Saarbruecker Zeitung

Enttäuscht über eigene Unzulängli­chkeiten

Die Spieler des FC Bayern München zeigen sich nach dem Aus im Champions-League-Halbfinale selbstkrit­isch.

- VON THOMAS NIKLAUS UND MARCO MADER

(sid) Nach einer kurzen Nacht, die auch noch durch einen Feueralarm im Morgengrau­en gestört wurde, schlichen die Stars von Bayern München mit hängenden Köpfen durch den Flughafen Barajas in Madrid. Anstatt die Heimreise als gefeierte Final-Helden anzutreten, stiegen Pechvogel Sven Ulreich und Co. am Mittwoch erneut als gefrustete Verlierer in den Sonderflie­ger nach München. Nach dem „Heldentod“gegen Real schwankte die Stimmung bei der Mannschaft von Trainer Jupp Heynckes zwischen riesiger Enttäuschu­ng und Wut über eigene Unzulängli­chkeiten.

„In den Spielen, in denen wir ausgeschie­den sind, leisten wir uns zu viele individuel­le Fehler“, motzte ein frustriert­er Kapitän Thomas Müller nach dem 2:2 (1:1) im Estadio Bernabéu mit finsterer Miene. Der FC Bayern müsse sich schon die Frage stellen, „warum es in diesen Spielen nicht reicht“. Auch Mats Hummels gab sich selbstkrit­isch. „Da ist auch Unvermögen dabei, wenn man beide Tore zum 2:1 sieht. Auf diesem Niveau ist das eklatant“, sagte der Weltmeiste­r. Er zielte dabei auf den fatalen Patzer von Rafinha im Hinspiel ab und die „komödianti­sche Einlage“(AS) von Torhüter Ulreich in Madrid. Den folgenschw­eren Aussetzer des 29-Jährigen nur wenige Sekunden nach der Pause nutzte der zweifache Torschütze Karim Benzema (11. und 46.) eiskalt aus. Toni Kroos habe ihm nach der Partie gesagt, berichtete Hummels, dass nicht Real das Duell gewonnen habe, „sondern wir uns das selbst zuzuschrei­ben haben“. Und er schlussfol­gerte: „Da hat Toni leider recht. Wir haben sie eingeladen.“

Auch im fünften Jahr seit dem historisch­en Triple 2013 unter Heynckes bleibt den Bayern nur die bittere Zuschauerr­olle, wenn Real am 26. Mai beim Finale in Kiew zum dritten Mal in Folge nach dem Henkelpott greift. Dies, so Hummels, werde „auch in zehn Jahren noch wehtun“. Da nutzte es auch nichts, dass Heynckes von „Werbung für den Fußball“sprach und Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge die Spieler sowie den Trainer nach dessen letztem Spiel auf der größten Bühne des europäisch­en Fußballs überschwän­glich lobte. Er habe „das beste Spiel gesehen, das ich mit Bayern München in der Champions League seit fünf Jahren erlebt habe“. Er habe eine „unglaublic­he Leidenscha­ft, aber auch Mut“gesehen: „Ich habe jetzt leider keinen Hut auf. Wenn ich einen hätte, würde ich ihn ziehen und mich vor der Mannschaft verneigen.“

Rummenigge­s Worte führten den Profis noch einmal deutlich vor Augen, welch‘ große Chance sie im Bernabéu verpasst hatten. Umso mehr, als Rummenigge feststellt­e: „Wir hatten sie am Abgrund. Das einzig Traurige ist, dass wir Real nicht in den Abgrund hineingest­ürzt haben.“Genau da lag das Problem. Während Real sich nicht lange bitten ließ, obwohl Superstar Cristiano Ronaldo erneut enttäuscht­e, waren die Bayern in den entscheide­nden Momenten nicht auf der Höhe. „Weltklasse-Niveau“, wie Heynckes schwärmte, war das eben nicht.

Kroos erklärte den kleinen, aber feinen Unterschie­d. Real besitze nach zuletzt zwei Triumphen in der Königsklas­se „ein Grundbewus­stsein“. Ja, „die Bayern waren die bessere Mannschaft, ich habe aber nie Zweifel gehabt. Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass wir auch noch ein Tor schießen können“, sagte der Weltmeiste­r. Bei den Bayern hatte man dieses Gefühl trotz der Treffer von Joshua Kimmich (3.) und James (63.) zu selten, weil auch Torjäger Robert Lewandowsk­i sich zwar mühte, aber erneut nie richtig gefährlich wurde.

Als Trostpreis bleibt jetzt neben der deutschen Meistersch­aft noch der DFB-Pokal. „Es ist unser Ziel, zumindest das Double zu gewinnen“, sagte Rummenigge mit Blick auf das Endspiel am 19. Mai in Berlin.

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FOTO: SECO/DPA Konsternie­rt stehen die Spieler des FC Bayern München nach dem Aus im Champions-League-Halbfinale auf dem Rasen des Bernabéu-Stadions, Joshua Kimmich (rechts), liegt sogar weinend am Boden.
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FOTO: WHITE/DPA Madrids überragend­er Torwart Keylor Navas reißt nach dem Schlusspfi­ff jubelnd die Arme hoch, Thomas Müller liegt enttäuscht daneben.

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