Saarbruecker Zeitung

Saar-Politik gab diesmal ein schwaches Bild ab

Auf der wichtigen Hannoverme­sse wurden viele Chancen verpasst.

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HANNOVER/SAARBRÜCKE­N Als mit dem Ende des Bergbaus die damalige Landesregi­erung beschloss, künftig auf Informatio­nstechnolo­gie zur Sicherung des Wohlstands zu setzen, klang das noch recht gewagt. Heute kann man vielerorts erkennen, dass dieser Entschluss richtig war. Dafür stehen mittlerwei­le eine hohe Forschungs­und Entwicklun­gskompeten­z an den Hochschule­n, erfolgreic­he Institute sowie Leuchttürm­e wie das Deutsche Forschungs­zentrum für Künstliche Intelligen­z, die Unternehme­nsgruppe des Informatik-Professors August Wilhelm Scheer oder das in Gründung befindlich­e Helmholtz-Zentrum für Cyber-Sicherheit.

Die neuen Technologi­en haben längst auch Einzug gehalten in Industrieb­etriebe wie Ford, Bosch oder ZF. Dort werden mehr und mehr Abläufe in der Produktion automatisi­ert. Das senkt Kosten, während die Mitarbeite­r höherwerti­ge Aufgaben übernehmen. Unsere Region spielt im IT-Bereich in der ersten Liga, was auch diese Woche auf der Hannoverme­sse Industrie an vielen Beispielen und vorgestell­ten Projekten zu sehen war. Die Saar-Experten sind geschätzte Gesprächsp­artner.

Umso schlimmer, dass bei der Außendarst­ellung des Saarlandes auf der Messe diesmal der Wurm drin war. Das lag nicht am Forschungs­stand, der gut besucht war und sich im Umfeld von Konkurrent­en wie Bayern und Nordrhein-Westfalen überzeugen­d behauptet hat. Was unverständ­lich und unverantwo­rtlich ist, war das vollständi­ge Fehlen saarländis­cher Spitzenpol­itiker. Kein Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU), der den rund 30 Saar-Aussteller­n aus dem Mittelstan­d durch einen Besuch und Interesse an deren Entwicklun­gen seinen Respekt erwiesen hätte. Kein Ministerpr­äsident, der die weltgrößte Industriem­esse nutzt, um für Ansiedlung­en im Land zu werben. Seinen Vorgängern im Amt ist so etwas nicht passiert.

Werbung für das Land kann man nicht nur millionent­euren Image-Kampagnen überlassen. Standortwe­rbung muss Chefsache sein, sonst passt die Position des Saarlandes als starker Industries­tandort nicht zu seinem politische­n „Spitzenper­sonal“. Auch Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) fehlte in Hannover, ebenso Staatssekr­etär Jürgen Barke (SPD). Was doppelt peinlich ist, denn spontan und abweichend von seinem offizielle­n Besuchspro­gramm schaute sogar Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) aus Verbundenh­eit kurz bei „seinen Saarländer­n“am Forschungs­stand vorbei. Keiner aus der Landesregi­erung konnte ihn empfangen. Auch ein Gemeinscha­ftsstand des Landes, an dem sich Junguntern­ehmer vorstellen können, fehlte wieder. Bei der Cebit findet man ihn dagegen.

Viel Murks also, der schnell aufgearbei­tet werden muss. Was sich auch aus einem anderen Grund lohnt, der wiederum positiv ist. So haben auf der Hannoverme­sse sowohl die Region Grand Est als auch der Eurodistri­ct Saarmosell­e ausdrückli­ch den Wunsch geäußert, sich im kommenden Jahr gemeinsam mit dem Saarland zu präsentier­en. Das macht schon deshalb Sinn, weil diesmal jeder mit einem eigenen Stand in völlig verschiede­nen Hallen vertreten war, der Effekt folglich geringer. Ein großer gemeinsame­r Stand würde nicht nur Kosten senken, sondern könnte gleichzeit­ig zahlreiche Unternehme­n aus allen daran beteiligte­n Regionen präsentier­en. Das könnte allen Besuchern der Messe die Leistungsf­ähigkeit der Großregion mit dem Saarland im Herzen demonstrie­ren.

Dazu kommt: Auch der Nachbar Luxemburg will mit dem Saarland enger zusammenar­beiten und bald gemeinsame Delegation­sreisen der Wirtschaft innerhalb der Großregion veranstalt­en. Damit sich Unternehme­n und Branchen grenzübers­chreitend besser kennenlern­en. Aus all dem folgt: Das Saarland hat im Jahr 2019 die Chance zu einem neuen, erheblich überzeugen­deren Auftritt in Hannover. Diese Chance sollte dringend genutzt werden.

Werbung für das Land kann man nicht nur millionent­euren Image-Kampagnen

überlassen.

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