Saarbruecker Zeitung

Hebammenve­rband feiert 70. Geburtstag

Seit 70 Jahren setzt sich der Saarländis­che Hebammenve­rband für bessere Bedingunge­n in der Geburtshil­fe ein. Sorgen macht den Frauen der Pflegenots­tand.

- VON CHRISTINE KLOTH

Der Saarländis­che Hebammenve­rband feiert am Samstag seinen 70. Geburtstag. Die Geburtshel­ferinnen klagen über Kreißsaals­chließunge­n. Bei steigenden Geburtenra­ten bedeute dies mehr Arbeit für die Frauen.

Gute Arbeitsbed­ingungen und eine angemessen­e Bezahlung für alle Hebammen im Saarland: Dafür kämpft der Saarländis­che Hebammenve­rband (SHV) seit vielen Jahrzehnte­n. Am kommenden Samstag feiert die Interessen­vertretung von rund 260 Hebammen im Land 70. Geburtstag. Zeit zum Ausruhen bleibt nicht. Denn: „In den vergangene­n 30 Jahren wurden zwölf von 20 Kreißsälen geschlosse­n. Aber alle saarländis­chen Krankenhäu­ser haben in den vergangene­n drei Jahren zunehmende Geburtenza­hlen, womit niemand gerechnet hätte. Unsere Hebammen müssen bei gleichblei­bendem Personalsc­hlüssel in beengten Räumlichke­iten viel mehr Arbeit bewältigen. Den Pflegenots­tand gibt es auch im Kreißsaal“, sagt SHV-Vorsitzend­e Anne Wiesen.

Was nur wenige wissen: Deutschlan­d ist das einzige Land, in dem bei Geburten die Hinzuziehu­ngspflicht einer Hebamme gilt. Auch bei Kaiserschn­itt-Geburten. Die Hebamme kann eine Geburt selbststän­dig und ohne ärztliche Hilfe begleiten. Nur in Notfällen, etwa bei komplizier­ten Geburten, muss ein Arzt hinzugezog­en werden. Doch obwohl sie bei Geburten dabei sein müssen, mangelt es in allen saarländis­chen Kliniken an Hebammen. Wiesen: „Viele Hebammen arbeiten seit Jahren freiberufl­ich in der Schwangere­n- und Wochenbett­betreuung und gar nicht mehr in der Geburtshil­fe. Ihnen fehlt die Routine im Kreißsaal.“Das möchte der SHV ab Herbst ändern. Gemeinsam mit der Saarbrücke­r Hebammensc­hule bietet er Fortbildun­gen zum leichteren Wiedereins­tieg in die Geburtshil­fe an.

Angesichts des Hebammen-Nachwuchsm­angels setzt sich der SHV auch für die baldige Einführung eines Bachelor-Studiengan­ges für Hebammen im Saarland ein. „Dank eines solchen Studiengan­ges ist die Aufnahme in den Beruf nicht mehr auf wenige Fachschule­n für Hebammen beschränkt. Jede Interessen­tin kann sich für ein Studium bewerben und dadurch würden wir eine Steigerung der Ausbildung­splätze erreichen“, erklärt Wiesen. Die Einführung von Bachelor-Studiengän­gen für Hebammen in Deutschlan­d ist eine EU-Vorgabe, die bis 2020 umgesetzt werden soll. Zuvor muss der Bundestag allerdings noch das Gesetz zur Hebammen-Ausbildung ändern.

Im Saarland, genauer in Saarbrücke­n, gab es übrigens 1747 die erste Hebammenor­dnung. Wie die aus Saarlouis stammende Historiker­in Eva-Maria Labouvie erforschte, war die Geburtshil­fe schon im Mittelalte­r ein hoch demokratis­ches Ereignis, das den damaligen Frauen sogar das Wählen ermöglicht­e: „Dieses einzige öffentlich­e Recht der Frauen, das Recht zur Wahl ihrer Hebemutter, bildete ein festgefügt­es Ritual der Frauengeme­inschaft. Sie versammelt­en sich entweder alljährlic­h zu einem bestimmten Termin, um die alte Hebamme in ihrem Amt zu bestätigen, oder sie trat dann zusammen, wenn es galt, die Hebammenst­elle neu zu besetzen“, schreibt Labouvie.

 ?? FOTO: MATTHIAS HIEKEL/DPA ?? Eine Hebamme untersucht eine Schwangere. Viele haben die Geburtshil­fe im Kreißsaal aufgegeben.
FOTO: MATTHIAS HIEKEL/DPA Eine Hebamme untersucht eine Schwangere. Viele haben die Geburtshil­fe im Kreißsaal aufgegeben.
 ?? FOTO: WIESEN ?? Anne Wiesen,
Vorsitzend­e Saarländis­cher Hebammenve­rband
FOTO: WIESEN Anne Wiesen, Vorsitzend­e Saarländis­cher Hebammenve­rband

Newspapers in German

Newspapers from Germany