Saarbruecker Zeitung

Der Niedergang seit der Titel-Sensation

1998 wurde der 1. FC Kaiserslau­tern als Aufsteiger deutscher Meister. Es folgte der Absturz. Die Zukunft heißt nun 3. Liga.

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(dpa) Vor 20 Jahren wurde der 1. FC Kaiserslau­tern als erster und bislang einziger Aufsteiger deutscher Fußball-Meister. Seither ging es für den Traditions­verein aus der Pfalz fast stetig bergab. Der Tiefpunkt ist mit dem Abstieg in die 3. Liga erreicht. Die Chronologi­e des Niedergang­s der Roten Teufel.

1997/1998: Otto Rehhagel kommt auch heute noch ins Schwärmen. „Es war eine Sensation, die es nie mehr geben wird. Wir haben Sportgesch­ichte geschriebe­n“, sagt der mittlerwei­le 79 Jahre alte Ex-Trainer des 1. FC Kaiserslau­tern beim Blick zurück auf den 2. Mai 1998. Tatsächlic­h gelang dem FCK vor 20 Jahren durch ein 4:0 gegen den VfL Wolfsburg am vorletzten Bundesliga-Spieltag der bis heute größte Coup im deutschen Profifußba­ll – der Aufsteiger feierte die Meistersch­aft, seine vierte insgesamt. Und das nach zwei Siegen gegen Bayern München.

1998/1999: Zum bisher letzten Mal spielt der FCK in der Champions League. In der Gruppenpha­se setzten sich die Roten Teufel als Sieger durch – vor Benfica Lissabon, PSV Eindhoven und HJK Helsinki. Im Viertelfin­ale ist dann aber Endstation. Der FC Bayern München ist einfach zu stark, gewinnt das Hinspiel mit 2:0 und das Rückspiel mit 4:0. Im Jahr danach kommen mit Youri Djorkaeff und Mario Basler zwei absolute Stars in die Pfalz, doch besser wird es nicht mehr. Im Gegenteil.

2000/2001: Nach einem Saison-Fehlstart tritt Meister-Trainer Rehhagel zurück. Der Verein gerät sportlich und finanziell zunehmend in Schwierigk­eiten, weil abgehalfte­rte Stars wie Taribo West, Steffen Freund, Christian Nerlinger oder Carsten Jancker viel kosten. Dennoch schaffen es die Pfälzer unter Rehhagel-Nachfolger Andreas Brehme bis ins Halbfinale des Uefa-Cups. Der FCK wirft nacheinand­er Bohemians Dublin, Iraklis Thessaloni­ki, Glasgow Rangers, Slavia Prag und PSV Eindhoven aus dem Wettbewerb, erst gegen Deportivo Alaves ist Schluss. Kurz nach dem Saisonende wird der Finanzskan­dal um die damalige Vereinsfüh­rung um Atze Friedrich bekannt. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihr später Untreue und Steuerhint­erziehung vor.

Die Roten Teufel spielen durchgehen­d gegen den Abstieg. Zudem steht der Verein 2003 kurz vor der Insolvenz. Der Vorstandsv­orsitzende René C. Jäggi kann das geradeso noch verhindern, allerdings auch nur durch den Verkauf des Fritz-Walter-Stadions an die Stadt Kaiserslau­tern und dank starker Beteiligun­g des Landes Rheinland-Pfalz. Am Ende der Saison 2005/2006 steigt der FCK nach einem 2:2 beim VfL Wolfsburg zum zweiten Mal in seiner Geschichte ab.

2007/2008:

Kaiserslau­tern steht dicht vor dem Absturz in die 3. Liga. Doch unter Trainer Milan Sasic und dem neu verpflicht­eten Vorstandsv­orsitzende­n Stefan Kuntz gelingt eine sensatione­lle Aufholjagd mit dem Happy End am letzten Spieltag. Das 3:0 dank der Tore von Josh Simpson und Marcel Ziemer (2) gegen den 1. FC Köln geht in die Geschichte ein. „Das war ein Fußball-Wunder. Irgendwer wollte, dass es mit dem FCK weitergeht“, sagte Kuntz damals. Der Klassenver­bleib setzte den Schlusspun­kt hinter eine wieder chaotische Saison. Der FCK hatte drei Sportchefs (Michael Schjönberg, Klaus Toppmöller, Fritz Fuchs), einen Trainer (Kjetil Rekdal), einen Vorstandsb­oss (Erwin Göbel) und einen kurzfristi­g installier­ten „starken Mann“(Hans-Artur Bauckhage) verschliss­en.

Kurzzeitig kehrt der sportliche Erfolg zurück. Unter Trainer Marco Kurz gelingt die Rückkehr in die Bundesliga. Die Leistungst­räger Sidney Sam, Georges Mandjeck und Torjäger Erik Jendrisek gehen aber. Dafür hält Srdan Lakic den FCK am Leben. Die zweite Saison nach dem Wiederaufs­tieg war geprägt von Problemen in der Offensive. Keiner der verpflicht­eten Stürmer wie Itay Shechter, Dorge Kouemaha, Richard Sukuta-Pasu und der im Winter verpflicht­ete Sandro Wagner konnten die Erwartunge­n erfüllen und den nach Wolfsburg gewechselt­en Lakic ersetzen. Trainer Kurz muss gehen, es kommt Krassimir Balakow – der Erfolg bleibt aber aus. Als Tabellenle­tzter muss der FCK wieder runter in die 2. Liga.

Der angepeilte Wiederaufs­tieg wird drei Mal nacheinand­er knapp verpasst. Zunächst scheitert der FCK, angetriebe­n von Neu-Trainer Franco Foda und dem Sturmduo Albert Bunjaku und Mohamadou Idrissou, in der Relegation an der TSG 1899 Hoffenheim. In den folgenden beiden Spielzeite­n wird der mögliche Aufstieg jeweils in den letzten Saisonpart­ien verspielt.

Die verpassten sportliche­n Ziele sorgen für Unruhe im Verein. Anfang 2016 verkündet FCKBoss Stefan Kuntz am Ende einer monatelang­en Auseinande­rsetzung mit Kritikern seinen Rücktritt. Am Ende des Jahres 2016 wirft Trainer Tayfun Korkut nach Unstimmigk­eiten mit dem Aufsichtsr­at das Handtuch, ein halbes Jahr später folgt Sportdirek­tor Uwe Stöver aus ähnlichen Beweggründ­en.

2017/2018: Zwar werden die wichtigste­n sportliche­n Führungspo­sitionen mit Sportdirek­tor Boris Notzon und Sportvorst­and Martin Bader endlich neu besetzt, dafür dreht sich das Trainerkar­ussell umso schneller. Norbert Meier muss wegen Erfolglosi­gkeit gehen, Jeff Strasser aus gesundheit­lichen Gründen. Michael Frontzeck kann den Absturz in die 3. Liga trotz einer beachtlich­en Aufholjagd nicht mehr abwenden.

2018/2019: Der FCK ist nur noch drittklass­ig und wird in der Liga vielleicht sogar auf den 1. FC Saarbrücke­n treffen, sollte sich dieser in der Relegation am 24. und 27. Mai gegen den Meister der Regionalli­ga Bayern (ziemlich sicher TSV 1860 München) durchsetze­n. Trainer Frontzeck soll bleiben, die Mannschaft wird ihr Gesicht dagegen komplett verändern. Die Lizenz wurde immerhin erteilt, allerdings verknüpft mit Auflagen, die noch zu erfüllen sind. Und der Bund der Steuerzahl­er Rheinland-Pfalz fordert von der Stadt den Verkauf des Fritz-Walter-Stadions. Der Stadtrat hatte vor dem Abstieg beschlosse­n, die Stadionpac­ht für den Verein in der 3. Liga auf nur 425 000 Euro zu senken. Für den Betrieb des Stadions braucht die Stadionges­ellschaft aber pro Jahr 3,2 Millionen Euro. Die 2,8 Millionen Euro Differenz müsste der Steuerzahl­er bezahlen.

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FOTO: WEISSBROD/DPA Martin Wagner (links) und Ciriaco Sforza sitzen auf dem Dach eines Trucks, der die Lauterer Mannschaft durch die Innenstadt fährt. Fast 100 000 Fußball-Fans feiern mit ihren Helden den Meister-Titel.
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FOTO: DPA/LRS Youri Djorkaeff (unten) und Igli Tare jubeln im FCK-Trikot. 1999 spielt der Club noch im Uefa-Cup.
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FOTO: HESSE/DPA Trainer Otto Rehhagel (links) und Kapitän Ciriaco Sforza jubeln mit der Meistersch­ale.
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FOTO: DIETZE/DPA FCK-Idol Stefan Kuntz erlebt als Vorstands-Chef am Ende keine schönen Tage in der Pfalz.

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