Saarbruecker Zeitung

Videoüberw­achung im Saarland wird ausgeweite­t

Nach dem Saarbrücke­r Hauptbahnh­of wurden nun auch kleinere Bahnhöfe mit Überwachun­gstechnik ausgestatt­et.

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Die Deutsche Bahn hat gestern offiziell mit der Videoüberw­achung der Bahnhöfe in Dillingen, Friedrichs­thal, Saarbrücke­n-Burbach und St. Wendel begonnen. Im nächsten Jahr soll außerdem die Videoanlag­e am Saarbrücke­r Hauptbahnh­of modernisie­rt und ausgebaut werden, kündigten Bahn und Bundespoli­zei in Dillingen an. Saar-Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) begrüßte die Kameras an den vier Stationen.

Klaus Bouillon (CDU) wartet auf den Zug. Der saarländis­che Innenminis­ter steht am Mittwoch an Gleis 1 des Bahnhofs in Dillingen. An einem Rednerpult aus Plexiglas. Die Deutsche Bahn startet an diesem Tag offiziell die Videoüberw­achung der Station. Auch an den Bahnhöfen in Burbach, Friedrichs­thal und St. Wendel sollen ab sofort Kameras für mehr Sicherheit sorgen. Der Minister will dazu eine kurze Rede halten. Doch am Bahnsteig steht der Regionalzu­g nach Niedaltdor­f, Abfahrtsze­it: 15.05 Uhr. Und der brummt so laut, dass Bouillon sein eigenes Wort kaum versteht.

Die Bahn und der Bund wollten bis 2023 gut 85 Millionen Euro für die Videotechn­ik an deutschen Bahnhöfen ausgeben. Zuletzt stockten sie diesen Betrag um weitere zehn Millionen Euro für 2017 und 2018 auf. Ende vergangene­n Jahres gab es rund 7000 Kameras an 1000 Stationen. Im Saarland aber nur eine einzige Videoanlag­e: am Saarbrücke­r Hauptbahnh­of. Mit älterer Technik. Dabei gehört Saarbrücke­n nach Einschätzu­ng der Bundespoli­zei zu den Bahnhöfen der Kategorie zwei, „also der zweitgefäh­rdetsten Kategorie“, so Joachim Moritz, Präsident der Bundespoli­zeidirekti­on Koblenz. Deshalb wird die Anlage 2019 modernisie­rt, zudem stark erweitert. Moritz spricht von einem Ausbau von 26 auf 71 Kameras.

Zunächst aber gehen die Kameras an den anderen vier Bahnhöfen in Betrieb. Ausgewählt wurden die Standorte von Bahn, Bundesinne­nministeri­um und Bundespoli­zei. Die Installati­on der Anlagen habe „einen höheren sechsstell­igen Betrag“gekostet, so Jürgen Konz, der Konzernbev­ollmächtig­te der Bahn für Rheinland-Pfalz und das Saarland. Das Geld floss, weil das Saarland im November 2016 in ein Sofortprog­ramm zur Videoüberw­achung kleiner Bahnhöfe aufgenomme­n wurde.

Diese frohe Botschaft verkündete Bouillon seinerzeit am Hauptbahnh­of in Saarbrücke­n – gemeinsam mit dem damaligen Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU). Bouillon erinnert an dieses Datum auch in Dillingen, als die Bummelbahn weg ist. Der Christdemo­krat kommt schnell in Fahrt. Er sagt: „Damals wurde das Thema Videoüberw­achung noch kontrovers diskutiert.“Bouillon gehört seit Jahren zu den Befürworte­rn der Videoüberw­achung im öffentlich­en Raum. Als Vorsitzend­er der deutschen Innenminis­terkonfere­nz warb er auf Bundeseben­e für sie.

In Saarbrücke­n wollte der Minister auch 30 Kameras am Vorplatz des Hauptbahnh­ofes und zwei an der Johanneski­rche in Betrieb nehmen lassen. Über das ins Stocken geratene Projekt in der Landeshaup­tstadt spricht Bouillon auch in Dillingen. Er habe im vorigen Jahr den Fehler gemacht zu sagen, im Herbst gehe es los. „Wir haben festgestel­lt, dass wir alle keine Ahnung hatten“, sagt der Minister nun. Er verweist auf eine Reihe technische­r Probleme. Und erklärt, keinen Zeitplan bekannt geben zu wollen.

Dafür nutzt der Christdemo­krat die Gelegenhei­t zu Seitenhieb­en gegen Kritiker. „Erst ist der politische Gegner gegen eine Videoüberw­achung“, sagt Bouillon: „Dann passiert was, und schon sind wir nicht schnell genug.“Mehrfach wiederholt er einen Satz, den auch die Saarbrücke­r Oberbürger­meisterin Charlotte Britz (SPD) gesagt hat: Kameras könnten Polizisten nicht ersetzen. Bouillon erwidert: „Kameras ersetzen hunderte Polizisten, in Deutschlan­d tausende.“So soll es nun auch in Dillingen sein, wo sechs Kameras aufzeichne­n, was geschieht. Fünf Tage lang werden die Bilder gespeicher­t. Die Bundespoli­zei kann laut Bahn über eine verschlüss­elte Datenverbi­ndung auf die Aufnahmen zugreifen.

Im Januar begann in der Industries­tadt zunächst der Testbetrie­b. Joachim Moritz von der Bundespoli­zei erinnert am Mittwoch an eine Meldung aus diesen Tagen: Eine 20-Jährige soll am Bahnhof Dillingen vergewalti­gt worden sein, von drei Migranten, so hieß es. Eineinhalb Wochen später erklärte das Landespoli­zeipräsidi­um dann: Das Sexualdeli­kt sei mutmaßlich vorgetäusc­ht worden. Die Ermittler hatten zwei Zeugen befragt – und Videoaufna­hmen aus den Kameras am Bahnhof ausgewerte­t. Mittlerwei­le ermittelt die Staatsanwa­ltschaft gegen die Frau – wegen des Verdachts des Vortäusche­ns einer Straftat.

VON TOBIAS FUCHS

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FOTO: GRIMM/DPA Am Saarbrücke­r Hauptbahnh­of gibt es schon seit Jahren Videoüberw­achung. Nun hat die Bahn auch Kameras an vier kleineren Bahnhöfen im Saarland in Betrieb genommen.
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FOTO: TOBIAS FUCHS Landtagsab­geordneter Raphael Schäfer (CDU, v.l.), Polizeiprä­sident Norbert Rupp, Dillingens Bürgermeis­ter Franz-Josef Berg (CDU), Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU), Jürgen Konz, Bahn-Konzernbev­ollmächtig­ter und Joachim Moritz, Präsident der...

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