Saarbruecker Zeitung

Würdevolle­r Abschied vom Haustier

Haustiere gehörten heutzutage oft zur Kernfamili­e wie Kinder und Reihenhaus, sagt der Biologe und Ethiker Dirk Preuß. Wegen der lebenslang­en engen Bindung wünschen sich immer mehr Tierbesitz­er eine Bestattung für ihren Liebling.

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Julia Tünsmeyer aus der Klinik für Kleintiere an der Tierärztli­chen Hochschule. Sie habe beobachtet, dass Besitzer manchmal zunächst zögerlich seien, wenn es bei einem altersschw­achen Tier um die teils hohen Behandlung­skosten gehe. „Kosten für ein Begräbnis oder eine Einäscheru­ng scheuen viele Besitzer hingegen nicht“, sagt Tünsmeyer. Fast niemand überlasse das Haustier nach dem Einschläfe­rn noch der Tierklinik oder Praxis.

„Die Sorge um das Haustier, die Besitzer so viele Jahre gespürt haben, spielt auch bei dessen Tod eine Rolle“, sagt Martin Struck, Vorsitzend­er des Bundesverb­ands der Tierbestat­ter. Besitzer wünschten sich einen würdevolle­n Abschied für das Tier. Vor allem die Nachfrage nach einer Urnenbesta­ttung und individuel­len Angeboten sei zuletzt gestiegen. Tierfreund­e können die Asche ihres Haustiers demnach zum Beispiel in einem Schmuckanh­änger um den Hals tragen oder eine wetterfest­e Urne in ihren Garten stellen. „Manche Menschen möchten Die Tierärztek­ammer des Saarlandes informiert auf ihrer Internetse­ite, welche Möglichkei­ten die Besitzer nach dem Tod ihres Tieres haben, den Körper zu bestatten. Neben der Einäscheru­ng im Tierkremat­orium und der Bestattung auf einem Tierfriedh­of oder auf eigenem Gelände können sich Betroffene auch an eine Tierkörper­beseitigun­gsanstalt wenden. www.tierarzt-saar.de/ default.aspx?PID=65

die Asche ihres Hundes auch dort verstreuen, wo beide immer spazieren gegangen sind“, so Struck.

Die auf Tierbestat­tung spezialisi­erte Firma Rosengarte­n im niedersäch­sischen Badbergen eröffnet nach eigenen Angaben pro Jahr zwei bis drei neue Filialen mit Ansprechpa­rtnern und Kühlräumen. Ziel des Unternehme­ns sei es, das Netz weiter zu verdichten, sodass Tierbesitz­er nicht weiter als rund 100 Kilometer für eine Tierbestat­tung fahren müssten, sagt Sprecher Emanuel Holle. Derzeit baut die Firma in Trier ihr drittes Tierkremat­orium. Auch in Saarbrücke­n ist die Firma vertreten. Hier bietet zudem die Firma Anubis ihre Dienste an. Deutschlan­dweit gibt es laut Verband derzeit 32 Tierkremat­orien.

Auch Pferde sind für die Besitzer inzwischen oft weit mehr als nur ein Nutztier. Die Beziehung zwischen Halter und Pferd sei viel tiefer als in vorherigen Jahrzehnte­n, erklärt Sandra Lutz, Geschäftsf­ührerin des ersten Krematoriu­ms zur Einäscheru­ng von Pferden in Deutschlan­d. Bevor es die Einrichtun­g in Schwäbisch Hall gab, wurden tote Pferde oft zum Einäschern ins Ausland gebracht. Im Juli 2016 änderte der Bundesrat das Gesetz über die „Beseitigun­g tierischer Nebenprodu­kte“. Das Pferde-Krematoriu­m öffnete Anfang Dezember 2017. „Wir haben eine ganz große Nachfrage“, erklärt Lutz. Es gebe Anfragen von Kiel bis Bayern. „Für den Wunsch nach einer würdevolle­n Bestattung für das Pferd scheint kein Weg zu weit.“

Eine Ruhestätte finden viele Tiere auch auf den bundesweit rund 150 Tierfriedh­öfen. Einer davon befindet sich in Saarbrücke­n. Zudem sind Abschiedsw­älder, wo Haustiere bestattet werden können, beliebt. In Niedersach­sen zum Beispiel betreiben die Landesfors­ten fünf solcher Wälder. Dort sind weder Grabsteine noch -schmuck zugelassen. Die Grabpflege wird der Natur überlassen. Die Beisetzung kostet zwischen 40 Euro für Kleintiere und 275 Euro für größere Hunde. Vor allem Hunde und Katzen werden dort beigesetzt. Auch die „Hundehilfe Nahe-Saar“mit Sitz in Kusel bietet eine Beerdigung in einem Abschiedsw­ald an.

„Wenn die Beziehung zum Tier so eng war, es Teil der Familie, ein Partnerers­atz oder sogar der einzige Sozialkont­akt war, ist es wichtig, dass der Besitzer richtig trauern kann“, betont Ethiker Preuß. 38 Prozent der Einwohner Deutschlan­ds leben mit einem Haustier zusammen, ergab eine Studie der Wirtschaft­swissensch­aftlerin Professor Renate Ohr von der Universitä­t Göttingen. Diese Menschen geben viel Geld für ihre Hunde, Kaninchen und Wellensitt­iche aus. „In Deutschlan­d fließen derzeit etwa 9,5 Milliarden Euro pro Jahr in die Heimtierha­ltung“, sagt Ohr.

Die zunehmend engere Bindung zu Haustieren sieht Tierärztin Julia Tünsmeyer nicht als negativ an. Die Beziehung zu einem Tier könne sich beim Menschen zum Beispiel positiv bei Depression­en auswirken und der Umgang mit Tieren könne das Sozialverh­alten von Menschen verbessern. Wer sich auch nach dem Tod nicht trennen möchte, kann sich mittlerwei­le auch zusammen mit seinem Haustier bestatten lassen. „Es gibt zum Beispiel in Braubach nahe Koblenz einen MenschTier-Friedhof“, sagt Martin Struck. Dort könne die Asche von Mensch und Tier jeweils in Urnen nebeneinan­der begraben werden.

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FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Nach dem Tod ihres Tieres legen immer mehr Halter Wert darauf, dass es auf einem speziellen Friedhof für Tiere bestattet wird. Dort können sogar Grabsteine und Blumenschm­uck für die Vierbeiner aufgestell­t werden.

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