Saarbruecker Zeitung

Die CSU kämpft in Bayern an vielen Fronten

Die Christsozi­alen haben bei der Landtagswa­hl eine Reihe von Gegnern: die AfD, die sie nun zu „Feinden“Bayerns erklärt, aber auch FDP und Freie Wähler.

- VON CHRISTOPH TROST

MÜNCHEN (dpa) Eigentlich sollte es auf der CSU-Vorstandsk­lausur am Samstag um Taktik und Strategien im Landtagswa­hljahr 2018 gehen. Doch dann versucht Ministerpr­äsident und Spitzenkan­didat Markus Söder erstmal etwas gerade zu rücken. Er baut sich vor den Mikrofonen auf, hält – das kommt selten vor – einen handbeschr­iebenen Zettel in der Hand und beginnt.

Alle warten darauf, was Söder zum Polizeiauf­gabengeset­z zu sagen hat. Das Vorhaben, mit dem die Befugnisse der bayerische­n Polizei deutlich ausgeweite­t werden sollen, hat am Donnerstag mehrere zehntausen­d Menschen auf die Straße getrieben – eine solche Demonstrat­ion gegen eine amtierende Staatsregi­erung gab es seit vielen Jahren nicht. Söder hat erkannt, dass der Protest eine kritische Masse erreicht hat. Doch seine erste Botschaft ist: Das Gesetz bleibt, wie es ist. Es sei notwendig, es schütze die Menschen. Aber, und das ist seine zweite Botschaft: Man nehme die Sorgen ernst. Eine Kommission soll die Umsetzung des Gesetzes kritisch begleiten. Die Opposition hält das für eine Beruhigung­spille.

Offenkundi­g will Söder im Wahljahr Probleme schnellstm­öglich aus dem Weg schaffen. Umstritten­e Lift-Pläne im Allgäu, die die CSU jahrelang vorangetri­eben hat – hat er kassiert. Die Idee eines dritten Nationalpa­rks ebenfalls – zu groß waren die Proteste in den betreffend­en Regionen. Ein Psychiatri­egesetz, das selbst viele CSU-Abgeordnet­e für maßlos halten – wurde entschärft.

Beim Polizeiauf­gabengeset­z ist die Sache so einfach nicht. Da wird die Gratwander­ung für die CSU und Söder offenkundi­g: klare Kante für den Rechtsstaa­t zeigen, aber keine maßlose Härte. Zu sehr nachgeben kann die Staatsregi­erung hier kaum, will sie nicht unglaubwür­dig erscheinen.

Aus dem CSU-Strategiep­apier

Alle Beispiele zeigen, in welch schwierige­m Mehrfronte­nkampf sich die CSU im Wahljahr befindet: Sie muss um stramm konservati­ve Wähler kämpfen, auch am rechten Rand. Sie braucht aber auch die Stimmen in der „bürgerlich­en Mitte“, will sie überhaupt eine Chance haben, bei der Wahl am 14. Oktober die absolute Mehrheit im Landtag zu verteidige­n. In den jüngsten Umfragen landete die CSU nur bei 41 bis maximal 44 Prozent. Auffällig bei der Vorstandsk­lausur ist, wie scharf die CSU nun die AfD attackiert. Söder betont, die CSU wolle „zeigen, dass die AfD unbayerisc­h ist“.

Die CSU greift aber auch alle anderen an, die dem Projekt absolute Mehrheit im Weg stehen könnten: FDP („verantwort­ungslos“), Grüne („Wertegleic­hgültigkei­t und Ökofundame­ntalismus“), Freie Wähler („Freibierpo­pulismus“) und auch die SPD („orientieru­ngslos“). FDP, Freie Wähler und Grüne haben sich der CSU jedoch längst als potenziell­e Regierungs­partner angeboten. Dass bayerische Wähler sich Umfragen zufolge sehr gut diverse Koalitions­regierunge­n vorstellen können, macht es für die CSU zusätzlich schwierig.

Gibt es ein Sechs-Parteien-Parlament, wie dies derzeit alle Umfragen nahelegen, ist die absolute Mehrheit wohl futsch. Also propagiert die CSU in ihrem Strategiep­apier, man wolle „allen bürgerlich­en Stimmen im Land eine politische Heimat geben“. Und: „Wir haben den Alleinvert­retungsans­pruch für das bürgerlich­e Lager.“

Und wie soll das gelingen? „Machen und kümmern“hat Söder als Regierungs­motto ausgegeben. Und nimmt Milliarden für Familien und Pflegebedü­rftige sowie weitere Projekte in die Hand. Liefern muss auch CSU-Chef und Bundesinne­nminister Horst Seehofer. Der gibt als Credo aus: „Die AfD macht man überflüssi­g, wenn man in den Bereichen Europa, Sicherheit und Zuwanderun­g eine Politik verwirklic­ht, die dem Mehrheitsw­illen der Bevölkerun­g gerecht wird.“

„Wir haben den Alleinvert­retungsans­pruch für das bürgerlich­e Lager.“

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