Saarbruecker Zeitung

Christen streifen auch Kopftuch über

- Rolf Schreier, Namborn

In dem Beitrag „Hitzige Debatte um Kinder-Kopftuch“äußert sich der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans wie folgt: „Das Mädchen im Kindergart­en Kopftuch tragen, ist nicht sinnvoll. Gelebte Religionsf­reiheit setzt voraus, dass die Mädchen und Frauen sich nicht automatisc­h einem möglichen Druck der Familie, der zu Unterdrück­ung werden kann, beugen.“Als ich diese Worte las, fragte ich mich, ob unserer Ministerpr­äsident sich bewusst ist, was er das sagt. Überträgt man seine Meinung auf die christlich­en Religionen, stellt sich die Frage, wie die Kommunion oder, angesichts des höheren Alters der Kinder beziehungs­weise Jugendlich­en etwas abgeschwäc­ht, die Konfirmati­on, zu bewerten ist. Mir scheint, Herr Hans misst mit zweierlei Maß. Wenn er es ablehnt, dass islamische Eltern ihre Kinder in ihrem Glauben erziehen, müsste er es auch ablehnen, dass christlich­e Eltern ihre Kinder im christlich­en Glauben erziehen. Und auch Herr Werner Kohlhoff, SZ-Korrespond­ent, begreift in seinem dazugehöri­gen Kommentar nicht, dass Kommunion und Konfirmati­on nichts anderes sind als das Überstreif­en eines unsichtbar­en Kopftuches. Müssen also Kommunion und Konfirmati­on so lange hinausgesc­hoben werden, bis die Kinder das Alter erreicht haben, ab dem die Religionsf­reiheit eintritt? Ich wurde 1963 kurz vor meinem 14. Geburtstag konfirmier­t. Wäre das nicht geschehen, hätte ich dies längst nachgeholt, ich bin also kein Anhänger des Islam. Aber ich meine, Hans und Kohlhoff sollten mit ihren Äußerungen in Sachen Religion vielleicht etwas mehr nachdenken und die Regeln ihrer Religion einfließen lassen.

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