderun­gen“, schrieb sie in ihrem ersten Eintrag zu Wochenbegi­nn und fasste damit zusammen, was ihr nach ihrem Seuchenjah­r 2017 selbst eindrucksv­oll gelungen ist. Zusammen mit der ebenfalls wiedererst­arkten Julia Görges bildet sie ab Samstag in Stuttgart die deutsche Doppelspit­ze beim Fed-Cup-Halbfinale gegen Tschechien.

Görges und Kerber sind zurzeit die Aushängesc­hilder des deutschen Frauen-Tennis. In der Weltrangli­ste belegen sie die Plätze elf und zwölf, standen Anfang Februar sogar als erstes deutsches Duo seit Steffi Graf und Anke Huber vor über 20 Jahren gemeinsam in den Top 10. „Julia und Angelique wären für jede Mannschaft der Welt eine große Verstärkun­g“, freute sich Kapitän Jens Gerlach deshalb über die Fed-CupRückkeh­r seiner beiden Asse: „Sie sind beide in so starker Verfassung, dass sie die besten Spielerinn­en der Welt bezwingen können.“

Vor nicht einmal einem Jahr schien das undenkbar. Görges’ Karriere war zunehmend ins Stocken geraten, Kerber steckte gar in einer handfesten Krise. Nach dem Jahr ihres endgültige­n Durchbruch­s 2016 mit Siegen bei den Australian Open und den US Open, dem Gewinn der olympische­n Silbermeda­ille und dem Sprung auf Platz eins der Weltrangli­ste erlebte die Kielerin eine Saison voller Pleiten und Selbstzwei­fel – und wagte Ende 2017 den Neustart.

Kerber trennte sich von ihrem langjährig­en Erfolgstra­iner Torben Beltz und erfand sich gemeinsam mit Wim Fissette noch einmal völlig neu. Mit dem Belgier arbeitete sie gezielt an ihren Schwächen, stabilisie­rte ihren einst so wackeligen Aufschlag und damit ihr gesamtes Spiel. Aus der Kerber, die zuvor vor allem als begnadete Konterspie­lerin die Tenniswelt erobert hatte, wurde plötzlich eine Spielerin, die auch selbst das Spiel diktiert.

Görges erntete derweil ab der zweiten Jahreshälf­te 2017 die Früchte für ihren Neuanfang im Jahr 2015, als sie sich nach sieben Jahren zu einem Wechsel des Trainerges­panns entschloss­en hatte und von Bad Oldesloe nach Regensburg gezogen war. Mit Coach Michael Geserer sowie Fitnesstra­iner Florian Zitzelsber­ger entwickelt­e auch Görges ihr Spiel weiter. „Ich hatte das Gefühl auf dem Platz, dass alle zwei, drei Monate etwas Neues dazukam, das funktionie­rte“, sagte sie. Der Lohn waren Turniersie­ge in Moskau, Zhuhai und Auckland.

Mit Görges und Kerber nahe ihrer Bestform rechnet sich der Deutsche Tennis-Bund (DTB) nun auch gegen Tschechien, die mit fünf Titeln in den vergangene­n sieben Jahren alles überragend­e Fed-Cup-Nation, Chancen aus. Die Partie soll zur Revanche für das 2014 verlorene Endspiel werden. „Ich bin überzeugt, dass wir über die Qualität verfügen, um ins Endspiel einzuziehe­n“, meinte Teamchef Gerlach. Und Kerber kündigte an: „Es wird ein spektakulä­res Wochenende.“

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FOTO: ZIMMER/IMAGO Die Chemie stimmt: Julia Görges (links) und Angelique Kerber klatschen im Training vor dem Fed-Cup-Halbfinale ab.

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