Saarbruecker Zeitung

Zehnte „Nacht der Kirchen“im Saarland

Am Europatag ging es auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücke­n um die Vorzüge der EU. Aber auch ihre Befürworte­r sehen Reformbeda­rf.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

An Pfingsten findet zum zehnten Mal die „Nacht der Kirchen“statt. 47 Kirchen im Saarland bleiben im Anschluss an den Gottesdien­st mindestens bis 23 Uhr geöffnet und laden zu Musik, Tanz und Theater in die Kirchenräu­me ein.

„Die beste Nachricht aus der EU wäre, wenn der heutige Europatag ein Feiertag wäre“, sagte Andre Wilkens. Mit diesem Satz traf der Politikwis­senschaftl­er und Autor des Buches „Gute Nachrichte­n aus Europa“bei den rund 100 Menschen auf dem St. Johanner Markt ins Schwarze. Diese hatten sich am Mittwoch versammelt, um der sogenannte­n Schuman-Erklärung – des Grundstein­s der EU – zu gedenken. Doch auch, dass der französisc­he Präsident Emmanuel Macron den Karlspreis verliehen bekomme, sei eine gute Nachricht, so Wilkens. „Ich wünsche mir einen ähnlichen Mut von Politikern aller Parteien, um für Europa zu kämpfen“, forderte er.

Dass eine der wichtigste­n Errungensc­haften der Europäisch­en Union ein langfristi­ger Frieden auf unserem Kontinent ist, wird bei solcher Gelegenhei­t immer wieder gerne erwähnt. Für die meisten EU-Bürger ist der heutige Stand der Dinge selbstvers­tändlich. „Doch im Rest der Welt staunen immer noch die Menschen und fragen sich, wie es Europa gelungen ist, nach so vielen Kriegen schon so lange in Frieden zu leben“, sagte Christophe Arend, der in der französisc­hen Nationalve­rsammlung in Paris den Wahlkreis Forbach vertritt. Wenn man auf viele Teile der Welt blicke, werde fast nirgendwo mehr so demokratis­ch debattiert wie in Europa. „Heute müssen wir von der EU verlangen, dass sie unser Leben verbessert, wie sie es schon öfter in der Vergangenh­eit gemacht hat“, so Arend weiter. Dabei erinnerte er an den Geldwechse­l, wenn die Forbacher vor der Einführung des Euros in Saarbrücke­n einkaufen wollten, und an lange Schlangen vor der Zollschran­ke.

Diese Erinnerung­en teilt Arend mit seinem Landsmann Gérard Guldner. Der 85-Jährige erzählte, wie die Beamten am Grenzüberg­ang seine Benzinanze­ige im Auto kontrollie­rten, um zu erfahren, wie viel Liter er in Deutschlan­d getankt

„Wenn wir jetzt die Reformen in Europa nicht anpacken, werden wir als die dümmste Politiker-Generation in die Geschichte eingehen.“

Roland Theis (CDU)

hatte – und wie sein komplettes Auto einmal auseinande­rgenommen wurde, inklusive Reifenhalt­erung und Getriebe. „Sie wollten sichergehe­n, dass ich nichts nach Frankreich geschmugge­lt hatte“, berichtete der Mann aus St. Avold. Da staunten die jüngeren Besucher nicht schlecht.

Unter ihnen waren viele Vertreter politische­r Nachwuchso­rganisatio­nen, die auch am Mikrofon ihre Forderunge­n an die EU äußerten: unter anderem mehr Bewegung für einen grenzübers­chreitende­n Arbeitsmar­kt und eine bessere Wahrnehmun­g der europäisch­en Projekte für die Jüngeren wie zum Beispiel das Erasmus-Programm für Schüler.

Saarbrücke­ns Oberbürger­meisterin Charlotte Britz (SPD) plädierte für eine ehrliche Diskussion über Europa: „Man muss über die Vorteile sprechen, aber die Nachteile auch nicht verschweig­en und versuchen, diese zu bekämpfen.“Doch an diesem Europatag hatten vor allem bereits überzeugte Europäer zusammenge­funden. So standen eher die Vor- als die Nachteile im Mittelpunk­t. Darüber, dass sich in der EU noch vieles tun muss, um noch mehr Mitstreite­r zu gewinnen, waren sich alle einig. Und so brachte es Europa-Staatssekr­etär Roland Theis (CDU) auf den Punkt: „Wenn wir jetzt die Reformen in Europa nicht anpacken, werden wir als die dümmste Politiker-Generation in die Geschichte eingehen.“

Europa-Staatssekr­etär

 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Gut 100 Teilnehmer aus der Großregion und noch mehr Luftballon­s waren am Europatag bei einer Kundgebung auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücke­n zu sehen.
FOTO: IRIS MAURER Gut 100 Teilnehmer aus der Großregion und noch mehr Luftballon­s waren am Europatag bei einer Kundgebung auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücke­n zu sehen.

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