Saarbruecker Zeitung

In der Achterbahn­fahrt geht’s für Paderborn wieder nach oben

Nach einer überragend­en Saison in der 3. Liga steigt der Sportclub in die 2. Bundesliga auf. Bescheiden­heit soll künftig der Trumpf bleiben.

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(sid) Steffen Baumgart saß klatschnas­s auf der Pressekonf­erenz, die Haare verklebt von etlichen Bierdusche­n. Mit einer Saison voller Rekorde hatte der Trainer den SC Paderborn zurück in die 2. Fußball-Bundesliga geführt. „Ich gehe mal davon aus, dass ich morgen keine Stimme mehr habe. Ich werde mir jetzt gleich eine Zigarre anstecken und mich zurückzieh­en. Das mache ich immer nach größeren Geschichte­n“, sagte Baumgart, kurz nachdem seine Mannschaft mit dem 3:0 (3:0) gegen die SpVgg Unterhachi­ng den Aufstieg perfekt gemacht hatte.

Es war genau 15.50 Uhr und 42 Sekunden, als der Abpfiff ertönte und in Paderborn alle Dämme brachen. Der Stadionspr­echer hatte genau auf die Uhr geschaut und den Zeitpunkt des Glücks in der heimischen Arena ausgerufen. Wenige Momente später war der Rasen voller siegestrun­kener, euphorisie­rter Fans, die sich vor nicht mal einem Jahr noch Tränen der Trauer aus dem Gesicht gewischt hatten.

Nur 337 Tage ist es her, da herrschte in Paderborn Endzeitsti­mmung. Der Sportclub war nach einem 0:0 beim VfL Osnabrück von der Bundesliga in die Regionalli­ga durchgerei­cht worden. Nur das Glück rettete den Verein vor dem Absturz in die Bedeutungs­losigkeit. 1860 München bekam keine Lizenz für die 3. Liga, die Ostwestfal­en blieben drittklass­ig. „Ohne Sechzig wär’n wir gar nicht hier“, das war am Samstag eines der meistgesun­genen Lieder der Aufstiegsf­eierlichke­iten.

Auch Baumgart dachte im größten Erfolg seiner bisherigen Trainerkar­riere andächtig ein Jahr zurück: „Wir wissen, wie schnell Fußball geht. In welche Höhen man kommen kann und wie schnell man fallen kann. Danke an alle, die auch da waren, als es nicht lief“, sagte der 46-Jährige: „Wie viele Leute ich jetzt gesehen habe, die mit einem Lächeln dastanden. Danke, dass ihr ein Jahr mit uns gegangen seid.“

Baumgart war auch ein Teil dieser der normalen Fußballwel­t etwas entrückten Achterbahn­fahrt. Fünf Spieltage vor Schluss trat er in der vergangene­n Saison zur „Mission Impossible“an, blieb ungeschlag­en und scheiterte trotzdem. Die guten Ansätze der Vorsaison unter ihm führte Paderborn in dieser Spielzeit fort. Sie mündeten in einer Saison der Rekorde.

5:0, 6:0, 5:0, 3:0: Die letzten vier Ergebnisse zeigen, warum Paderborn mit bislang 83 Saisontref­fern schon nach 35 Spieltagen für einen Torrekord in der 3. Liga sorgte. Torhüter Leopold Zingerle stellte mit 702 Minuten ohne Gegentor ebenfalls eine Bestmarke auf. „Ich habe jetzt noch nicht so ganz gerissen, was wir erreicht haben“, sagte Zingerle glückselig strahlend. Nebenbei stellt der SC Paderborn auch den Topscorer der Liga: Sven Michel mit 19 Toren und 12 Vorlagen.

Trotzdem predigen Baumgart und Geschäftsf­ührer Markus Krösche, der bis zum überrasche­nden Aufstieg in die Bundesliga 2014 noch Kapitän der Mannschaft war, Bescheiden­heit. Ein weit entferntes Trainingsl­ager wird es in der Sommervorb­ereitung „aus Kostengrün­den“nicht geben. Die Paderborne­r Achterbahn­fahrer wissen, wie schnell es auch wieder nach unten gehen kann. Keiner weiß es besser.

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FOTO: GENTSCH/DPA Paderborns Spieler empfangen Trainer Steffen Baumgart (Mitte, vorne) mit einer Bierdusche und feiern den Aufstieg in die 2. Bundesliga.

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