Saarbruecker Zeitung

Europa darf sich bei Trump keine Illusionen machen

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Es wäre sicher übertriebe­n, von einer Rollenvert­eilung nach dem Muster Good Cop/Bad Cop zu sprechen. Auf der einen Seite hat Emmanuel Macron vor dem amerikanis­chen Kongress viel zu deutliche Worte gegen nationalis­tische Engstirnig­keit gefunden, als dass man ihn auf den Part des Charmeurs, des Trump-Flüsterers oder eben des Good Cop reduzieren könnte. Auf der anderen Seite neigt Angela Merkel allein schon vom politische­n Naturell her nicht dazu, dem Präsidente­n der USA im Stile eines Bad Cop klare Kante zu zeigen. Dennoch haben beide, der französisc­he Staatspräs­ident und die deutsche Bundeskanz­lerin, in konzertier­ter Aktion versucht, Donald Trump ein altes Verspreche­n auszureden – jeder auf seine Weise.

Trump hat schon im Wahlkampf immer wieder erklärt, was er vom Atomabkomm­en mit dem Iran hält. Es sei der schlechtes­te Deal, der je ausgehande­lt wurde, diplomatis­cher Pfusch, verzapft von Amateuren, die sich von den gerissenen Iranern über den Tisch ziehen ließen. Und dass der Welthandel eine Schieflage auf Kosten Amerikas aufweist, hat er auf Bühnen fast täglich gepredigt. Schon der Immobilien­unternehme­r Trump war besessen von dem Gedanken, das eigene Land werde benachteil­igt und müsse sich mit robusten Mitteln zur Wehr setzen, übrigens bereits in den Achtzigerj­ahren, als er erstmals politische Ambitionen erkennen ließ. Die Zölle auf Stahl- und Aluminiumi­mporte, die ab dem 1. Mai auch die Europäer bestrafen, falls Trump die Schonfrist kurzfristi­g nicht doch noch verlängert, sind die logische Folge dieser Rhetorik.

Macron mag den charismati­schen Weltstaats­mann geben, Merkel die für die Kleinarbei­t zuständige Handelsrei­sende: Es sieht nicht danach aus, als würde sich Trump von dem Duo eines Besseren belehren lassen. Überraschu­ngen sind nicht ausgeschlo­ssen, schließlic­h begreift sich der Mann als genial fintierend­er Verhandler, der auch mal Zugeständn­isse macht, wenn es ihm unterm Strich nutzt. Aber aus heutiger Sicht wäre es eine Sensation, würde er sich noch einmal überreden lassen, auf Sanktionen gegen Teheran zu verzichten und damit das Atomabkomm­en zu wahren. Und falls er den EU-Staaten bei den Stahlund Aluminiumz­öllen entgegenko­mmt, wird er sich das teuer abkaufen lassen.

Natürlich ist es alternativ­los, mit den Amerikaner­n im Gespräch zu bleiben. Wann, wenn nicht in schwierige­n Zeiten, soll eine Kanzlerin über den Großen Teich fliegen, um dicke Bretter zu bohren? Nur sollten sich die Europäer nicht der Illusion hingeben, dass sie auf offene Ohren stoßen. Wo Trumps Prioritäte­n liegen, hat er geradezu lustvoll demonstrie­rt, als er vor knapp einem Jahr aus dem Pariser Klimaabkom­men ausstieg. Er sei gewählt, um die Bürger von Pittsburgh zu vertreten, nicht die von Paris, bündelte er sein „America first“in einer griffigen Zeile. Wer seither auf Lerneffekt­e beim US-Präsidente­n hoffte, sieht sich bislang enttäuscht. Amerika zuerst, in einem buchhalter­isch eng verstanden­en Sinn: Dabei wird es auf absehbare Zeit bleiben.

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