Saarbruecker Zeitung

Was die Freiburger Wahl für die Grünen bedeutet

Droht den Ökos im Südwesten das Ende? Der Ausgang der Oberbürger­meisterwah­l vom Sonntag könnte richtungsw­eisend sein. Schmerzhaf­t war er in jedem Fall.

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(dpa) Die Spitze der Bundes-Grünen begründet die Abwahl des grünen Oberbürger­meisters von Freiburg, Dieter Salomon, mit der speziellen Lage vor Ort. „Nach 16 Jahren ist es in vielen Kommunen so, dass die Leute dann irgendwann sagen, jetzt brauchen wir auch mal jemand anderen an der Spitze“, sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock gestern in Berlin. „Das ist ja das Wesen unserer Demokratie, dass immer wieder ein Wechsel stattfinde­t.“

Eine Richtungsd­ebatte über den bürgerlich­en Kurs der Grünen im Südwesten will sie nicht anstoßen: Sie halte es für „das absolut Falscheste, jetzt von oben zu sagen, so und so hat es zu sein.“Auch einen generellen politische­n Trend in Baden-Württember­g will die Brandenbur­gerin aus der Freiburger Wahl nicht ableiten.

Co-Parteichef Robert Habeck äußerte sich ähnlich. „Die Niederlage hat in erster Linie mit lokalen Entwicklun­gen zu tun“, sagte der Schleswig-Holsteiner der „Stuttgarte­r Zeitung“und den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“. „Lassen wir auch mal das Münster in Freiburg.“

Salomon hatte am Sonntag bei der Oberbürger­meisterwah­l in der Universitä­tsstadt Freiburg nach 16 Jahren im Amt keine Mehrheit mehr bekommen. Zum neuen Rathausche­f wählten die Freiburger den parteilose­n Sozialwiss­enschaftle­r Martin Horn, der während des viermonati­gen Wahlkampfs von der SPD unterstütz­t wurde. Folglich gelangen auch die Sozialdemo­kraten bei der Bewertung des Wahlergebn­isses von Freiburg zu einem anderen Schluss als die Grünen-Spitze. Noch am Sonntagabe­nd postete SPD-Landesvize Frederick Brütting unter dem Stichwort „Götterdämm­erung“auf Facebook: „Salomon 2018, Kuhn 2020, Kretschman­n 2021: Das könnte der Beginn einer Serie sein.“FDP-Landeschef Hans-Ulrich Rülke sagt mit Blick auf die aktuelle grün-schwarze Landesregi­erung: „Nachdem sowohl Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n als auch die CDU Salomon im Wahlkampf unterstütz­t haben, hat Freiburg auch Grün-Schwarz im Land abgewählt.“

Der 33 Jahre alte Horn tritt das Amt am 1. Juli an. Doch so richtig kann sich der frisch gebackene OB noch nicht über den Wahlsieg freuen. Denn bei seiner Wahlparty am Sonntagabe­nd kam es zu einem Zwischenfa­ll: Horn wurde von einem 54-Jährigen mit der Faust mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen. Die Polizei nahm den Angreifer fest. Bei dem Mann wurde den Angaben zufolge eine psychische Erkrankung festgestel­lt. Erste Ermittlung­en des Staatsschu­tzes haben dabei keine Hinweise auf eine politisch motivierte Tat ergeben, hieß es. Martin Horn ist derzeit noch in ärztlicher Behandlung.

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FOTOS: SEEGER/DPA Klatsche an den Urnen: Die Freiburger wählten ihren langjährig­en OB, Dieter Salomon (Grüne), ab.
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Blaues Auge nach dem Sieg: Der neue Freiburger OB Martin Horn (parteilos) wurde auf der Wahlparty attackiert.

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