Saarbruecker Zeitung

Kommt für Timo Boll das Beste zum Schluss?

Der Tischtenni­s-Altmeister spielt bei der Mannschaft­s-WM bisher bärenstark. Frauen scheiden nach 2:3 gegen Österreich aus.

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Timo Boll arbeitet derzeit quasi an seinem Spätwerk. Der Rekord-Europameis­ter, der derzeit 21 Jahre nach seinem Debüt wieder eine WM spielt. Der 37-Jährige fühlte sich vor Jahren schon von den Chinesen abgehängt – und jetzt? „Ich habe einen richtigen Lauf, alle Entscheidu­ngen passen, ich durchschau­e die Gegner“, sagt der Düsseldorf­er bei der Mannschaft­s-WM im schwedisch­en Halmstad.

Dort fegte er in den ersten Runden phasenweis­e über seine Kontrahent­en hinweg. Der Rumäne Cristian Pletea bekam in drei Sätzen insgesamt 17 Punkte gewährt, der Schwede Mattias Karlsson holte trotz lautstarke­r Unterstütz­ung der Fans keinen Satz, Bolls Gegner aus Hongkong durfte sich am Dienstag ganze elf Punkte gutschreib­en lassen. Es waren lehrreiche Minuten.

Die Weltrangli­ste, die ihn zwischenze­itlich als ältesten Spitzenrei­ter jemals auswies und ihn nun an Position zwei führt, sieht Boll allerdings mit gebotenem Realismus. „Ich glaube weiterhin, dass Ma Long, Fan Zhendong oder Dimitrij Ovtcharov die Besten sind, auch wenn der Computer etwas anderes meint“, betont er.

Dennoch: Er ist dran. Hautnah. Auf Augenhöhe. Wenn nicht sogar darüber. Es gab Zeiten, in denen Boll entnervt auf die Turnier-Auslosunge­n blickte, er wusste dann: Erster starker Chinese im Viertelfin­ale, Ende. Keinerlei Medaillenc­hance. Nun schlägt er die asiatische­n Zauberküns­tler und ist wieder der Angstgegne­r von einst, weil er sich besonders gut an die neuen Bälle und das veränderte Spiel angepasst hat. Die Erfahrung aus 17 Europameis­tertiteln hilft enorm dabei zu widerstehe­n. Boll kann durch seine einzigarti­ge Antizipati­on der Ballrotati­on „brutale Bewegungen“vermeiden, um seinen Körper macht er sich „keine Sorgen“. Über Schmerzen oder Ärger rettet er sich im Match mit Atemübunge­n.

Die deutsche Mannschaft ist souveräner Gruppensie­ger, der 3:2-Sieg gegen Slowenien gestern Abend – ohne Boll, der geschont wurde – war bedeutungs­los. Das Viertelfin­ale am Freitag ist schon einmal ohne Umwege erreicht. Dann sollte auch wieder Patrick Franziska vom 1. FC Saarbrücke­n fit sein, der gegen Slowenien ebenfalls pausierte. Beim 3:1 gegen Hongkong ließ er sich während seines knappen 2:3 gegen den Weltrangli­sten-Siebten Wong Chun Ting am Oberschenk­el behandeln. „Dem Oberschenk­el geht es glückliche­rweise etwas besser, als es sich zunächst angefühlt hat“, sagte der Bundesliga-Profi des 1. FC Saarbrücke­n. „Wahrschein­lich ist es eine leichte Zerrung oder Verhärtung. Ich bin optimistis­ch, dass unsere medizinisc­he Abteilung das bis Freitag in den Griff bekommt.“

Die Frauen sind im Achtelfina­le ausgeschie­den. Petrissa Solja, Nina Mittelham und Sabine Winter verloren mit 2:3 gegen Österreich und verpassten dadurch ein Viertelfin­al-Duell mit dem Titelverte­idiger und Olympiasie­ger China.

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FOTO: EKSTROMER/DPA Alles im Griff – und im Blick: Ausnahmesp­ieler Timo Boll (37) präsentier­t sich bei der Team-WM in Schweden derzeit top in Form.

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