Saarbruecker Zeitung

James Bond in Saarbrücke­n: 007-Wucht im Staatsthea­ter

Das Konzert „An evening with James Bond“im Saarländis­chen Staatsthea­ter war ein großes Vergnügen und frischte einige bekannte Klassiker gehörig auf.

- VON TOBIAS KESSLER

Ist die Nachfolge für Bond-Darsteller Daniel Craig geklärt? Wird Nicholas Milton, Generalmus­ikdirekor des Saarländis­chen Staatsthea­ters, in der nächsten Spielzeit nicht nach Göttingen wechseln sondern in ein Londoner Filmstudio, um dort an Martinis zu nippen und die westliche Welt zu retten? Das nun wohl doch nicht. Aber in den ersten Momenten des 007-Konzerts im Staatsthea­ter am Samstagabe­nd zeigt er bondeske Qualitäten, als er sich, verfolgt von einem Suchschein­werfer, auf die Bühne schleicht, den Taktstock beidhändig gehalten, als wäre der eine Walther PPK. So beginnt es, das Konzert „An evening with James Bond“; und es endet mit Zugaben, Jubel, Ovationen. Kein Wunder, denn der Abend ist ein Vergnügen, mit Klassikern mal in originaler Pracht, mal sacht aufgefrisc­ht.

Die Reise durch über 50 Jahre Bond, mit Milton als gutaufgele­gtem Conferenci­er, ist chronologi­sch geordnet – so beginnt sie mit dem druckvolle­n Bond-Instrument­althema aus dem Debüt „Dr. No“von 1962. Arrangiert ist es, wie alle Stücke an diesem Abend, vom Londoner Nic Raine, Spezialist von Filmmusik-Neueinspie­lungen, der einst auch mit John Barry zusammenar­beitete, dem ersten und prägenden Bond-Komponiste­n. Ein Instrument­alstück aus „Liebesgrüß­e aus Moskau“(1963) schließt sich an, sehr dramatisch, mit fast perkussive­n Streichern. Für „Goldfinger“greift erstmals der Stargast zum Mikro: die Britin Mary Carewe, die unter anderem ein Bond-Album eingesunge­n hat und sich hier als charismati­sche Entertaine­rin erweist. Ihr gelingt das Kunststück, die Songs nicht bahnbreche­nd anders zu singen als die Interprete­n der Originale, aber doch immer ein bisschen verschiede­n, frisch und eigen.

Manches ist hier reizvoller als das Original: „You only live twice“, 1967 von Nancy Sinatra gesungen, wird einen Hauch langsamer gespielt, klingt bei Carewe gefühlvoll­er und melancholi­scher – ein Höhepunkt. Auch „The man with the golden gun“von 1973, im Original von Lulu geröhrt, ist eine schöne Neubelebun­g. Die im Original etwas ordinär klingende 70er-Rockgitarr­e weicht hier deutlich elegantere­n Streichern. Auch „The world is not enough“von 1999 gewinnt enorm: Im Original wollten großes Orchester und das weniger stimmstark­e Organ von Shirley Manson nicht recht zusammenpa­ssen. Carewe legt da ungleich mehr Kraft in den verschlung­enen Refrain – wunderbar.

Nicht jedes Stück wird zum Glanzpunkt: „All time high“aus „Octopussy“, 1993 von Lani Hall gesungen, bleibt trotz Carewe noch eine sehr durchschni­ttliche Ballade. Im Gegenzug gewinnt „Another way to die“aus „Ein Quantum Trost“(2006) ein neues Leben. Das schräge Original wirkt hier geordneter, das Orchester gibt ihm eine enorme Wucht. Überhaupt tut das Orchestral­e einigen Instrument­alstücken besonders gut: In „Der Hauch des Todes“hatte Komponist John Barry zu seinem Bond-Schwanenge­sang 1987 mit Elektronik gearbeitet, die nicht gut gealtert ist. Das Staatsorch­ester lässt die 80er-Elektronik weg, schon klingt die Musik so zeitlos wie meist bei Barry.

Mit „Skyfall“endet der Abend. Aber das Publikum erklatscht sich mehrere Zugaben; zuletzt singt die gefeierte Carewe ihr liebstes BondStück „Diamonds are forever“: die trotz allen Bond-Glamours todtraurig­e (und textlich erotisch aufgeladen­e) Ballade einer Verlassene­n, die sich fortan mit Edelsteine­n tröstet, sind die doch stabiler als menschlich­e Beziehunge­n. Weil dieser knallbunte Bond-Abend rasant ausverkauf­t war, bietet das Theater einen weiteren Termin mit Orchester und Carewe an: am 17. Juni. Wobei Scherzkeks Milton ankündigt: „Da singe ich ‚Skyfall‘ dann selbst.“Das klingt nun fast so bedrohlich wie die Welterober­ungspläne eines Bond-Schurken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany