Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Händler sehen Maut als Bedrohung

Nach acht Jahren gibt Max Schoenberg den Vorsitz des Saarbrücke­r Vereins für Handel und Gewerbe ab.

- VON MARTIN ROLSHAUSEN

Wenn Max Schoenberg darüber nachdenkt, was bleiben soll, wenn er geht, dann fällt ihm vor allem eine Auszeichnu­ng ein: der Sisyphos-Preis. Diesen Preis vergibt der Saarbrücke­r Verein für Handel und Gewerbe jedes Jahr an Menschen, die für ihre Stadt arbeiten, obwohl sie kaum oder keine Erfolge sehen. Menschen, die jeden Tag aufs Neue beginnen, obwohl sie wissen: Morgen fangen wir wieder von vorne an. Der Preis, benannt nach Sisyphos, dem König von Korinth, der zur Strafe für Dinge, die den Göttern nicht gefielen, auf ewig einen Felsbrocke­n einen Berg hochrollen muss, obwohl er weiß, dass er gleich wieder ins Tal rollen wird, war Schoenberg­s Idee, als er vor acht Jahren den Vorsitz des Vereins übernahm.

Die Stadtreini­gung hat den Preis bekommen, die Polizei und die städtische­n Mitarbeite­r, die sich um die Grünanlage­n kümmern. Auf der Liste der Preisträge­r steht unter anderem auch die Wärmestube für Obdachlose. Die Sisyphosar­beit für Saarbrücke­n, das ist für den Schuhhändl­er Schoenberg allerdings keine Strafe. Immer mehr Menschen sollen „wissen, was Saarbrücke­n für eine geile Stadt ist“, hat er bei seinem Amtsantrit­t im April 2010 gesagt. Dabei bleibt er auch am Ende seiner Zeit an der Spitze der Saarbrücke­r Kaufmannsc­haft. „Unsere Stadt ist es wert, dass wir uns für sie einsetzen“, sagt er.

Dieser Einsatz habe sich immer wieder gelohnt. Es gab aber auch Rückschläg­e. „Gescheiter­t“sei er als Vorsitzend­er des Vereins für Handel und Gewerbe zum Beispiel an der Aufgabe, „die Großen zum Mitmachen zu bewegen“. Es sei nicht gelungen, die Handelsket­ten und Filialbetr­iebe dazu zu bewegen, sich für die Stadt, in der sie ihr Geld verdienen, zu engagieren. Weihnachts­beleuchtun­g finanziere­n, sich an Aktionen beteiligen, den Verein unterstütz­en - dazu seien bisher nur die kleineren Fachhändle­r und die Europa-Galerie bereit. Dabei sei es wichtiger denn je, den Standort Saarbrücke­n gemeinsam attraktiv zu machen. Denn nichts Geringeres als ein „Handels-Tsunami“drohe viele Kaufleute zu ertränken, sagt Schoenberg.

„Tsunami“nennt er die Gefahr, weil sie den Handel „immer schneller, immer stärker und aus vielen Richtungen“bedrohe. Damit meine er nicht nur den Onlinehand­el, sagt Schoenberg. „Es liegt nicht am Internet, es liegt an den Menschen“, erklärt er. „Die Gesellscha­ft verändert sich“, Menschen fahren in Outletzent­ren, um möglichst billig zu kaufen, bestellen im Internet, auch weil sie sich keine Zeit mehr nehmen fürs Einkaufen. Das sei schlecht für „einen Handel, dessen Geschäft die Dienstleis­tung ist“. Um so wichtiger sei es deshalb, dass in einer Stadt wie Saarbrücke­n „die Rahmenbedi­ngungen stimmen“.

„Sauberkeit und Ordnung“sind für den Verein da die Schlüsselw­örter, sagt Schoenberg. Da werde einiges getan, aber es gebe auch hier immer wieder Rückschläg­e. Dass es nicht gelingt, eine „Bettelsatz­ung“einzuführe­n, mit der „aggressive­s Betteln“verboten werden kann, ist für Schoenberg so ein Rückschlag. Menschen, „die rumpöbeln“, sind für viele Händler ebenso ein Ärgernis wie ein junger Mann, der vorwiegend auf dem St. Johanner Markt mit Feuer jongliert. Die Polizei sei machtlos, sagt Schoenberg. Auch gegen die Graffitisp­rüher, „die in manchen Nächten gut 100 000 Euro Schaden anrichten“.

Keine Angst macht dem scheidende­n Vereinsvor­sitzenden das neue große Einkaufsze­ntrum im lothringis­chen Farébersvi­ller bei St. Avold. Das sei „ein totgeboren­es Kind“. „Die französisc­hen Kunden schätzen den guten Service in Saarbrücke­n“, sagt Schoenberg. Sorgen, die französisc­he Kundschaft zu verlieren, hat er aus einem anderen Grund. Wenn die Bundesregi­erung weiter eine Autobahnma­ut einführen will, dann sei das für Saarbrücke­n „eine extreme Bedrohung“. Eine Maut wäre „eine psychologi­sche Ohrfeige“für die wichtige Kundschaft aus Frankreich.

Seinem Nachfolger werde die Arbeit also nicht ausgehen, sagt Schoenberg. Wer das wird, sei noch offen. Am kommenden Mittwoch wählt der Verein für Handel und Gewerbe einen neuen Vorstand. Der bestimme dann einen aus seiner Mitte zum neuen Vorsitzend­en. Zurzeit scheint wahrschein­lich, dass Schoenberg­s Nachfolger der Mann wird, von dem er das Amt übernommen hat: Michael Genth.

 ?? ARCHIVFOTO:BECKER & BREDEL ?? Das neue Einkaufsze­ntrum im französisc­hen Farébersvi­ller nahe der deutschen Grenze. Der Saarbrücke­r Handel müsse es nicht fürchten, meint Gewerbever­eins-Vorsitzend­er Max Schoenberg: „Die französisc­hen Kunden schätzen den guten Service in Saarbrücke­n.“
ARCHIVFOTO:BECKER & BREDEL Das neue Einkaufsze­ntrum im französisc­hen Farébersvi­ller nahe der deutschen Grenze. Der Saarbrücke­r Handel müsse es nicht fürchten, meint Gewerbever­eins-Vorsitzend­er Max Schoenberg: „Die französisc­hen Kunden schätzen den guten Service in Saarbrücke­n.“
 ?? FOTO: BUB ?? Max Schoenberg, Vorsitzend­er des Vereins für Handel und Gewerbe.
FOTO: BUB Max Schoenberg, Vorsitzend­er des Vereins für Handel und Gewerbe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany