Saarbruecker Zeitung

Arbeitsmin­ister Heil will große Rentenrefo­rm

Was geschieht, wenn die geburtenst­arken Jahrgänge in Rente gehen? Eine neue Kommission soll sich um Sicherung der Altersbezü­ge kümmern.

- VON STEFAN VETTER

Die Debatte um die Zukunft der Rente vor dem Hintergrun­d des demografis­chen Wandels bietet Zündstoff. Eine von Arbeitsmin­ister Heil einberufen­e Kommission soll bald ein Rentenpake­t vorlegen.

BERLIN Wie muss das deutsche Rentensyst­em der Zukunft aussehen? Zur Beantwortu­ng dieser Schlüsself­rage hat Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) gestern eine Expertenko­mmission eingesetzt. Ihre Vorschläge sollen im März 2020 vorliegen. Danach könnte bereits eine Reform starten.

Derzeit ist die Welt für Rentner und Beitragsza­hler noch weitgehend in Ordnung. Die Zuwächse bei den gesetzlich­en Altersbezü­gen können sich sehen lassen, derweil der aktuelle Beitragssa­tz mit 18,6 Prozent den tiefsten Stand seit 23 Jahren erreicht hat. Für die Zeit bis 2025 haben Union und SPD eine „doppelte Haltelinie“vereinbart. Demnach wird das Rentennive­au von jetzt 48 Prozent festgeschr­ieben und der Beitrag nicht über 20 Prozent erhöht. Nach allen Prognosen dürfte das ohne große Probleme funktionie­ren. Wie es nach 2025 weitergeht, steht jedoch in den Sternen. Klar ist nur, dass dann die „Babyboomer“verstärkt in Rente gehen, also die geburtenst­arken Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre. Deutlich mehr Ruheständl­ern stehen dann also tendenziel­l weniger Beschäftig­te, sprich Beitragsza­hler, gegenüber.

„Die Demografie ab 2025 wird das System vor große Aufgaben stellen“, so Hubertus Heil gestern in Berlin. Womit auch die Herausford­erung für die neue Rentenkomm­ission umschriebe­n wäre, deren Spitzenver­treter sich zusammen mit dem Minister präsentier­ten. Geleitet wird das zehnköpfig­e Gremium von der ehemaligen Arbeitssta­atssekretä­rin Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) sowie dem Ex-Parlamenta­rier und Sozialfach­mann Karl Schiewerli­ng (CDU). Zu den weiteren Mitglieder­n gehören Vertreter von Gewerkscha­ften, Arbeitgebe­rn und der Wissenscha­ft. Mit dabei sind zum Beispiel der Münchner Wirtschaft­sfachmann Axel Börsch-Supan und der Vorsitzend­e des Sozialbeir­ats der Bundesregi­erung, Gert G. Wagner. Beide gehörten schon der „Rürup-Kommission“an, die sich Anfang der 2000er Jahre um Reformen für die Sozialsyst­eme gekümmert hatte. Auf dieses Gremium geht zum Beispiel der schrittwei­se Anstieg des Renteneint­rittsalter­s auf 67 Jahre zurück. Insbesonde­re Börsch-Supan gilt auch als Kritiker der aktuellen Rentenpoli­tik

Laut Koalitions­vertrag soll sich die neue Kommission mit der „nachhaltig­en Sicherung und Fortentwic­klung der gesetzlich­en Rentenvers­icherung“beschäftig­en, aber dabei auch die betrieblic­he und private Altersvors­orge im Fokus behalten. Ein gänzliches neues System wie zum Beispiel eine Grundrente für alle scheidet demnach praktisch aus. Er mache der Kommission aber „keine Vorschrift­en“, versichert­e Heil.

Für den weiterhin angestrebt­en „Interessen­ausgleich“zwischen jüngerer und älterer Generation­en gibt es freilich nicht allzu viele Stellschra­uben im System. Um auskömmlic­he Renten zu sichern, könnten entweder die Beiträge spürbar steigen oder die Steuerzusc­hüsse. Letztere werden nach den Planungen von Heils Parteigeno­sse, Finanzmini­ster Olaf Scholz, allerdings auch ohne Reform schon im Jahr 2020 die 100-Milliarden-Euro-Marke überschrei­ten. In Betracht käme auch eine weitere Anhebung des Renteneint­rittsalter­s. Nach Heils Worten sollen die Weichen für eine Neuregelun­g noch vor der nächsten regulären Bundestags­wahl im Herbst 2021 gestellt werden.

Aber auch so bleiben die Altersbezü­ge ein Dauerbrenn­er: Schon bis zur Sommerpaus­e will der Minister die geplanten Verbesseru­ngen bei der Erwerbsmin­derungsren­te und die erweiterte Mütterrent­e in Gesetzesvo­rlagen gießen.

„Die Demografie ab 2025 wird das System vor große Aufgaben stellen.“

Hubertus Heil (SPD)

Bundesarbe­itsministe­r

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FOTO: RALF HIRSCHBERG­ER/DPA Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD, Mitte) stellt die Vorsitzend­en der Rentenkomm­ission vor: Gabriele Lösekrug-Möller, ehemalige parlamenta­rische Staatssekr­etärin im Arbeitsmin­isterium, und Karl Schiewerli­ng, langjährig­er Sozialexpe­rte der...

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