Selbst Huster verstummen: Grigory Sokolov in Homburg
(fa) Er war wirklich da: Der Pianist Grigory Lipmanowitsch Sokolov, den man sonst nur in den bedeutenden Konzertsälen der Welt hören kann. Den Homburger Meisterkonzerten war es gelungen, ihn ins Saarland zu holen. Dazu den von ihm gewünschten Steinway-Flügel aus Frankfurt nebst Klaviertechniker/ Stimmer. Das Licht im Saal war eingedimmt, die Bühne in mystisches Halbdunkel gehüllt. Sokolov strebte zum Klavier, eine knappe Verbeugung, dann: prima la musica.
Drei Sonaten Haydns, am Stück gespielt, ohne Atempause. Und bitte keine Unterbrechung durch Beifall. Die Werke 32, 36 und 44 sind für das Clavicembalo komponiert, erst die Verleger haben sie auch für das damals neuartige Hammerklavier empfohlen. Das wurde unwichtig bei Sokolovs Spiel. Durchsichtige Zweiund Dreistimmigkeit, trotz energischem Anschlag ein luftiges Piano, aber auch kraftvolles Forte. Eigenwillige Akzente und eine fantasievolle Agogik bis hin zu gefühlvollen Wendungen und stringenten Trillerpassagen. Alle drei Sonaten in düsterem Moll, mit Dur-Lichtern geschmückt. Der ganz versunkene Künstler baute eine Spannung auf, die selbst heftige Huster verstummen ließ.
Nicht anders bei Schuberts „Impromptus op. 142“. Die wie bei einer Sonate aneinandergereihten vier Einzelstücke erfordern eine breite Palette an Stimmungs- und Ausdrucks-Valeurs: von fein Hintupfen über emotional gespannte Legatobögen bis zum kraftvoll und virtuos über die Tasten fegen. Sokolov brachte das alles verinnerlicht und unfasslich schön über die Rampe. Er genoss den Jubel bescheiden und bedankte sich mit vier(!) Zugaben: Schubert, Scarlatti, Chopin. Einzigartig.