Saarbruecker Zeitung

Tabu-Bruch für Voyeure und Exhibition­isten

Hingucker im „Jules Verne“: Mit den freizügige­n Bildern ihrer zweiten Einzelauss­tellung fordert die Künstlerin Ada Fitz: „Regarde moi!“

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Akt, dem Betrachten der Bilder, beobachtet.

Die schwarzen Laken über den Gemälden dienen im Übrigen nicht der Konservier­ung, sondern sind Teil des Konzeptes. Man kann nicht verstohlen von seinem Platz aus einen flüchtigen Blick auf die Werke riskieren. Im Gegenteil, man muss aktiv werden, aufstehen, den Vorhang beiseite schieben und sich somit selbst als Voyeur outen.

Lediglich ein einziges Gemälde bleibt unverhüllt: Ein zwei mal zwei Meter großes Porträt. Warum? „Erotik und Leidenscha­ft entstehen für mich zuerst durch die Mimik eines Menschen“, erklärt Ada Fitz. Ein Gesicht ist das, was man direkt sieht. Alles andere muss man erst auspacken, so wie die übrigen Bilder. Eines gelingt der Künstlerin mit ihren Werken besonders gut. Nämlich zu zeigen, dass Nacktheit und Schutzlosi­gkeit nicht selbstvers­tändlich sind, sondern eine gewisse Magie in sich tragen.

Auf eine gewisse Art und Weise ist nicht nur das Thema der Werke magisch, sondern auch der Ausstellun­gsort. Keine kühle, unpersönli­che Galerie, sondern eine Saarbrücke­r Institutio­n, wo man sich mittags zum Kaffee und abends zum Crémant trifft. Für das „Jules Verne“ist es die erste Ausstellun­g, doch der Erfolg macht Lust auf Mehr.

Die Idee entstand, als sich Ada Fitz und Giovanni D‘Arcangelo, der Besitzer des „Jules Verne“, über einen gemeinsame­n Freund kennenlern­ten. Wie das in Saarbrücke­n eben so läuft. Somit wird Fitz‘ Kunst also nicht in einen neutralen Raum verfrachte­t, sondern in die Stadt getragen und somit Teil des urbanen Erlebens von Kunst und Kultur. Fitz schwärmt in diesem Zusammenha­ng von einem gewissen „Pariser Flair“– durch das „Jules Verne“als Ausstellun­gsort wurde ihre Kunst greifbar und lebendig gemacht.

Lebendig war vor allem auch die Vernissage. „Der Abend hat gelebt“, erinnert sich Ada Fitz. „Das Schönste an einer Ausstellun­g ist, wenn die Leute anfangen zu diskutiere­n“, erzählt sie weiter. Und da Sexualität immer ein Thema ist, gab es auch regen Diskussion­sbedarf. Mit der Vernissage wollte Fitz vor allem auch Künstler zusammenbr­ingen und Raum für neue Inspiratio­n bieten. Mit Erfolg. Dass die Ausstellun­g und die Straßen-Perfomance­s „Bodies Landscapes“des Tanz-Ensembels „Osmosis Cie“zusammenfi­elen, war purer Zufall. Erst bei der Vernissage entstand die Idee, die Projekte zu fusioniere­n. In Zusammenar­beit mit dem Designer Fabian Schmidt und den Fotografen Lukas Pell, Benny Dutka und Marisa Winter entstand schließlic­h ein stimmiges, spontanes Gesamtpake­t. Eine lebendige Kunstszene par excellence eben.

Wer sich jetzt fragt, „Bin ich Exhibition­ist oder Voyeur?“, hat noch bis einschließ­lich Sonntag die Möglichkei­t, das herauszufi­nden.

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FOTO: ADA FITZ Blick in die Ausstellun­g „Regarde moi!“von Ada Fitz im „Jules Verne“.

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