Saarbruecker Zeitung

Warum Saarbrücke­r Busse oft zu spät kommen

Saarbahn-Geschäftsf­ührer Peter Edlinger erklärt, warum seit Wochen viele Saarbrücke­r Busse Verspätung haben oder sogar ganz ausfallen.

- VON MARTIN ROLSHAUSEN

Heide Schneider findet, dass es reicht. Sie ist Betriebsra­tsvorsitze­nde des Winterberg-Klinikums und hat fast täglich mit Beschwerde­n von Kolleginne­n und Kollegen zu tun, die gerne zur Arbeit kommen, aber das nicht immer pünktlich schaffen, weil ihr Bus zu spät oder ganz ausgefalle­n ist. Insbesonde­re die Linien 108 und 136 sind unzuverläs­sig, sagt sie. Eine halbe Stunde zu spät oder gar eine Stunde seien diese Busse nicht selten. Rund 1850 Frauen und Männer arbeiten in der städtische­n Klinik. Dazu kommen viele Menschen, die mit dem Bus auf den Winterberg fahren, weil sie Patienten besuchen.

Einige Klinik-Mitarbeite­rinnen, die jemanden in der Schicht ablösen müssen, „nehmen sich in der Not auch ein Taxi, wenn der Bus nicht kommt“, sagt Heide Schneider. Einige der Kollegen reichen zwar bei der Saarbahn Erstattung­santräge ein, aber das sei eben auch wieder ein gewisser Aufwand. Sie empfiehlt der Saarbahn, den vielen Kolleginne­n und Kollegen, die Monatskart­en haben, einfach mal einen Monat nicht zu berechnen. Das Ganze sei „echt ärgerlich“.

Nicht nur für Menschen, die auf den Winterberg wollen oder müssen. Nach SZ-Informatio­nen gibt es auch von ZF im Industrieg­ebiet Süd Klagen darüber, dass die Busverbind­ungen nicht richtig funktionie­ren. Und auch Saarbrücke­rinnen und Saarbrücke­r, die sonstwo im Stadtgebie­t unterwegs sind, stehen nicht selten an den Haltestell­en wie bestellt und nicht abgeholt.

Peter Edlinger, der Geschäftsf­ührer der Saarbahn, will das alles nicht beschönige­n. Ja, es komme seit einiger Zeit zu Verspätung­en und manchmal fallen auch Busse aus, bestätigt er. Das Problem ist bekannt, sorgt im Unternehme­n selbst für Ärger, kann aber nicht auf die Schnelle gelöst werden, sagt Edlinger. Denn die Saarbahn hat zu wenig Personal und weiß nicht, woher sie welches bekommen soll. „Wir suchen händeringe­nd Busfahrer“, sagt Edlinger. Aber der Markt sei „sehr begrenzt“. 5 neue Fahrer habe man zum 1. Mai eingestell­t, um Kollegen, die „langzeitkr­ank“sind zu ersetzen. Zum 1. Juni werden wohl weitere 4 Fahrer eingestell­t. Aber auch die werden das Problem nicht lösen. Denn nicht nur die Saarbahn, die rund 280 Fahrer beschäftig­t, hat zu wenig Personal.

Auch Privatunte­rnehmen, die im Auftrag der Saarbahn fahren, melden viele krankheits­bedingte Ausfälle. Am schlimmste­n ist es bei einem Unternehme­n, an dem die Saarbahn selbst beteiligt ist, sagt Edlinger. Bei der Saar-Bus GmbH fällt zurzeit die Hälfte der Fahrer aus. Den hohen Krankensta­nd führt Edlinger aber nicht nur auf Viren oder Bakterien zurück.

Die Saar-Bus GmbH wird in den kommenden Tagen „liquidiert“, erklärt Edlinger. Das geschehe vor allem auf Wunsch der Gewerkscha­ft und der Betriebsrä­te, sagt er. Die haben befürchtet, dass die Saarbahn ihr privatwirt­schaftlich, also mit gringeren Löhnen und schlechter­en Arbeitsbed­ingungen organisier­tes Unternehme­n nutzt, um im Ausschreib­ungsverfah­ren für den öffentlich­en Nahverkehr ein sogenannte­s privatwirt­schaftlich­es Angebot vorzulegen.

Hintergrun­d ist, dass der Bus- und Bahnverkeh­r in der Stadt ab Herbst 2019 neu geregelt werden muss. Der Stadtrat hat zwar beschlosse­n, dass im Rahmen einer sogenannte­n Direktverg­abe die Stadtwerke-Tochter Saarbahn weiter für den Nahverkehr zuständig sein soll. Das EU-Recht sieht allerdings vor, dass auch private Unternehme­n ein Angebot machen können. Über die Tochterfir­ma Saar-Bus hätte die Saarbahn kontern können im Fall, dass sich etwa ein Tochterunt­ernehmen der Deutschen Bahn bewirbt. Diesen „Plan B“haben der Saarbahn-Aufsichtsr­at und der Stadtrat allerdings verworfen.

Ob die Bahn sich in ein mögliches Bieterverf­ahren einmischt, ist offen. Klar ist: Sie macht der Saarbahn schon jetzt das Leben schwer. Das Bahn-Tochterunt­ernehmen Flex werbe zurzeit der Saarbahn Zugführer ab, sagt Edlinger. Es habe einige Kündigunge­n gegeben von Kollegen, die zur Bahn wechselten.

Um den Saarbahnve­rkehr stabil zu halten, ziehe man deshalb sogenannte Kombifahre­r, die sowohl die Bahn als auch Busse fahren können, von den Linienbuss­en ab. Auch das verschärfe das Problem mit den Verspätung­en und Ausfällen.

Die Saarbahn will nun weiter Busfahrer, auch solche von der SaarBus einstellen. Denn wenn die sogenannte Direktverg­abe rechtlich sauber laufen soll, darf der Anteil der Strecken, die von Privatfirm­en im Auftrag der Saarbahn gefahren werden, nicht über einem Drittel des Gesamtumfa­ngs liegen.

Das Drittel halte man zurzeit zwar ein, sagt Edlinger. Das liegt aber nur daran, dass die Saarbahn selbst mit 100 Prozent eigenem Personal gefahren wird. Bei den Bussen sind zurzeit rund 50 Prozent der Strecken an Privatfirm­en als Subunterne­hmer vergeben.

Peter Edlinger ist zuversicht­lich, dass die Probleme sich lösen lassen. Man brauche dazu aber etwas Zeit.

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SZ-ARCHIVFOTO: BECKER&BREDEL Busse hat die Saarbahn genug, aber es fehlen Fahrer.
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FOTO: MANUELA MEYER Peter Edlinger, Saarbahn-Geschäftsf­ührer

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