Gashi sorgt für einen handfesten Skandal
Der frühere Saarlandmeister wird in seinem Titelkampf nach drei Kopfstößen disqualifiziert. Es folgt eine Massenschlägerei im Ring.
Provokationen, Kopfstöße, Jagdszenen, eine Schlägerei nach dem Urteil – das klingt nach einem Hollywood-Streifen. Nach Sylvester Stallone in Rocky Balboa. Aber nicht nach der Wirklichkeit. Wer allerdings den Schwergewichts-Kampf am Samstagabend zwischen Senad Gashi (28) und Tom Schwarz (23) gesehen hat, ändert sein Meinung. In der Convention Hall des Berliner Estrel-Hotels herrschte der pure Hass – und Gashi, der in Zweibrücken aufgewachsen ist und beim BC 1921 Neunkirchen das Boxen erlernte, sorgte für einen Skandal, wie ihn das Boxen in Deutschland so wohl noch nicht gesehen hat.
Dass der auf zwölf Runden angesetzte Kampf um die WBO-Europameister und die deutsche Meisterschaft nicht über die volle Distanz gehen würde, war eigentlich klar. Gashi, der inzwischen in Marbella lebt, und Schwarz waren im Vorfeld ungeschlagen, beide mit hoher K.o.-Quote – Schwarz beendete 13 seiner 20 Kämpfe vorzeitig, Gashi alle seine 16. Der mehrfache Saarlandmeister musste als Profi noch nie länger als vier Runden im Ring stehen. Dass er folglich alles in die ersten Runden stecken würde, wussten Schwarz und sein erfahrener Trainer Dirk Dzemski.
Und dennoch wirkte Schwarz von Beginn an überrumpelt, denn Gashi – mit 1,84 Metern gleich 13 Zentimeter kleiner als sein Gegenüber – fegte wie eine Dampfwalze durch den Ring, entschied die erste Runde klar für sich und hatte Schwarz in der zweiten nahe am Knockout. Doch in genau dem Moment, als er ihn in der Ringecke festnagelte, unterlief ihm der erste folgenschwere Fehler des Abends. Schwarz stand über Gashi gebeugt, und der rauschte mit dem Kopf nach oben, gab Schwarz einen Kinnhaken per Kopf und streckte ihn so zu Boden.
Schwarz blieb kurz benommen liegen, kam aber zu sich und wollte den Kampf fortsetzen. Ringrichter Frank Michael Maaß ließ dies zu und verpasste Gashi wegen des Fouls einen Zwei-Punkte-Abzug. Das Duell wurde daraufhin offener mit leichten Vorteilen für Gashi, der sich in der vierten Runde einen weiteren Kopfstoß erlaubte. Wieder zwei Punkte Abzug. Und in Runde sechs nickte Gashi erneut in Richtung Schwarz. Diesmal wurde es Ringrichter Maaß zu bunt. Er brach den Kampf ab, disqualifizierte Gashi, der außer sich vor Wut war, weil sich Schwarz im Kampfverlauf aufgrund seiner Größe immer wieder auf ihn lehnte.
Nun brannten Gashi die Sicherungen gänzlich durch. Er ging auf Schwarz zu, stieß ihm vor die Brust, forderte ihn auf weiterzukämpfen. Und plötzlich folgen die Fäuste. Ringrichter Maaß, Betreuer aus beiden Ecken und Sicherheitspersonal stürmten in den Ring, um die kurze Massenschlägerei zu trennen. „Ich habe Senad schon öfter kämpfen sehen. Ich weiß nicht, was ihn da geritten hat“, sagte Volker Grill, Vizepräsident des Bundes Deutscher Berufsboxer. Sein Verband dürfte nicht um eine Untersuchung herumkommen. Eine Sperre ist denkbar. Gashi sagte dem MDR später: „Profiboxen ist dreckig. Kopfstöße gehören dazu.“Den Hinweis des Reporters, das sei gegen die Regeln, konterte Gashi mit den Worten: „Er hat sich 20 Mal auf mich draufgelegt. Gehört das denn zu den Regeln?“
Das Urteil erlebte Gashi nicht mehr im Ring. Er verließ die Halle direkt in Richtung Umkleidekabine. Gegner Schwarz blieb, doch nach Feiern war ihm nicht zumute – zumal nicht wenige Zuschauer nicht auf seiner Seite waren. Sein Interview nach dem Kampf wurde von einem Pfeifkonzert begleitet. So blieb ihm nur noch ein höhnischer Kommentar: „Senad hat einen großen Kampf abgeliefert“, sagte er. Und die Frage, ob Gashi unfair geboxt habe, beantwortete er mit einem langgezogenen „Nein“.