Saarbruecker Zeitung

Online-Policen: Haben Versicheru­ngsvertret­er noch eine Zukunft?

Ob Kfz- oder Haftpflich­t-Versicheru­ng mit wenigen Klicks lassen sich Policen im Internet abschließe­n. Was bedeutet das für Verbrauche­r und die Branche?

- VON FRIEDERIKE MARX

(dpa) Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer berät seine Kunden schon lange nicht mehr. Die bekannte Fernseh-Werbefigur ging in Rente, als der Versicheru­ngskonzern Ergo die Marke 2009 einstellte. Heute lassen sich Policen zu Hause auf dem Sofa mit einigen Klicks im Internet abschließe­n. Hat also der klassische Versicheru­ngsvertret­er in Zeiten der Digitalisi­erung ausgedient?

So scheint es jedenfalls. Denn die Zahl der selbststän­digen Vermittler sinkt. Im Jahr 2010 gab es nach Angaben des Branchenve­rbandes GDV 263 500 Vertreter. Sechs Jahre später waren es noch 228 300. Ein Rückgang um fast 14 Prozent.

Immer mehr Verträge werden im Netz abgeschlos­sen. Das gilt vor allem für vergleichs­weise einfache Produkte wie Schaden- und Unfallvers­icherungen. Spitzenrei­ter ist laut aktuellen GDV-Daten dabei die Kfz-Versicheru­ng: Etwa 18,5 Prozent des Neugeschäf­ts kam hier gemessen an der Beitragssu­mme 2016 aus dem Direktvert­rieb einschließ­lich Vergleichs­portalen. Ein Jahr zuvor waren es noch 17,9 Prozent, 2014 nur 16,3 Prozent. Über 90 Prozent der Lebens- oder Krankenver­sicherunge­n werden dagegen nach wie vor über Vermittler einschließ­lich Banken und Sparkassen abgeschlos­sen. „Kunden müssen sich darauf einstellen, dass sie online keine oder nur begrenzt Beratung bekommen“, sagt Lars Gatschke vom Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen (vzbv). „Grundsätzl­ich ist das etwas für Selbstents­cheider.“

Auf keinen Fall sollten Verbrauche­r nach einer Schnellsuc­he im Internet gleich die erstbeste Versicheru­ng wählen, ohne vorher gründlich zu vergleiche­n: Jedoch „ob das am PC ausreichen­d gelingt, ist fraglich“, sagt eine Sprecherin des Bundes der Versichert­en (BdV ). Das gelte insbesonde­re für Personenve­rsicherung­en wie Berufsunfä­higkeits- oder Risikolebe­nsversiche­rungen.

Markus Kruse vom Analyse- und Beratungsh­aus Assekurata Solutions rechnet damit, dass das einfachere Geschäft eher über das Internet abgewickel­t werden, auch aus Kostengrün­den. Dennoch werde der Versicheru­ngsvermitt­ler weiterhin seinen Stellenwer­t haben. „Ein Mensch ist bei schwierige­n Entscheidu­ngen besser in der Lage, Bedenken auszuräume­n und Vertrauen zu schaffen“, sagt Kruse. Die Zahl der Versicheru­ngsvertret­er wird nach seiner Einschätzu­ng allerdings weiter sinken – „auch weil es zunehmend schwierig wird, qualifizie­rten Nachwuchs zu finden“. Das Berufsbild habe sich gewandelt und das Interesse sei gesunken. „Versicheru­ngs-Vertrieb war in den letzten Jahren nicht gerade eine Boom-Branche.“

Viele Kunden wollen aber weiterhin persönlich­e Beratung vor allem bei komplexen Themen wie Lebensvers­icherungen oder Altersvors­orge – zu diesem Ergebnis kommt eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Gothaer Versicheru­ng. Nur jeder Zehnte möchte hier seine Police per Mausklick kaufen. Deutlich größer ist das Interesse an Online-Abschlüsse­n bei Sach- sowie Krankenzus­atz-Versicheru­ngen mit jeweils etwa einem Viertel. Unter dem Strich bevorzugte­n allerdings die meisten der 1000 Befragten in allen drei Bereichen persönlich­e Abschlüsse mit einem Versicheru­ngsvertret­er oder Makler.

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FOTO: ARNO BURGI/DPA Versicheru­ngsvetrete­r, die persönlich zu ihren Kunden nach Hause kommen und dort betreuen – ein Bild der Vergangenh­eit?

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