Saarbruecker Zeitung

Höchststra­fe von 20 Jahren Haft für Abdeslam

In Brüssel wird der 28-Jährige wegen versuchten Polizisten­mordes verurteilt. Um die Terror-Anschläge von Paris ging es noch nicht.

- VON VERENA SCHMITT-ROSCHMANN UND ALKIMOS SARTOROS

Nach den verheerend­en Anschlägen von Paris galt er als meistgesuc­hter IS-Terrorist Europas: Salah Abdeslam ist wegen versuchten Polizisten­mordes in Belgien zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das zuständige Gericht sah es gestern als erwiesen an, dass der Franzose marokkanis­cher Abstammung im März 2016 in Brüssel vorsätzlic­h und im „terroristi­schen Kontext“auf drei Polizisten feuerte. Sein Komplize Sofien Ayari erhielt die gleiche Strafe. Beide können noch Berufung einlegen.

Der 28-jährige Abdeslam soll zu einer Zelle der Organisati­on Islamische­r Staat gehören, die die blutigen Anschläge in Frankreich im November 2015 und in Brüssel im März 2016 verübte. In Paris töteten IS-Extremiste­n bei Selbstmord­attentaten 130 Menschen, unter anderem in der Konzerthal­le „Bataclan“und am Stade de France während des Fußball-Länderspie­ls Frankreich gegen Deutschlan­d. In Brüssel töteten Attentäter in der Metro und am Flughafen 32 Menschen.

In Paris soll Abdeslam einen Sprengstof­fgürtel gehabt, ihn aber nicht gezündet haben. Nach den Anschlägen soll er nach Belgien geflohen und untergetau­cht sein. Der Prozess in Brüssel stand mit diesen Ereignisse­n nur indirekt im Zusammenha­ng. Als Abdeslam am 15. März 2016 bei einer Razzia in der Brüsseler Gemeinde Forest mit zwei Komplizen aufgespürt wurde, schossen sie dem Gericht zufolge auf Polizisten und verletzten drei Beamte. „Sie waren auf einen Zusammenst­oß mit der Polizei vorbereite­t“, sagte die Richterin.

Abdeslam entkam bei der Schießerei zunächst, wurde aber wenige Tage später in der Brüsseler Gemeinde Molenbeek gefasst. Das setzte die Terrorzell­e damals möglicherw­eise so unter Druck, dass sie kurz darauf überhastet in Brüssel zuschlug.

Die Richterin schilderte den Fall und die Indizien noch einmal ausführlic­h. Sie kam danach zu dem Schluss, dass es sich bei der Schießerei um einen terroristi­schen Angriff gehandelt habe. Sie folgte damit weitgehend der Staatsanwa­ltschaft, die die Höchststra­fe von 20 Jahren gefordert hatte. Die Verurteilt­en müssen zudem eine Geldstrafe zahlen. Die Argumente der Verteidigu­ng, die wegen Verfahrens­fehlern auf Straffreih­eit plädiert hatte, wies das Gericht zurück.

Abdeslam, dessen Anwalt nun mit ihm über eine Berufung beraten will, bleibt auch nach dem Brüsseler Urteil in Frankreich in Untersuchu­ngshaft. Die umfangreic­hen Ermittlung­en zu den Pariser Terroransc­hlägen – und damit der nächste Prozess – werden voraussich­tlich noch bis 2019 dauern. Zum Prozess in Brüssel war Abdeslam lediglich zum Auftakt erschienen und hatte verkündet, sich „durch Schweigen zu verteidige­n“. Auch in seiner Untersuchu­ngshaft verweigert­e er bislang weitgehend die Aussage. Wo er seine Strafe beziehungs­weise möglichen Strafen letzten Endes absitzen wird, muss nun nach Angaben des Gerichts noch zwischen Frankreich und Belgien geklärt werden.

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soll an den Anschlägen von Paris und Brüssel beteiligt gewesen sein.
FOTO: UNCREDITED/BELGIAN FEDERAL POLICE/AP/DPA Salah Abdeslam soll an den Anschlägen von Paris und Brüssel beteiligt gewesen sein.

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