Wirbel um Auftritt von Sarah Wiener im Saarland
Das Land vergibt einen „Nachhaltigkeitspreis“. Das Honorar für die Referenten ist sieben Mal so hoch wie das Preisgeld.
Der saarländische Umweltminister Reinhold Jost (SPD) vergibt in diesem Jahr zum ersten Mal einen Nachhaltigkeitspreis. Noch bis zum 18. Mai können sich Vereine, Verbände und Unternehmen beim Ministerium dafür vorschlagen lassen, ebenso Privatpersonen. Fachleute der Behörde entscheiden über die Auszeichnung. Der Minister stellt 1000 Euro für ein „künftiges Nachhaltigkeitsprojekt“in Aussicht, teilt seine Pressestelle mit.
Jost wird den Preis bei der 2. Saarländischen Nachhaltigkeitskonferenz am 30. Mai im VHS-Zentrum Saarbrücken überreichen. Außerdem darf der Gewinner auf ein Selfie mit Sarah Wiener hoffen. Der Minister erwartet die Fernsehköchin als Hauptrednerin. Titel der Veranstaltung: „Nachhaltiger Konsum – Was ist (der) PreisWert?“.
Jost lässt sich die Konferenz mit Wiener etwa 15 000 Euro kosten. Gut die Hälfte fließt in Honorare – für 20-minütige Vorträge und eine Diskussionsrunde. Was bedeutet: Die Referenten erhalten mehr als das Siebenfache dessen, was der Minister an Preisgeld ausschüttet.
Wie teuer der Auftritt von Sarah Wiener wird, ist vom Ministerium nicht zu erfahren. Die Herausgabe von Vertragsdetails könne nur mit Zustimmung der Referenten erfolgen, heißt es. Die SZ fragt bei Lisa Hücking nach, der Persönlichen Referentin der Österreicherin. Wiener freue sich auf die Reise ins Saarland, richtet Hücking aus. Zum Honorar könne sie leider keine Auskunft geben. Sie bittet um Verständnis.
Nicht nur Wiener erhält Geld für ihren Vortrag. Auch Tobias Brönneke, Professor für Wirtschaftsrecht und Experte für Verbraucherschutz von der Hochschule Pforzheim, teilt sein Wissen nicht ohne Gegenleistung. Sprechen wird außerdem Horst Lang, beim Handelskonzern Globus verantwortlich für das Qualitätsmanagement. Lang hat laut Ministerium bisher keinen Honorarwunsch geäußert.
Das Umweltministerium rechnet bei der Konferenz mit 150 Teilnehmern. Die Zielgruppe fasst man weit. „Wir möchten in Erfahrung bringen, was die saarländischen Bürgerinnen und Bürger über Nachhaltigkeit im alltäglichen Konsumverhalten denken“, sagt Sabine Schorr, die Pressesprecherin von Reinhold Jost.
Der Minister will die Konferenz etablieren, sie mindestens alle zwei Jahre in der Region ausrichten. Dabei setzt er offenbar auf prominente Gäste – als Zugpferde. Und das nicht zum ersten Mal. Im Juli 2016 erlebte die Veranstaltung ihre Premiere in Otzenhausen. Damals verpflichtete Jost den Klimaforscher Mojib Latif und Timo Leukefeld, den Energiebotschafter der Bundesregierung. Nun folgt Sarah Wiener, die einem breiten Publikum vertrauter sein dürfte als die beiden Wissenschaftler. Sie befasst sich mit Kochen und Ernährung – populären Themen.
Vor zwei Jahren umfasste das Programm der Konferenz auch Workshops mit Bürgern. Die Ergebnisse flossen Jost zufolge in die Nachhaltigkeitsstrategie seines Hauses ein. Sie benennt „Handlungsfelder“wie Bildung, Demographie, Mobilität, auch finanzielle Nachhaltigkeit.
Jost präsentierte die Strategie im vergangenen Jahr in einer Regierungserklärung, zwei Monate vor der Landtagswahl. Der Sozialdemokrat sprach von einem „Masterplan für die Entwicklung unseres Landes“. An der Strategie müssten sich zukünftige Regierungen und politisch Handelnde messen lassen.
Hohe Maßstäbe an die Politik legt auch der Bund der Steuerzahler im Saarland an. Die Kosten für die Konferenz des Umweltministeriums hielten sich im Rahmen, meint der Landesvorsitzende Christoph Walter: „Da haben wir schon ganz andere Dinge erlebt.“Die 1000 Euro, die Jost als Preisgeld verteilen wird, betrachtet Walter als Anerkennung, weniger als Förderung. „Damit kann keiner einen großen Sprung machen“, sagt er.