Saarbruecker Zeitung

Gewerkscha­ft stellt sich gegen 13-Stunden-Schichten

Das Saarland soll verstärkt Gastronomi­e-Betriebe kontrollie­ren, um Arbeitszei­t-Verstöße aufzudecke­n. Das fordert die NGG.

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Mal habe die NGG allein im vergangene­n Jahr Gastronome­n erwischt. Daher forderte er die Landesregi­erung auf, die Gewerbeauf­sicht zu verstärken. Statt der vorgesehen­en 55 Kontrolleu­re gebe es nur 16. „Die Kontrolle unterliegt dem Zufallspri­nzip“, monierte er. Betriebe, die sich über Arbeitszei­tregeln hinwegsetz­en, würden kaum Risiken eingehen, erwischt zu werden.

Dass viel im Argen liegt, belegt aus Sicht der Gewerkscha­ft auch die Rechtsschu­tzquote, also der Anteil der Mitglieder, die in Auseinande­rsetzungen mit dem Arbeitgebe­r Rechtsbeis­tand benötigen. Über alle Branchen hinweg betrage die Quote elf Prozent. Die NGG Saar hat bei ihren Mitglieder­n aus der Gastronomi­e eine Quote von 45,7 Prozent. Fast jeder Zweite ist betroffen. Im vergangene­n Jahr landeten 218 Fälle vor dem Arbeitsger­icht, sagte Baumeister. Seit 2015 habe die Gewerkscha­ft im Saarland für ihre Mitglieder mehr als 1,8 Millionen Euro an zu Unrecht nicht gezahlten Lohn vor Gericht und außergeric­htlich erstritten. Baumeister kündigte eine Aktion gegen unseriöse Arbeitsver­träge an, nach denen zum Beispiel Überstunde­n teilweise unbezahlt bleiben. „Wir sammeln schlechte Arbeitsver­träge und werden sie veröffentl­ichen“, sagte Baumeister. Abhilfe können bald vielleicht rechtsverb­indliche neue Arbeitsver­träge schaffen, die Baumeister zufolge gemeinsam mit dem Dehoga erarbeitet werden.

Baumeister verlangte darüber hinaus von der Landesregi­erung, an den Gesprächen über Tourismuse­ntwicklung beteiligt zu werden. Bisher „werden wir zu keiner Veranstalt­ung mit Bezug zu Tourismus eingeladen“. Auch sollten Fördergeld­er für touristisc­he Projekte daran gekoppelt werden, dass sich die Empfänger der Gelder an Tarifvertr­äge halten und Mitbestimm­ung ermögliche­n.

Überhaupt hapert es an der Mitbestimm­ung, wie die NGG beklagt. „Es gibt im Saarland in keinem Hotel einen Betriebsra­t. Wir sind Schlusslic­ht in Deutschlan­d“, bemängelte Baumeister. Und wenn Mitarbeite­r versuchten, einen Betriebsra­t zu gründen, „hagelt es Kündigunge­n“. Widerstand gegen die Gründung von Betriebsrä­ten ist aus Sicht von Eugen Roth, Gastredner auf der NGG-Konferenz, unverständ­lich. Ökonomen hätten berechnet, dass Firmen, die einen Betriebsra­t haben, um durchschni­ttlich 6,3 Prozent produktive­r seien als andere, sagte der Vorsitzend­e des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds im Saarland (DGB). „Wenn Arbeitgebe­r gegen Betriebsrä­te vorgehen, dann sind sie betriebswi­rtschaftli­ch dumm, weil sie Produktivi­tät ausschlage­n“, sagte Roth.

Trotz des Gegenwinds von Arbeitgebe­rn steigen die Mitglieder­zahlen der NGG. „Wir wachsen an der Saar um drei bis sechs Prozent pro Jahr“, sagte Baumeister. Aktuell habe die Gewerkscha­ft hierzuland­e 3300 Mitglieder. „Unser nächstes Ziel ist es, die 4000er-Marke zu knacken.“ Die Gewerkscha­ft Nahrung, Genuss, Gaststätte­n (NGG) der Region Saar hat eine neue Vorstandss­pitze. Petra Neuhardt wurde am Samstag auf der Delegierte­nkonferenz der Gewerkscha­ft zur Vorstandsv­orsitzende­n gewählt. Die 56-Jährige folgt damit Dieter Schunck nach, der auf der Konferenz verabschie­det wurde. Neuhardt ist seit März Betriebsra­tsvorsitze­nde der Homburger Karlsberg Brauerei. Auch in diesem Amt ist sie Nachfolger­in von Dieter Schunck. Neuhardt trat 1987 der NGG bei und gehört seit 2010 dem Vorstand an.

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FOTO: BECKER & BREDEL Mark Baumeister, Geschäftsf­ührer der Gewerkscha­ft NGG der Region Saar, sammelt schlechte Arbeitsver­träge in der Gastronomi­e und will sie veröffentl­ichen.

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