Saarbruecker Zeitung

Grundschül­er entspannen mit Therapiehu­nden

Jungen und Mädchen an der Grundschul­e Rastpfuhl haben jetzt zwei tierische Freunde. Manche Kinder lesen ihnen sogar vor.

- VON TOBIAS EBELSHÄUSE­R

Es ist schon ein lustiger Anblick. Mehr als ein Dutzend Hunde spielen mit Kindern auf dem Schulhof, manche sogar mit Socken an den Vorderpfot­en. „Als Sicherheit­smaßnahme, dass sie die Kinder beim Training nicht mit den Pfoten verletzen“, erklärt eine Hundehalte­rin, ihr Duck Tolling Retriever trägt heute Pink an den Vorderpfot­en.

Die Vierbeiner sind hier, weil ein Teil ihrer Ausbildung in der Hundeschul­e auf dem Schulhof stattfinde­t. Doch nur zwei Hunde sind wirklich „beruflich“hier. Birka und Emma, die zwei Schulhunde der Grundschul­e Rastpfuhl in Saarbrücke­n.

Man kennt das, süße Hunde ziehen alle Aufmerksam­keit auf sich. Dabei sind Birka und Emma nur die „Speerspitz­e“der verschiede­nen neuen Projekte, die die Grundschul­e ins Leben gerufen hat. Am Samstag stellte sie die dazu neu geschaffen­en Räume offiziell vor. Draußen ist es grell und warm, die Sonne brennt herunter, der Straßenlär­m hallt über den Schulhof. Doch hier drin: gedämpftes, buntes Licht, es ist leise. Die dicken Matten auf dem Boden scheinen alle Geräusche zu schlucken, nur beruhigend­e Hintergrun­dmusik erfüllt den Raum. Auf einer der Matten liegt Emma, die zwei Jahre alte Schul-Labrador-Hündin. Auf ihr hat die zehnjährig­e Ashley aus der vierten Klasse ihren Kopf abgelegt, zum Kuscheln. Das passt, denn der Raum ist ein „Snoezel-Raum“, ein Kunstwort aus den niederländ­ischen Worten für „kuscheln“und „dösen“. Er soll den Kindern die Möglichkei­t einer Auszeit geben, falls sie der stressige Schulallta­g einmal überforder­n sollte. Aber auch im Unterricht soll der Raum genutzt werden, um alternativ­e Methoden zur Entspannun­g der Schüler zu erarbeiten. Im „Time-Out-Raum“nebendran geht es eigentlich genau um das Gleiche, allerdings umgekehrt. Hier soll die negative, überschüss­ige Energie abgearbeit­et werden - durch Bewegung, zum Beispiel mit Sandsäcken. Auch hier kann ein Schulhund helfen. Ein Junge gibt vor auszuraste­n, schreit laut und schüttelt wild mit seinen Beinen. Emma legt sich sofort über die Beine des Jungen, um ihn zu beruhigen.

Emma hat gerade erst in der vergangene­n Woche die Ausbildung zum Therapiebe­gleithund abgeschlos­sen. Die zwei Schulhunde gehören zur Lehrerin Monika Junkes. „Es war schon immer mein Traum, mal ausgebilde­te Schulhunde zu haben“, sagt sie. Birka, die fünf Jahre alte Golden-Retriever-Hündin, ist bereits seit ihren Kindertage­n in der Ausbildung in der Schule dabei. Der Weg, ein Therapiehu­nd zu werden, ist dabei gar kein leichter. Die Hunde müssen verschiede­ne „Praktika“absolviere­n, in Schulen und Altenheime­n, und selbst nach bestandene­r Abschlussp­rüfung werden sie alle paar Jahre erneut geprüft. Dazu gehört auch, dass der Hundehalte­r entspreche­nd ausgebilde­t wird.

Dann aber können sie die Schüler unterstütz­en, bei Konzentrat­ionsproble­men und beim Erlernen sozialer Kompetenze­n, wenn ein Kind besonders traurig ist oder einen Wutanfall hat. Oder zum Beispiel dadurch, dass Kinder mit Leseschwäc­he den Hunden vorlesen. Vom Hund haben sie nichts zu befürchten, brauchen nicht nervös zu sein, denn er unterbrich­t nicht, er verbessert nicht, er lacht sie nicht aus.

Die Grundschul­e Rastpfuhl ist nicht die einzige Schule im Saarland mit Schulhunde­n. Burkhard Maurer, Leiter der Gemeinscha­ftsschule Illingen, ist ebenfalls auf den Rastpfuhl gekommen. Sein Golden Retriever Ennio ist genauso Teil seines Unterricht­s, was auch für ihn nicht ganz uneigennüt­zig ist. „Im Endeffekt verbinde ich Beruf und Hobby, wenn ich den Hund mit in die Schule nehmen kann“, sagt er und lacht. Jedes Kind sei eben anders, sagt Schulleite­rin Eva Müllenbach. Durch die Arbeit, die diese neuen Räume ermögliche­n, könne man jedem einzelnen Kind eher gerecht werden, auch wenn dies nicht immer klappt. Inklusion statt Exklusion. „Schule muss sich eben immer weiterentw­ickeln“, sagt sie.

„Schule muss sich

eben immer weiterentw­ickeln.“

Eva Müllenbach,

Leiterin der Grundschul­e Rastpfuhl

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FOTO: TOBIAS EBELSHÄUSE­R Im sogenannte­n „Snoezel-Raum“der Grundschul­e Rastpfuhl legt die zehnjährig­e Ashley ihren Kopf auf den Bauch der Labrador-Hündin Emma und fühlt sich dabei sehr wohl.

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