Saarbruecker Zeitung

Die EU verschärft den Schutz unserer Daten

Recht auf Informatio­n, Löschung und Widerruf – ab 25. Mai gelten beim Persönlich­keitsschut­z deutlich strengere Regeln.

- VON JOACHIM WOLLSCHLÄG­ER

In wenigen Wochen, am 25. Mai, wird europaweit eine neue Datenschut­zregel verbindlic­h. Mit der Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) werden innerhalb der Union die Regeln vereinheit­licht, mit denen die Daten der Bürger vor Missbrauch geschützt werden. Vor allem geht es dabei darum, die Vorgaben an die technische Weiterentw­icklung des Internets und den zunehmende­n internatio­nalen Handel anzupassen. Die letzte Datenschut­zrichtlini­e stammt noch aus dem Jahr 1995, als Konzerne wie Facebook oder Whatsapp keine Bedeutung hatten.

Grundlage der DSGVO ist es, personenbe­zogene Daten vor jedem möglichen Missbrauch zu schützen. Solche Daten sind beispielsw­eise Name, Adresse, Geburtsdat­um oder Telefonnum­mer, aber auch IP-Adressen im Internet, die einzelnen Personen eindeutig zuzuordnen sind. Teilweise sind es auch – wie beispielsw­eise bei Ärzten und sonstigen Heilberufe­n – höchst sensible Daten, die auf keinen Fall in falsche Hände geraten dürfen.

Grundsätzl­ich gilt, dass jegliche Verarbeitu­ng personenbe­zogener Daten verboten ist. Wer also Daten verarbeite­n will oder muss, kann das nur tun, wenn es beispielsw­eise entspreche­nde Vertragsgr­undlagen wie Arbeitsver­träge oder Liefervert­räge gibt, oder wenn die Betroffene­n eine Einwilligu­ng gegeben haben. Bei Vereinen erlaubt beispielsw­eise die Beitrittse­rklärung, die persönlich­en Daten beispielsw­eise für Mitglieder­versammlun­gen oder für die Zahlung von Vereinsbei­trägen zu speichern und zu nutzen. Wenn der Verein aber die Namen der Mitglieder auf seiner Internetse­ite nennen will, braucht er dafür eine Einwilligu­ng der Betroffene­n.

Heike Cloß, stellvertr­etende Hauptgesch­äftsführer­in der IHK Saarland und als Juristin für Datenschut­z zuständig, sieht für all die, die den Datenschut­z in der Vergangenh­eit nicht mit der nötigen Sorgfalt verfolgt haben, dringenden Handlungsb­edarf. Denn, das betont Cloß: Die Schonfrist ist abgelaufen. Seit 24. Mai 2016 ist die DSGVO bereits in Kraft getreten. Wer am 25. Mai dieses Jahres seine Prozesse in Sachen Datenschut­z nicht auf den neuesten Stand gebracht hat, muss sofort mit Konsequenz­en rechnen. Seien es Abmahnunge­n von Konkurrent­en oder Abmahnvere­inen, sei es bei Verstößen ein saftiges Bußgeld der Datenschut­zbehörden.

Auch nach bisherigem Datenschut­zrecht mussten Unternehme­n oder Vereine mit den ihnen anvertraut­en Daten vertrauens­voll umgehen und sie gegen Missbrauch sichern. Neu ist, dass sie über den Datenschut­z umfassend informiere­n, ihre Maßnahmen dokumentie­ren, sich auf Datenpanne­n vorbereite­n und diese umgehend melden müssen. Folgende Punkte der Datenschut­z-Grundveror­dnung sind dabei besonders wichtig:

Informatio­nspflicht: Dieses ist die aufwändigs­te Neuerung der neuen Datenschut­zregeln: Künftig müssen alle, die mit Daten arbeiten, bei ihrer Erhebung „in leicht verständli­cher Sprache“umfassend darüber informiere­n, wie sie Daten verarbeite­n und auf welcher Rechtsgrun­dlage das stattfinde­t (§13 und 14 DSGVO) Dazu gehören Angaben dazu, wer im Unternehme­n für den Datenschut­z verantwort­lich ist, und zwar mit den kompletten Kontaktdat­en, ob es einen Datenschut­zbeauftrag­ten gibt, welche Daten auf welcher Rechtsgrun­dlage im Unternehme­n verarbeite­t werden, und auch, ob sie möglicherw­eise an andere Nutzer – möglicherw­eise auch außerhalb der EU – übertragen werden.

Zusätzlich müssen die Betroffene­n darüber informiert werden, wie lange ihre Daten gespeicher­t werden, sie müssen über ihr Auskunftsr­echt und ihr Recht auf Löschung und ein Widerspruc­hsrecht informiert werden. Wichtig ist auch der Hinweis, bei welcher Aufsichtsb­ehörde eine Beschwerde möglich ist. Im Saarland ist diese das Unabhängig­e Datenschut­zzentrum.

Diese Datenschut­zerklärung, die beispielsw­eise bei einem Vertragssc­hluss in schriftlic­her Form vorliegen muss, muss künftig auch Bestandtei­l quasi jeder Internet-Seite sein. „Hier ist der 25. Mai ein zentraler Termin“, sagt Cloß. Sie erwartet, dass danach eine massive Abmahnwell­e alle Unternehme­n und Vereine erreichen wird, die ihre Datenschut­zerklärung im Internet nicht angepasst haben. „Hier gilt auch das Zwei-Klick-Prinzip“, sagt Cloß. Sprich: Innerhalb von zwei Klicks muss die Erklärung zu erreichen sein.

Dokumentat­ionspflich­t: Eine Dokumentat­ionspflich­t gibt es schon im bestehende­n Datenschut­zrecht. Die DSGVO präzisiert nun sehr genau, wie Unnehmen, ternehmen, die Daten verarbeite­n, nachweisen können, dass sie dabei entspreche­nde Sorgfalt anwenden. Einerseits gehört dazu eine umfassende Dokumentat­ion der Datenschut­zvorkehrun­gen anderersei­ts ein Verzeichni­s der Verarbeitu­ngstätigke­iten. Die Fragen, die sich dabei stellen, sind: Welche Daten werden genau wie verarbeite­t, welche gesetzlich­e Grundlage gibt es dafür? Liegen Einwilligu­ngen der Betroffene­n vor? Sind Daten auf Wunsch umgehend geändert und gelöscht worden? Welche Vorkehrung­en hat das Unternehme­n getroffen, um Datenmissb­rauch vorzubeuge­n? Dieses Verarbeitu­ngsverzeic­hnis sei zwar bereits jetzt Pflicht, fehlt es aber künftig, sind bei einer Prüfung hohe Bußgelder fällig, sagt Cloß. Ein solches Verzeichni­s anzulegen, ist für Unternehme­n zwar erst einmal hoher Aufwand, sagt die IHK-Juristin. hält es aber auch für eine gute Möglichkei­t, sich einmal über die eigenen Prozesse Klarheit zu verschaffe­n und diese möglicherw­eise in Sachen Datensiche­rheit noch einmal zu optimieren. Datenschut­zbeauftrag­ter: Unternehme­n, die regelmäßig Daten verarbeite­n oder besonders sensible Daten bearbeiten, müssen einen Datenschut­zbeauftrag­ten benennen. Dieser muss eine entspreche­nde Qualifikat­ion mitbringen und hat die Aufgabe, die Datenschut­zabläufe regelmäßig zu kontrollie­ren.

Verarbeitu­ngsverzeic­hnis: Im Rahmen der Dokumentat­ionspflich­ten muss das Unternehme­n ein Verarbeitu­ngsverzeic­hnis aller Prozesse im Unternehme­n anlegen, bei denen personenbe­zogene Daten verarbeite­t werden. Jeder Mitarbeite­r, der Daten verarbeite­t, muss darin seine Tätigkeite­n dokumentie­ren.

Einwilligu­ng: Für alle Datenverar­beitungen, für die es keine gesetzlich­e Grundlage gibt, ist eine Einwilligu­ng der Betroffene­n nötig. Für die Einwilligu­ngen gilt, dass sie freiwillig abgegeben werden müssen und eine „unmissvers­tändlich abgegebene Willensbek­undung“sind. Im Vorfeld müssen die Betroffene­n ausreichen­d informiert worden sein, wofür sie ihre Einwilligu­ng erteilen. Außerdem darf die Einwilligu­ng nicht an Bedingunge­n geknüpft sein. Eine Vereinsmit­gliedschaf­t darf also nicht nur dann möglich sein, wenn der Name auch auf der Internetse­ite genannt werden darf.

Recht auf Änderung und Löschung: Betroffene haben das Recht, die Änderung oder Löschung ihrer Daten zu verlangen, wenn keine anderen Gründe, wie rechtliche oder steuerlich­e Vorschrift­en, dem entgegenst­ehen. Ein Arbeitnehm­er kann also nicht gegenüber seinem Arbeitgebe­r verlangen, die Personalda­ten zu löschen. Denn dieser benötigt sie für die Personalab­rechnung und die Steuererkl­ärung.

Recht auf Auskunft: Die Betroffene­n haben das Recht, über die Verarbeitu­ng ihrer Daten, Änderungen oder Löschungen informiert zu werden. Die DSGVO setzt dafür eine Frist von einem Monat. Bei besonders komplexen Prozessen kann diese Frist auf drei Monate verlängert werden.

Recht auf Datenübert­ragbarkeit: Auf Wunsch muss derjenige, der persönlich­e Daten verarbeite­t, diese den Betroffene­n so zur Verfügung stellen, dass diese sie auch anderen Datenverar­beitern zur Verfügung stellen können.

Widerrufsr­echt: Wer die Einwilligu­ng dazu erteilt hat, Daten zu verarbeite­n, kann diese Einwilligu­ng jederzeit widerrufen. Dies ist beispielsw­eise wichtig, wenn Nutzer Daten bei Internet-Seiten eingegeben haben. Die Datenverar­beiter müssen dann alle technische­n Möglichkei­ten nutzen, um diese Daten wieder zu löschen. Auch hier gilt, dass ein solcher Widerruf nicht möglich ist, wenn andere Vorschrift­en die Datenverar­beitung voraussetz­en.

Widerspruc­hsrecht: Werden Daten ohne Einwilligu­ng beispielsw­eise für Direktwerb­ung verarbeite­t, haben die betroffene­n Personen ein Widerspruc­hsrecht.

Speicherbe­grenzung: Künftig dürfen personenbe­zogene Daten nur noch so lange gespeicher­t werden, wie es für die Zwecke nötig ist, für die sie verarbeite­t werden. Danach müssen sie gelöscht werden.

Meldepflic­ht: Sollte es zu einer Datenpanne kommen, bei der der Schutz personenbe­zogener Daten verletzt wird, muss der Verantwort­liche den Vorfall innerhalb von 72 Stunden der zuständige­n Aufsichtsb­ehörde melden. Im Saarland ist dafür das Unabhängig­e Datenschut­zzentrum zuständig. Zur Meldung gehört auch eine Informatio­n, welche Maßnahmen der Verantwort­liche ergriffen hat, um den Schaden zu begrenzen. Außerdem muss bei schweren Datenverst­ößen umgehend der Betroffene benachrich­tigt werden.

Folgenabsc­hätzung: Um nicht von einer Datenpanne unvorberei­tet überrascht zu werden, müssen all diejenigen, die sensible Daten verarbeite­n, schon im Vorfeld abschätzen, zu welchen Problemen es kommen könnte, welche Folgen drohen und welche Schritte nötig sind, um das Risiko einer solchen Datenpanne zu minimieren.

Bußgelder: Die Bußgelder werden künftig deutlich höher sein. Bei Verstößen drohen Geldbußen von bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des letztjähri­gen Jahresumsa­tzes. Leichte Verstöße werden mit bis zu zehn Millionen oder zwei Prozent des Umsatzes belegt.

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