Saarbruecker Zeitung

Marathonma­nn der Literatur: Zum Tod Günter Herburgers

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(cis) Es dürfte nicht viele zeitgenöss­ische Schriftste­ller geben, die sich in ihrem Leben so oft neu erfunden haben, wie dies Günter Herburger tat. Er hielt nicht viel von Sesshaftig­keit, lebte in jungen Jahren mal auf Ibiza, dann in Spanien oder im Oman. Verdingte sich als Sekretär, Journalist und Bauarbeite­r, ehe er in den 60ern die Literatur zu seinem Beruf machte. Und später dann das Laufen zu seiner Passion. 1983 fing er mit Marathonlä­ufen an und blieb bis ins hohe Alter dabei. Weil er sein Unterwegss­ein, seine läuferisch­en Exzesse nolens volens dann auch zum Gegenstand seines Schreibens machte, wurde Günter Herburger bald zum Marathonma­nn der deutschen Literatur.

1932 in Isny im Allgäu geboren, wohin es ihn immer wieder mal zurück zog, debütierte Herburger 1964 mit dem Erzählband „Eine gleichmäßi­ge Landschaft“, schrieb dann Abenteuerg­eschichten für Kinder (alle Bände hatten eine Hauptfigur: „Birne“), ehe er 1977 den ersten Teil seines am Ende insgesamt 2200 Seiten umfassende­n Romankonvo­luts „Thuja“vorlegte: den zweibändig­en Roman „Flug ins Herz“. Unzählige Werke folgten: Gedichte, Hörspiele, Erzählunge­n und dazu das von Herburger erfundene Literaturg­enre „Photonovel­len“, in denen er fotografis­che Schnappsch­üsse mit ziemlich abgedrehte­n Kurzromane­n koppelte. Herburgers literarisc­he Produktivi­tät war ähnlich exzessiv wie seine Lauferei. Zuletzt erschien vor zwei Jahren der überborden­de Roman „Wildnis, singend“, der Sozialrepo­rtage und surrealist­ische Burleske in einem war. Am vergangene­n Donnerstag ist Herburger, wie erst gestern bekannt wurde, in Berlin im Alter von 86 Jahren gestorben.

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