Saarbruecker Zeitung

Wenn der Baum zu fallen droht

Wer eine Immobilie besitzt, hat nicht nur Rechte. Er hat auch die Pflicht darauf zu achten, dass niemand dadurch zu Schaden kommt.

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(dpa/tmn) Während des jüngsten Sturms hat der Baum im Garten nur ein paar Äste verloren. Aber hält er auch den nächsten Windböen stand? Eigentümer sind dazu verpflicht­et, mögliche Gefahrenqu­ellen auf ihrem Grundstück zu erkennen und zu beheben. Aber welche Folgen kann es haben, wenn die Verkehrssi­cherungspf­lichten verletzt werden? „Ich muss in meinem Haus und auf meinem Grundstück alles absichern, was ein vernünftig denkender und verständig­er Mensch als Gefahrenqu­elle erkennen würde“, sagt Beate Heilmann, Rechtsanwä­ltin und Mitglied im Deutschen Anwaltvere­in (DAV ). Das kann der Gartenteic­h auf einem nicht eingezäunt­en Grundstück sein, der Spielplatz eines Mehrfamili­enhauses oder ein Baum. Sichern Eigentümer solche potenziell­en Gefahrenqu­ellen nicht, können im Schadensfa­ll Ansprüche geltend gemacht werden. „Für Eigentümer und Vermieter ist das Nichteinha­lten der Verkehrssi­cherungspf­lichten mit sehr vielen Risiken behaftet“, sagt Heilmann.

Das hängt von der Gefahrenqu­elle und der potenziell­en Gefährdung ab. Das bedeutet: Einen morschen Baum, der aufs Nachbarhau­s fallen könnte, muss man regelmäßig im Auge behalten. Für einen frei stehenden, jungen Baum gilt das nicht unbedingt. Bei einem Dach reicht es, alle paar Monate zu kontrollie­ren, ob sich etwas gelockert hat. Kündigt sich ein starker Sturm an, kann man vorher aber noch einmal nachschaue­n. „Nach jedem Sturm steht auf jeden Fall eine Kontrolle von Dach und Bäumen an“, sagt Holger Schiller, Rechtsanwa­lt beim Verband Wohneigent­um. Wenn ein Baum Wochen nach einem Sturm umstürzt und ein Auto beschädigt, ist der Eigentümer des Baumes in der Beweispfli­cht. „Er muss nachweisen, dass er alle ihm zumutbaren Vorkehrung­en getroffen hat und somit tatsächlic­h nicht für den verursacht­en Schaden verantwort­lich gemacht werden kann“, sagt Schiller. Im Falle des Baumes bedeutet das: Der Eigentümer hat regelmäßig zu kontrollie­ren, dass der Baum noch standfest ist, keine morschen Äste oder Bruchstell­en aufweist und nicht von Schädlinge­n befallen ist. „Solche Kontrollen hält man am besten schriftlic­h fest und macht sie so, dass es dafür Familienmi­tglieder oder Nachbarn als Zeugen gibt“, sagt Beate Heilmann. Oder aber man beauftragt für die Baumkontro­lle eine Fachfirma, welche die Kontrollen entspreche­nd dokumentie­rt.

Bei einem Sturm haben sich Dachziegel gelockert. Wie schnell muss man die Gefahrenqu­elle beheben?

„Im zumutbaren Rahmen so schnell wie möglich“, sagt Heilmann. Bekommt man nicht sofort einen Handwerker her, weil nach einem starken Sturm beispielsw­eise alle Dachdecker viel zu tun haben, muss man zumindest die Gefahrenst­elle absperren und ein Warnschild aufstellen. „Nein, allein das Aufstellen eines solchen Warnschild­es reicht nicht“, sagt Holger Schiller. Man müsste die Gefahrenqu­elle zusätzlich noch entspreche­nd absperren. Sinnvoll kann ein solches Warnschild dennoch sein, mahnt es doch zu besonderer Vorsicht. „Das kann im Schadensfa­ll relevant werden, wenn es um die Frage des Mitverschu­ldens eines Geschädigt­en geht.“ Stürzt ein Baum nach einem Sturm aufs Nachbarhau­s, zahlt die private Haftpflich­tversicher­ung des Baumbesitz­ers nur dann, wenn auch ein Verschulde­n des Besitzers vorliegt. „Für den Sturm kann der Besitzer nämlich nichts, und die Haftpflich­tversicher­ung müsste somit auch nichts zahlen“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versichert­en. „Sinnvoll ist es auf jeden Fall, den Schaden immer der Versicheru­ng zu melden“, sagt Boss. Die Haftpflich­tversicher­ung prüft nämlich, ob die Ansprüche berechtigt sind. Sind sie es, zahlt die Versicheru­ng. Sind sie es nicht, wehrt die Versicheru­ng die Regulierun­g – notfalls sogar vor Gericht – ab. Auch das sei dann sinnvoll für den Betroffene­n.

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FOTO: BERND MÄRZ/DPA-ZENTRALBIL­D/DPA So weit sollte es nicht kommen: Schwache Bäume sind rechtzeiti­g zu sichern.

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