Ein Schwergewicht auf Wachstumskurs
DerOnline-VersandhändlerAmazon bautseine ohnehin dominante Marktposition in Deutschland weiteraus.
SAARBRÜCKEN Parkplatzsuche, volle Einkaufszentren und Schlangen an den Kassen. Außerhalb der eigenen vier Wände einzukaufen, ist für viele Bundesbürger ein ungeliebter Zeitvertreib. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen in Deutschland im Internet bestellen. Wie der Bundesverband ECommerce und Versandhandel ermittelt hat, stiegen die Umsätze der Online-Händler im ersten Quartal 2018 hierzulande auf rund 14,6 Milliarden Euro. Das entspreche einem Plus von 10,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Insgesamt besitze der der Internet-Handel bereits einen Anteil von über zehn Prozent am gesamten Einzelhandelsumsatz, so der Handelsverband Deutschland.
Doch der Trend geht nicht nur weg vom Einzelund hin zum Online-Handel. Auch unter den Internet-Händlern selbst baut ein Schwergewicht seine dominante Position seit Jahren aus – und verdrängt die anderen Anbieter Schritt für Schritt vom Markt. Die Rede ist von Amazon, dem 1994 als Online-Buchhandel gegründeten Unternehmen, das mittlerweile eine beinah unüberschaubare Zahl von Produkten und Dienstleistungen anbietet.
Mit diesen hat der Konzern im Jahr 2017 nach eigenen Angaben weltweit rund 144 Milliarden Euro umgesetzt. Davon stammten allein 26,4 Milliarden aus Deutschland, wie das Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) ermittelt hat. Damit habe Amazon einen Anteil von 46 Prozent am deutschen Online-Handel, so das Marktforschungsunternehmen. Die restlichen 54 Prozent teilten sich sämtliche anderen Anbieter, otto.de etwa komme auf 3,5 Prozent, zalando.de auf 1,5 Prozent Marktanteil in Deutschland.
„Neben einer stetigen Ausweitung seines Handelsportfolios stößt Amazon immer weiter in neue Geschäftsfelder vor“, sagt Eva Stüber, Mitglied der Geschäftsführung des IFH. „Ein Ende des Expansionsgedankens ist nicht in Sicht.“Seine Vormachtstellung baue der Konzern auch dadurch aus, dass er seine Technologien und Dienstleistungen anderen Unternehmen zur Verfügung stelle, so Stüber.
Ein Beispiel ist Alexa, der digitale Sprachassistent des Konzerns, der auf gesprochene Befehle seiner Nutzer antwortet und beispielsweise in der hauseigenen Lautsprecherbox Echo verbaut ist. Fast drei Viertel der führenden Unterhaltungselektronikund 40 Prozent der Autohersteller integrierten Alexa entweder direkt in ihre Produkte oder diese seien zumindest kompatibel, erklärt Eva Stüber. Mit solchen Methoden würden Kunden langfristig an die Erzeugnisse des Konzerns gebunden, so das IFH.
Aber selbst Kunden, die nicht direkt bei Amazon kauften, ließen sich oftmals in ihrer Kaufentscheidung von dem Online-Warenhaus beeinflussen, sagt Stüber. „Nur ein Viertel der Online-Umsätze ist noch unabhängig von Amazon“, so ihre Einschätzung. Denn viele Menschen informierten sich vorher auf Amazon über Preise oder prüften die dortigen Kundenbewertungen, bevor sie das Produkt auf anderen Seiten bestellten. „Dadurch wird der Grundstock für die Kaufentscheidung gelegt“, sagt Stüber. Das spiegele sich auch im Bekanntheitsgrad des Unternehmens. 99,9 Prozent der Bundesbürger sei der Name Amazon ein Begriff, andere Online-Händler kämen auf maximal 75 Prozent, berichtet Stüber.
Auch auf dem Versandmarkt für Lebensmittel legt Amazon kräftig zu. Wie die Wirtschaftszeitung Handelsblatt berichtet, hat das Unternehmen allein im ersten Quartal 2018 Lebensmittel im Wert von 65 Millionen Euro verkauft. Das sei ein Drittel mehr im Vergleich zum Vorjahresquartal.
Einmal gewonnene Kunden bleiben Amazon offenbar selbst dann treu, wenn das Gewünschte gerade nicht verfügbar ist. „Amazon-Kunden haben eine geringe Wechselbereitschaft“, sagt Eva Stüber. 42 Prozent der Nutzer warteten dann lieber, bis das Produkt wieder verfügbar sei, bei anderen Händlern seien es maximal 28 Prozent, so die Mitarbeiterin des IFH.