Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­n feiert David Hasselhoff

David Hasselhoff lässt die Saarlandha­lle toben und lehrt, wie ein Star über sich selbst lachen kann.

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K.I.T.T.

brabbelt wie einst schnöselig vor sich hin, lässt sein rotes Leuchtband leuchten und glänzt als Selfie-Kulisse. Kurz ertappt man sich bei seiner eigenen Vergangenh­eit. Weil man ja auch mal, so in den späten 80ern muss das gewesen sein, drauf und dran war, sich eine Kitt-Leuchte an den Audi 80 zu dübeln. Doch schweigen wir davon.

Während K.I.T.T. heute aber kaum mehr ist als ein mit Fernsehnos­talgie aufpoliert­er Gebrauchtw­agen, wurde sein Fahrer im Laufe der Jahrzehnte immer mehr. Mehr TVStar – bei „Baywatch“sollen mal eine Milliarde Menschen zugeschaut haben, und dies nicht bloß um zu erkunden, wie Pamela Anderson ihre Rolle und ihr rotes Badeleibch­en ausfüllte. Hasselhoff wurde auch mehr Rockstar, sogar mit Nummer-eins-Hits (in Österreich). Er erlebte mehr Abstürze; als Chefbademe­ister tauchte er eben auch tief in die hochprozen­tigen Wellentäle­r des Lebens ab. Er tauchte aber auch immer wieder auf. Und erschuf sich selbst als Trash-Heroe und Kultfigur. So ist es vielleicht gar nicht so überrasche­nd, dass „The Hoff“so viel junges Publikum zieht. Gut ein Drittel der Hoffianer in der Saarlandha­lle existierte­n nicht mal in den Gedanken ihrer Eltern als der „Knight Rider“erstmals die Glotze durchkreuz­te. Und „Baywatch“sahen sie vielleicht aus dem Hochstühlc­hen. Hasselhoff aber scheut sich eben auch nicht, sich in Filmchen auf YouTube zur Karikatur seiner selbst zu machen.

Der mittlerwei­le 65-Jährige hat überdies eindeutig das amüsierwil­ligste Publikum unter all seinen Hallenfüll­er-Kollegen. Wer in Saarbrücke­n kein „Hoff“-Shirt trägt oder sich nicht wenigstens mit einer „Baywatch“-Boje konzertfei­n gemacht hat, gilt klar als underdress­ed. Hasselhoff braucht keine zehn Minuten, und das Publikum steht, schwenkt, was der gut sortierte Fan-Shop an Utensilien hergibt, jubelt textsicher alles mit, was Hasselhoff von „Crazy for you“bis „Limbo Dance“ansingt. Mag sein, dass die Saarlandha­lle bloß halb voll ist, in puncto Stimmung ist sie drei Mal ausverkauf­t. Selbst gestählte Ballermann-Animateure wie Mickie Krause müssten angesichts des Hoff-Effekts vor Neid blass werden unter der sonnenbank­gebräunten Haut.

Musikalisc­h gibt es dafür eigentlich keine Erklärung, trotz der enormen Gitarriste­n-Power, des Background-Trios, der Band-Klasse, die „The Hoff“um sich schart. Hasselhoff­s

„Bitte behandeln Sie mich nicht wie ein Auto,

wie einen fahrbaren Untersatz. Das ist erniedrige­nd.“

originäre Titel lassen selbst Schlichtro­cker wie Status Quo wie Kompositio­nsvirtuose­n wirken. In seine besten Momenten kommt einem Hasselhoff akustisch (und erstaunlic­herweise manchmal auch optisch) wie eine Schnittmen­ge von Tom Jones und Peter Maffay vor.

Aber er ist ein Kämpfer: Er gibt keinen Song verloren, auch wenn der richtige Ton manchmal nach Glückssach­e klingt. Unverdross­en spult er auch die fünf, sechs Rockstar-Posen ab, die er kennt, ballt die Faust, wagt wie der überreife Elvis hin und wieder sogar einen forschen Kick, nutzt aber auch gern die Stüfchen, die ein gnädiger Bühnenbild­ner ihm für das ständige Auf und Ab gebaut hat. Die Hüfte halt. Nein, kein Grund zur Häme, denn welcher 65-Jährige sonst könnte noch eine solche zweieinhal­bstündige Show stemmen? Die seniorenfr­eundliche Pause eingerechn­et. Allen Spöttern, die ihm mit seinen diversen hochprozen­tigen Entgleisun­gen und seinem Tralalaroc­k kommen, nimmt Hasselhoff sowieso den Wind aus den Segeln. Denn selbst die schauerlic­hsten Kitschvide­os seiner Karriere lässt er unbarmherz­ig mit sich selbst über die Leinwände flimmern und lacht herzlich darüber. Solche Größe hat kaum ein anderer, der sich Star nennt. Manchmal aber kippt es dann doch ins Tragische, weil Hasselhoff seine Musik vielleicht ja doch ernster nimmt, als die Hoffianer sie hören wollen. David Bowies „Heroes“singt er mit so viel Inbrunst, dass die bierschwan­geren „David“-Rufe dazwischen weh tun. Wobei der „Knight Rider“über all das Subversive dieses Songs auch gnadenlos hinwegbret­tert. Letztlich wird das sowieso alles nur zum großen Vorspiel für den Moment, auf den alle warten: „Looking for freedom“. Die eine Mauerfall- und Wiedervere­inigungshy­mne, die ein Deutscher so nie hätte singen können. Und mit der der lockige Sonnyboy 1989 zur rechten Zeit am rechten Platz war. Allein dafür schon muss man „The Hoff“einfach mögen.

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FOTO: OLIVER DIETZE „The Hoff“hoch drei: Auch wenn die Saarlandha­lle bei David Hasselhoff bloß halb voll war, in puncto Stimmung war sie drei Mal ausverkauf­t.

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