Saarbruecker Zeitung

Was die Politik gegen das Bienen-Sterben tun will

Spezielle Lichtquell­en und eine geringere Nutzung von Pflanzensc­hutzmittel­n sollen das Insektenst­erben stoppen.

- VON HAGEN STRAUSS

Lange Zeit wurde dem Problem kaum Bedeutung beigemesse­n. Weil Insekten für viele Menschen nur lästige Tierchen sind. Inzwischen jedoch hat das Insektenst­erben dramatisch­e Ausmaße angenommen. Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) will nun Bienen und Co mit einem Aktionspro­gramm retten, das sie gestern in die Ressortabs­timmung gegeben hat. Es liegt unserer Redaktion vor. Dazu die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Wie steht es um die Insekten in Deutschlan­d?

Fast drei Viertel aller Tierarten hierzuland­e sind Insekten. Aber: Wissenscha­ftlich belegt ist laut Programm, dass es einen extremen Rückgang sowohl bei der Gesamtzahl als auch bei der Artenvielf­alt gegeben hat. Forscher haben herausgefu­nden, dass innerhalb der letzten 27 Jahre die Insektenbi­omasse um mehr als 75 Prozent abgenommen hat. Bei dieser Messmethod­e werden Insekten regelmäßig gefangen und dann insgesamt gewogen. Besonders betroffen sind die Wildbienen. Inzwischen stehen 53 Prozent der Wildbienen­arten auf der roten Liste. Warum sind Insekten so wichtig? Sie sind die wichtigste­n Bestäuber für die heimische Pflanzenwe­lt: Rund 80 Prozent der Vegetation sind für ihre Fortpflanz­ung auf die Dienste von Bienen, Schmetterl­ingen und Co angewiesen. Ohne sie gäbe es zum Beispiel kaum Obst oder Gemüse. In dem Programm heißt es, der Verlust wirke sich damit auch unmittelba­r auf die Menschen aus. Außerdem sind Insekten Nahrungsgr­undlage für andere Tiere wie Vögel, kleine Säugetiere, Reptilien, Amphibien und Fische. Ergo: Durch das Insektenst­erben werde „die Natur insgesamt aus dem Gleichgewi­cht“gebracht, so Schulze.

Wo liegen die Ursachen des Insektenst­erbens?

Laut Aktionspro­gramm ist vor allem die übermäßige Anwendung von Pflanzensc­hutzmittel­n und anderen Pestiziden die Hauptursac­he für das Insektenst­erben. Hinzu kommt der Verlust der Strukturvi­elfalt zum Beispiel bei Blühpflanz­en.

Was plant Schulze?

Schulze will die Nutzung von Pflanzensc­hutzmittel­n in ökologisch wichtigen Arealen wie Wasserschu­tzgebieten deutlich verringern, womöglich verbieten. Außerdem soll mit einer „systematis­chen Minderungs­strategie“der Einsatz von Glyphosat deutlich eingeschrä­nkt werden, um die Anwendung so schnell wie möglich zu beenden. Das sieht auch der Koalitions­vertrag von Union und SPD vor. Sollte Schulze tatsächlic­h Verbote beabsichti­gen, droht Streit mit der Union. Welche Maßnahmen will die Ministerin noch angehen?

Stichwort „Lichtversc­hmutzung“: Schulze will auf insektenfr­eundliche Lichtquell­en umstellen lassen. Hierzu sollen Fördermögl­ichkeiten überprüft und Empfehlung­en für Länder, Kommunen, Unternehme­n und Private erarbeitet werden. Da sich zudem zahlreiche Lebensräum­e von Insekten in einem schlechten Zustand befinden, soll es spezielle Anreize geben, damit beispielsw­eise Land- und Forstwirte sich stärker für den Insektensc­hutz einsetzen. Welche, da bleibt das Aktionspro­gramm unkonkret. Alles in allem hofft Schulze „auf viele Mitstreite­r – in der Politik, aber auch in den Gärten und auf den Balkonen“.

Wie steht es ums Geld für mehr Insektensc­hutz?

In dem Aktionspro­gramm wird eingeräumt, dass „die Unterfinan­zierung des Naturschut­zes in Deutschlan­d ein Hemmnis für den Insektensc­hutz“sei. Allerdings würden EU-Mittel dabei eine zentrale Rolle spielen. Die Bundesregi­erung will sich daher „für eine Verbesseru­ng der EU-Naturschut­zfinanzier­ung einsetzen“. Außerdem will Schulze verstärkt national Modellproj­ekte zum Insektensc­hutz fördern.

 ?? FOTO: GOLLNOW/DPA ?? Damit auch in Zukunft möglichst viele Bienen auf heimischen (Löwenzahn-)Blüten sitzen, hat Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze einen Aktionspla­n gegen das Insektenst­erben vorgelegt.
FOTO: GOLLNOW/DPA Damit auch in Zukunft möglichst viele Bienen auf heimischen (Löwenzahn-)Blüten sitzen, hat Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze einen Aktionspla­n gegen das Insektenst­erben vorgelegt.
 ?? FOTO: GATEAU/DPA ?? Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze
FOTO: GATEAU/DPA Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze

Newspapers in German

Newspapers from Germany