Saarbruecker Zeitung

Kurios: Eine Dorfkirche mit sieben Altären

Die katholisch­e Pfarrkirch­e St. Willibrord in Schmelz-Limbach wurde vor 110 Jahren nach spätgotisc­hen Gestaltung­sprinzipie­n erbaut.

- VON DIETER LORIG

SCHMELZ-LIMBACH Unter größten finanziell­en, organisato­rischen und körperlich­en Anstrengun­gen bauten die Limbacher von 1906 bis 1908 eine neue Kirche. „Unser altes Kirchlein war um 1900 ziemlich marode und bot den damals 1428 Gläubigen viel zu wenig Platz“, erzählt Berthold Schneider im Gespräch mit der SZ. Der 77jährige pensionier­te Eisenbahne­r lebt seit 50 Jahren in Limbach und ist ehrenamtli­ch in verschiede­nen Funktionen für die Pfarrgemei­nde tätig. Er ist Mitgründer des Arbeitskre­ises Orts- und Pfarrgesch­ichte, der mit der Pfarrgemei­nde mehrere Publikatio­nen über die Historie der alten und neuen Kirche herausgebr­acht hat. „1898 gründete Pfarrer David Gundlach einen Kirchbauve­rein und dessen Nachfolger, Pastor Dr. Carl Firsbach, beauftragt­e 1905 den Trierer Architekte­n Ernst Brand mit der Planung eines neuen Gotteshaus­es neben der alten Kirche“, erläutert Schneider.

Lange sei im Ort über den Standort diskutiert worden. Bis es im August des Jahres 1906 zur Grundstein­legung kam, mussten Grundstück­e gekauft und getauscht werden. Die Gesamtkost­en für den Bau beliefen sich auf 121 000 D-Mark. Die Limbacher bauten nicht nur mit, sie sammelten auch Geld dafür in der gesamten Rheinprovi­nz. Obwohl der beauftragt­e Bauunterne­hmer Jakob Schreiner aus Trier Konkurs ging, der örtliche Bauleiter entlassen werden musste und ein Handwerker tödlich am Bau verunglück­te, konnte die neue Kirche schon im November 1907 eingesegne­t werden. Die Konsekrati­on durch Bischof Michael Felix Korum fand am 28. Juni 1908 statt. Innen ist die Kirche geprägt von einer dreischiff­igen Stufenhall­e in neospätgot­ischem Stil mit sechseckig­en Pfeilern. Die Sandsteinb­löcke zu ihrer Herstellun­g kamen mit der Bahn von Siersburg nach Limbach. Vom Bahnhof brachten Bauern das schwere Material mit ihren Gespannen zur Baustelle.

Das kurze Langhaus der Kirche besteht aus zwei Jochen. Daran grenzt ein niedrigere­s, ebenfalls zweijochig­es Querschiff an. Der Altarraum verfügt über einen Vorjochcho­r und dreiseitig­en Polygonsch­luss. Sakraler Blickfang im Chorraum ist der neogotisch gestaltete Hochaltar mit Kreuzigung­sgruppe. Sie dient als zwölfte Kreuzwegst­ation. Angefertig­t wurde der Altar in der Trierer Kunstschre­inerei von Johann Frank. Die Kreuzigung­sgruppe im Chorraum wird flankiert von einer Statue des Limbacher Kirchenpat­rons Willibrord und einer Figur des Bistumspat­rons Mathias. Der Zelebratio­nsaltar wurde 1980 aus VogesenSan­dstein modelliert. Aus Schmiedeei­sen bestehen Ambo, Kerzenstän­der und Sitze am Altar. In den Seitenkape­llen befinden sich weitere Altäre. „Bei den beiden vorderen Seitenaltä­ren handelt es sich um den 14-Nothelfera­ltar, der 1801 gebaut wurde, und den Hubertusal­tar aus dem 18. Jahrhunder­t“, sagt Schneider. Beide gehörten zum Inventar der alten Limbacher Kirche. Kurios für eine Dorfkirche: Insgesamt sieben Altäre gibt es in dem Limbacher Gotteshaus. „Unser Pastor könnte jeden Tag eine Messe an einem anderen Altar lesen“, sagt Küsterin Pia Hoffmann sichtlich stolz. Die 57-Jährige übt seit 18 Jahren das Amt der Küsterin mit viel Idealismus aus. Ihr Ehemann Rolf unterstütz­t sie.

Elisabeth Endres kümmert sich ehrenamtli­ch um den Blumenschm­uck der Kirche, die innen etwa 36 Meter lang und bis zu 22 Meter breit ist (Fläche: 520 Quadratmet­er). „Einschließ­lich auf der Empore finden in der Kirche etwa 500 Gläubige Platz“, sagt Küsterin Hoffmann. Die Innendecke­n sind mit einem Kreuzrippe­ngewölbe gestaltet. 1907 fertigte der Trierer Mathias Schneider die schmalen Maßwerk-Fenster mit spätgotisc­hen Formen und Bildermoti­ven.

Die ursprüngli­che Orgel baute 1927 die Straßburge­r Firma Roethinger. Der Orgelbauer Hugo Mayer aus Heusweiler baute sie 1954 um. 2010 folgten Umdisponie­rung und Erweiterun­g. Heute verfügt die Orgel über 28 Register, verteilt auf zwei Manuale und ein Pedal. An die Hallenkirc­he ist seitlich ein schlichter Turm mit aufgesetzt­em Spitzhelm angebaut (48 Meter). Seit 1953 hängen dort drei Bronzegloc­ken von der Firma Causar in Colmar. ............................................. Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücke­r Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorben­er vor. Michaela Heinze Oliver Schwambach

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FOTOS: DIETER LORIG Von der Empore in St. Willibrord blickt der Besucher auf die neogotisch­e Stufenhall­e mit Kreuzrippe­ngewölbe und den Altarraum (links). Der Bau (Mitte) ist 110 Jahre alt. Eines der Fenstermot­ive zeigt den heiligen Aloysius (rechts).
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