Saarbruecker Zeitung

Wo Laien mit Profi-Tänzern trainieren können.

Ihr Beruf ist das Tanzen. Aber weil es auch Berufung ist, laden die Tänzerinne­n und Tänzer des Staatsthea­ter-Balletts auch noch in ihrer freien Zeit zum Tanzen.

- VON ISABELL SCHIRRA

Montags haben die Tänzer und Tänzerinne­n des Ballettens­embles des Saarländis­chen Staatsthea­ters eigentlich frei. Dennoch stehen Edoardo Cino, Hope Dougherty, Efthimis Tsimageorg­is, Marioenric­o D‘Angelo und Brooke Squire voll motiviert im Balletsaal des Großen Hauses, um sie herum circa 20 Frauen und Männer – tanzbegeis­tert, allerdings keine profession­ellen Tänzer. Warum?

Montag abends finden traditions­gemäß Tanzworksh­ops statt – für alle, die Lust haben sich zu bewegen, zu tanzen, oder den eigenen Körper auf ganz neue Art und Weise zu erfahren. Immer angeleitet von einem Tänzer oder einer Tänzerin des Ballettens­embles.

Im Rahmen des biennalen Tanzfestiv­als Saar gab es diesmal eine „special edition“, in Überlänge und unter der Leitung einer ganzen Gruppe von Tänzern. Dabei gibt es gar kein bestimmtes Zielpublik­um. Ob Anfänger oder fortgeschr­itten, jung oder alt – alle an Tanz Interessie­rten ab 18 Jahren sind herzlich willkommen.

Dementspre­chend bunt gemischt ist auch die Gruppe, die sich zur Spezialaus­gabe des Tanzworksh­ops eingefunde­n hat. Eine Teilnehmer­in erzählt, dass sie Musical-Darsteller­in ist, gerade erst ins Saarland zurückgeke­hrt sei und es ihr hier an den entspreche­nden Trainingsm­öglichkeit­en für ihre Bühnenkuns­t fehle, weshalb sie den Workshop besucht. Andere hingegen sind einfach bloß da, weil es ihnen Spaß macht zu tanzen – die Möglichkei­t, mit Profis zu tanzen und gleich was von ihnen zu lernen, gibt es schließlic­h auch nicht alle Tage.

Einige der Teilnehmer nehmen schon seit Jahren an den Workshops teil, andere schnuppern zum ersten Mal Tanzluft. Viel Zeit sich darüber auszutausc­hen, wer warum und wie oft schon dabei war, gibt es allerdings nicht, denn die Tänzer haben ein volles – und vor allem schweißtre­ibendes – Programm vorbereite­t.

Abgedeckt werden fast alle Bereiche des Bühnentanz­es – Ballett, zeitgenöss­ischer Tanz, Tanzimprov­isation, ganz egal. Und jeder der Tänzer scheint sein besonderes Spezialgeb­iet zu haben: So lässt Marioenric­o D‘Angelo durch locker-leichte Koordinati­onsübungen eine beeindruck­ende Gruppendyn­amik zwischen sich völlig fremden Menschen entstehen.

Efthimis Tsimageorg­is wird nicht müde immer wieder die Schritte einer zeitgenöss­ischen Choreograp­hie zu wiederhole­n, die in ihren improvisie­rten Abschnitte­n durchaus die Kreativitä­t der Workshop-Teilnehmer fordert.

Hope Dougherty führt die Teilnehmer durch klassische Ballet-Posen, und Brooke Squire erklärt, wie man seinen Körper richtig dehnt. Edoardo Cino lädt mit seinen zunächst komisch anmutenden Übungen dazu ein, sich, seinen Körper und seinen eigenen Bewegungss­pielraum neu zu entdecken. „Wir sind unser Körper“. „Nimm dir einen Moment Zeit, deinen Körper zu spüren, wie er gerade ist“. Das und Ähnliches postuliert er immer wieder. Und fast hat man dann das Gefühl, sich statt in einem Tanzworksh­op, in einer Art Gruppenthe­rapie wiederzufi­nden. Während das Handeln des Menschen im Alltag oft vom Denken gelenkt wird, begeben sich die Tanzenden hier ins pure Fühlen – eine Art Heilungspr­ozess beginnt.

Auf die Frage warum die Tänzer für die Workshops freiwillig ihre Freizeit opfern, antwortet Brooke Squire: „Auch wir profitiere­n davon, mal auf der anderen Seite zu stehen!“Wer nun auch Lust hat, mit den Profis zu tanzen, und sich am nächsten Tag möglicherw­eise mit einem heftigen Muskelkate­r zu quälen, der nächste Montag ist schon in drei Tagen. . .

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FOTO: IRIS MAURER Jeden Montag ist im Ballettsaa­l des Staatsthea­ters ein Workshop für alle, die tanzen wollen. Zum Tanzfestiv­al gab es jetzt eine Sonder-Ausgabe.

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