Wo Laien mit Profi-Tänzern trainieren können.
Ihr Beruf ist das Tanzen. Aber weil es auch Berufung ist, laden die Tänzerinnen und Tänzer des Staatstheater-Balletts auch noch in ihrer freien Zeit zum Tanzen.
Montags haben die Tänzer und Tänzerinnen des Ballettensembles des Saarländischen Staatstheaters eigentlich frei. Dennoch stehen Edoardo Cino, Hope Dougherty, Efthimis Tsimageorgis, Marioenrico D‘Angelo und Brooke Squire voll motiviert im Balletsaal des Großen Hauses, um sie herum circa 20 Frauen und Männer – tanzbegeistert, allerdings keine professionellen Tänzer. Warum?
Montag abends finden traditionsgemäß Tanzworkshops statt – für alle, die Lust haben sich zu bewegen, zu tanzen, oder den eigenen Körper auf ganz neue Art und Weise zu erfahren. Immer angeleitet von einem Tänzer oder einer Tänzerin des Ballettensembles.
Im Rahmen des biennalen Tanzfestivals Saar gab es diesmal eine „special edition“, in Überlänge und unter der Leitung einer ganzen Gruppe von Tänzern. Dabei gibt es gar kein bestimmtes Zielpublikum. Ob Anfänger oder fortgeschritten, jung oder alt – alle an Tanz Interessierten ab 18 Jahren sind herzlich willkommen.
Dementsprechend bunt gemischt ist auch die Gruppe, die sich zur Spezialausgabe des Tanzworkshops eingefunden hat. Eine Teilnehmerin erzählt, dass sie Musical-Darstellerin ist, gerade erst ins Saarland zurückgekehrt sei und es ihr hier an den entsprechenden Trainingsmöglichkeiten für ihre Bühnenkunst fehle, weshalb sie den Workshop besucht. Andere hingegen sind einfach bloß da, weil es ihnen Spaß macht zu tanzen – die Möglichkeit, mit Profis zu tanzen und gleich was von ihnen zu lernen, gibt es schließlich auch nicht alle Tage.
Einige der Teilnehmer nehmen schon seit Jahren an den Workshops teil, andere schnuppern zum ersten Mal Tanzluft. Viel Zeit sich darüber auszutauschen, wer warum und wie oft schon dabei war, gibt es allerdings nicht, denn die Tänzer haben ein volles – und vor allem schweißtreibendes – Programm vorbereitet.
Abgedeckt werden fast alle Bereiche des Bühnentanzes – Ballett, zeitgenössischer Tanz, Tanzimprovisation, ganz egal. Und jeder der Tänzer scheint sein besonderes Spezialgebiet zu haben: So lässt Marioenrico D‘Angelo durch locker-leichte Koordinationsübungen eine beeindruckende Gruppendynamik zwischen sich völlig fremden Menschen entstehen.
Efthimis Tsimageorgis wird nicht müde immer wieder die Schritte einer zeitgenössischen Choreographie zu wiederholen, die in ihren improvisierten Abschnitten durchaus die Kreativität der Workshop-Teilnehmer fordert.
Hope Dougherty führt die Teilnehmer durch klassische Ballet-Posen, und Brooke Squire erklärt, wie man seinen Körper richtig dehnt. Edoardo Cino lädt mit seinen zunächst komisch anmutenden Übungen dazu ein, sich, seinen Körper und seinen eigenen Bewegungsspielraum neu zu entdecken. „Wir sind unser Körper“. „Nimm dir einen Moment Zeit, deinen Körper zu spüren, wie er gerade ist“. Das und Ähnliches postuliert er immer wieder. Und fast hat man dann das Gefühl, sich statt in einem Tanzworkshop, in einer Art Gruppentherapie wiederzufinden. Während das Handeln des Menschen im Alltag oft vom Denken gelenkt wird, begeben sich die Tanzenden hier ins pure Fühlen – eine Art Heilungsprozess beginnt.
Auf die Frage warum die Tänzer für die Workshops freiwillig ihre Freizeit opfern, antwortet Brooke Squire: „Auch wir profitieren davon, mal auf der anderen Seite zu stehen!“Wer nun auch Lust hat, mit den Profis zu tanzen, und sich am nächsten Tag möglicherweise mit einem heftigen Muskelkater zu quälen, der nächste Montag ist schon in drei Tagen. . .