Saarland sichert Top-Spiele im Fußball mit Millionen
Das Saarland reagiert reserviert auf einen neuen Plan, den ProfiFußball an Polizeikosten zu beteiligen.
(kes/sid/ gda) Die Sicherung von Fußballspielen mit besonderer Gefahr von Fan-Ausschreitungen kostet das Saarland nach SZ-Informationen jährlich bis zu einer knappen Million Euro. Dies ergibt sich nach Angaben des Innenministeriums, wenn man die Einsatzstunden der Polizei und die dabei entstandenen Personalkosten hochrechnet. Das Ministerium reagierte gestern aber zurückhaltend auf eine neue Initiative der Länder Bremen und Rheinland-Pfalz, die eine stärkere Beteiligung des Profifußballs an den Polizei-Kosten anstrebt. Nach dem gestern vorgestellten Modell soll die Deutsche Fußball Liga (DFL) künftig jährlich eine zweistellige Millionensumme in einen Fonds einzahlen, aus dem Mehrkosten für Hochrisikospiele beglichen werden. Angesichts der hohen Einnahmen im Fußball „dürfen wir auch erwarten, dass gerade mit Blick auf vermehrte Gewaltexzesse die zunehmenden Kosten für einen verstärkten Polizeieinsatz nicht alleine beim Steuerzahler aufschlagen“, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD).
Die Fonds-Lösung bieten die beiden Länder als außergerichtliche Einigung in einem Verfahren an, das beim Bundesverwaltungsgericht liegt: Im Februar hatte das Oberverwaltungsgericht Bremen Gebührenbescheide der Hansestadt für die Sicherung der Spiele von Werder Bremen grundsätzlich für rechtens erklärt. Die DFL legte Revision ein und will zur Not bis zum Bundesverfassungsgericht gehen.
Das Saar-Innenministerium verwies gestern darauf, dass es noch keine rechtskräftige Entscheidung gebe. Bliebe es bei der Gebührenpflicht, strebe man eine „bundesweit einheitliche Haltung der Länder“an. Laut Ministerium gab es allein in der Saison 2016/2017 acht „Rotspiele“im Saarland, also Begegnungen mit hohem Risiko von Fan-Ausschreitungen. Dabei fielen 15 601 Einsatzstunden der Polizei an, sodass mit Personalkosten von 918 899 Euro kalkuliert werde. In den Spielzeiten davor waren es 677 998 und 970 790 Euro.
29. Oktober 2016: Schwere Krawalle überschatten das Saar-Derby zwischen dem FC Homburg und dem 1. FC Saarbrücken. Wieder einmal ist die Situation am Rande eines „Rot-Spiels“eskaliert. Anhänger der beiden Vereine geraten vor und nach der Regionalliga-Partie (Endstand: 3:3) aneinander. Die Bilanz: 17 Randalierer werden in Gewahrsam genommen, es gibt 25 Strafanzeigen. Auch Passanten werden in Mitleidenschaft gezogen. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot im Einsatz. Und wer bezahlt das alles? Allein der Steuerzahler. Noch.
Ausgehend vom Land Bremen gibt es Bestrebungen, die Kosten für Polizeieinsätze bei „Rot-Spielen“, das sind Partien mit besonders hohem Konfliktpotenzial, dem Veranstalter in Rechnung zu stellen. Im Bremer Fall ist das die Deutsche Fußball Liga (DFL). Der Stadtstaat hat seit 2015 mehrere Rechnungen an den Verband geschickt. Der wehrt sich dagegen und unterlag zuletzt im Februar vor dem Oberverwaltungsgericht Bremen. Nun liegt der Ball beim Bundesverwaltungsgericht, das allerdings nicht vor Frühjahr 2019 entscheiden dürfte.
Mit einem neuen Vorstoß will man den Streit nun beenden: Bremens Innensenator Ulrich Mäurer und der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (beide SPD) bringen ein Fondsmodell ins Spiel, das Abrechnungen zu einzelnen Spielen überflüssig machen soll. In den neuen Fonds solle die DFL jährlich eine zweistellige Millionensumme zahlen, betont Mäurer. Mit dem Geld solle ein Teil der Mehrkosten bezahlt werden, die bei Hochrisikospielen entstehen.
Die DFL teilt dazu mit, von dem Vorschlag bislang nur aus den Medien erfahren zu haben. „Der Ausgangspunkt des Fußballs ist und bleibt es, die Einsatzstunden der Polizistinnen und Polizisten zu reduzieren. Dies gilt von der Bundesliga bis in untere Spielklassen, die nicht im Verantwortungsbereich der DFL liegen.“
Die Vergangenheit aber zeige, dass der Einsatzbedarf trotz Fanprojekten zunehme, betont Lewentz. „Es gibt immense Erlöse aus Spielerverkäufen und Werbeeinnahmen im Fußballgeschäft. Dann dürfen wir auch erwarten, dass gerade mit Blick auf vermehrte Gewaltexzesse die zunehmenden Kosten für einen verstärkten Polizeieinsatz nicht alleine beim Steuerzahler aufschlagen.“Lewentz und Mäurer wollen das Thema bei der Innenministerkonferenz im Juni vorbringen, rechnen dort derzeit aber nicht mit einer Mehrheit für ihr Vorhaben.
Nordrhein-Westfalen lehnt eine DFL-Beteiligung an Polizeikosten ab. „Wenn wir anfangen, Rechnungen zu schreiben, fällt auch die Abgrenzung zu anderen kommerziellen Großveranstaltungen schwer“, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.
Das Saar-Innenministerium verweist
„Wenn wir anfangen,
Rechnungen zu schreiben, fällt auch die
Abgrenzung zu anderen kommerziellen Großveranstaltungen
schwer.“
Herbert Reul (CDU)
N RW-Innenminister
auf SZ-Anfrage auf die bevorstehende Innenministerkonferenz. Deren Verlauf wolle man zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgreifen.
Bremens Innensenator Mäurer will mit dem Vorstoß den Rechtsstreit mit der DFL beilegen. Verschiedene Regelungen zwischen der DFL und einzelnen Ländern und daraus resultierende endlose Rechtsstreits machten auch für die DFL keinen Sinn.
Mäurer zufolge fielen in der Saison 2016/17 in den ersten drei Ligen rund 2,2 Millionen Polizei-Arbeitsstunden an, in den ersten beiden Ligen 1,4 Millionen Stunden. Allein die Personalkosten lägen jährlich bei weit über 112 Millionen Euro. Bremen müsse bei Hochrisikospielen stets Rheinland-Pfalz, Hessen oder Bayern um Hilfe bitten.
Im Saarland belaufen sich die Kosten für „Rot-Spiele“nach Angaben des Innenministeriums auf durchschnittlich knapp 856 000 Euro – das gilt zumindest für die Jahre 2014 bis 2017. In der Saison 2014/15 kosteten die Einsätze bei acht Risikospielen gut 970 000 Euro. 2015/16 waren es sechs „Rotspiele“, bei denen Kosten von knapp 678 000 Euro entstanden. 2016/17 waren es knapp 919 000 Euro bei acht Risikopartien. Insgesamt beliefen sich die Einsatzstunden in den drei Jahren auf insgesamt 43 594, wie das Innenministerium weiter mitteilt.
Wenn die Vereine künftig tatsächlich dafür aufkommen müssen, erhofft man sich im Saar-Ministerium vor allem eines: nämlich „eine bundesweit einheitliche Haltung der Länder zu erreichen“.