Geschichten, die der Bergbau schrieb
Ein Projekt des Künstlers Martin Steinert widmet sich dem Leben der Bergleute in Reden und in Essen.
Wenn am letzten Juni-Wochenende das Ende des Bergbaus in Nordrhein-Westfalen feierlich begangen wird, dann wird auch eine große saarländische Kunstaktion zu sehen sein. Dafür wird der Künstler Martin Steinert auf dem Areal der Zeche Zollverein in Essen symbolisch 200 Körbe aus Dachlatten zimmern, die an die Körbe der Bergarbeiter in den Waschkauen erinnern werden. Um die Verbundenheit der Regionen zu demonstrieren, wird eine ganz ähnliche Installation aber auch im Wassergarten der Grube Reden gezeigt werden. „Für diese Installationen brauchen wir
Geschichten. Denn wir wollen Geschichten zum Bergbau sammeln, und sie in Rollen in die Körbe legen“, erklärt Martin Steinert.
Wir – das ist bei Martin Steinert mittlerweile ein ganzes Team. Da die Installationen in Essen und Reden nur temporär bis zum Ende des Jahres zu sehen sein werden, wird dazu ein Buch erscheinen, in dem der Bau der Installationen gezeigt wird, aber auch die Bergleute oder deren Angehörige vorgestellt werden, die ihre Geschichte erzählen. Das Buch wird von Michael Siffrin gestaltet werden, die Fotografien macht André Mailänder, gleichzeitig wird Mathilde Nodenot das Projekt mit einem Film begleiten. Das alles wird von den Mitarbeitern der Agentur Skauz unterstützt. Dabei wird ein Buch herauskommen, das als bebildertes Lesebuch das Leben der Bergbaufamilien zweier Regionen zeigt. Bis es Ende Juni so weit ist, hat das Team, das auch schon bei den diversen „wooden-cloud“-Projekten des Künstlers in verschiedenen Städten Europas zusammengearbeitet hat, noch viel zu tun. Zuerst müssen die unterschiedlich gestalteten Körbe gezimmert werden. „Ungefähr 150 sind schon fertig, aber wir müssen noch 50 für Reden und die 200 in Essen anfertigen“, erklärt Martin Steinert, während er in einem Raum des Kulturzentrums am Eurobahnhof die fertigen Körbe zeigt. Dabei fällt auf, jeder Korb ist etwas unterschiedlich gestaltet, jeder ein Unikat und erinnert wegen der Dachlatten auch an die übrigen Kunstobjekte Martin Steinerts.
Noch wichtiger ist aber, dass er und sein Team die Geschichten der Bergleute sammeln wollen. „Es können ganz kleine Geschichten sein. Und sie können auch weitererzählt worden sein, also uns von den Kindern oder Enkeln der Bergleute berichtet werden“, betont Martin Steinert. Und dann erklärt er, dass man schon einige Geschichten habe, wie die des Bergarbeiters, der seinem Sohn einen Drachen gebaut habe, den der Sohn innig geliebt hat. Und der dann vom Vater an die Söhne seines Vorarbeiters verschenkt wurde. „Es sollen Geschichten sein, deren Hintergrund zeigt, wie prägend der Bergbau über Generationen in unserer Region war“, fügt Martin Steinert hinzu. Diese Geschichten werden aufgeschrieben, in Schriftrollen gepackt und am Wochenende des 16./17. Juni in Reden und am 30. Juni in Essen während eines großen Festaktes in die Körbe gelegt. Dann werden diese Körbe samt Geschichten an Leinen hochgezogen – ganz wie früher in den Waschkauen die Körbe mit den Kleidern der Bergleute. Und sie werden die Verbundenheit der beiden dann ehemaligen Bergbau-Regionen symbolisieren.
„Es sollen Geschichten sein, deren Hintergrund zeigt, wie prägend
der Bergbau über Generationen in unserer Region war.“
Martin Steinert