Spiel mir das Lied vom Tod der Einwanderer
Zwei Kino-Meisterwerke des amerikanischen Regisseurs Michael Cimino (1939-2016) erscheinen in mustergültigen Heimkino-Editionen.
(1890-1892): Viehbarone gehen brutal gegen europäische Einwanderer vor, die sie mit ihren winzigen Parzellen bei der Expansion stören. Mit Billigung des US-Präsidenten erstellen sie eine Todesliste, die angeheuerte Mörder dann abarbeiten.
Diese blutige und zeitlose Kapitalismus-Geschichte erzählt Cimino (1939-2016) in aller Ruhe, gleichzeitig mit aller Härte und unglaublicher Detailversessenheit, was Kostüme und Bauten angeht. Der Regisseur/ Autor stand damals, nach dem Triumph seines Vietnam- und Amerikafilms „Die durch die Hölle gehen“, auf dem Höhepunkt seiner Macht. Er nutzte sie, um seine Vision des Westens und des Westerns ohne Einmischung auf eine große, ganz große Leinwand zu malen.
Lange gab es in den Film als technisch mäßige DVD, nun erscheint er erstmal als Blu-ray in einer Edition, dank derer man sich tief in den Film versenken kann: Man kann Ciminos Ur-Version (220 Minuten) vergleichen mit der um 70 Minuten gekürzten, holprigen Fassung, die er auf Druck des nach ersten Verrissen panischen Studios anfertigte. Interviews führen zurück zu den Dreharbeiten: Cimono erzählt, dass am Anfang des Films seine Recherchen über die Erfindung des Stacheldrahts (!) standen. Jeff Bridges zieht Parallelen zur USA heute („Die Viehbesitzer sind heute die Ölfirmen“) und Kameramann Vilmos Zsigmond erinnert sich an Ciminos Wunsch, dass viele Filmbilder wie alte Fotografien aussehen sollten. In der Tat: So schön und gleichzeitig so gnadenlos hat man den Westen mit seinen Weiten und seinen schneebedeckten Bergen im Kino kaum gesehen.
Auch Ciminos Debüt mit dem nichtssagenden deutschen Titel
(1974) erscheint nun als exzellente Edition (mit Audiokommentar, Interviews, Booklet). An der Plot-Oberfläche erzählt „Thunderbolt and Lightfoot“, wie er im Original heißt, geradlinig von dem Gangster mit Spitznamen „Thunderbolt“(Clint Eastwood), der von alten Kollegen gejagt wird, weil sie bei ihm die Beute eines gemeinsamen Raubzugs vermuten. Auf der Flucht begegnet ihm der junge Lightfoot ( Jeff Bridges), der die Freundschaft des Älteren sucht. Von der erzählt Cimino sehr anrührend und überraschend, vor allem im Kontext der sonstigen Männerfiguren Clint Eastwoods (der den Film auch produziert hat). In dieser Männerfreundschaft schwingt durchaus Homo-Erotik mit, am Ende schlüpft Bridges in ein Kleid, und zwischendurch sieht Eastwood in einer Liebesszene mit einer Frau so gelangweilt aus, dass es schon komisch ist.
Cimino schwelgt in Bildern des ländlichen Amerikas, er zeigt Motels, Tankstellen, Supermärkte und immer wieder grandiose Landschaften, deren Freiheit endlos zu sein scheint. Doch diese Freiheit gibt es nicht mehr (wenn es sie denn jemals gab). Das Amerika von Regisseur Cimino ist, ob hier oder in „Heaven’s Gate“, ein verwundeter Ort.
sind bei Capelight erschienen. Wer „Heaven’s Gate“im Kino sehen will – er läuft Samstag und Montag ab 20 Uhr in der Kinowerkstatt St. Ingbert.