Saarbruecker Zeitung

Ein Kritiker der Förster schlägt Alarm

„30 Jahre naturnahe Waldwirtsc­haft im Saarland – Anspruch und Wirklichke­it“: Ehemaliger Umwelt-Staatssekr­etär fordert Umdenken.

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Borgers Vortrag stand unter der Überschrif­t: „Naturnahe Waldwirtsc­haft im Saarland – Anspruch und Wirklichke­it“. Er zeigte zu Beginn seines Vortrags Fotos von naturbelas­senen Mischwälde­rn.

„Viele verschiede­ne dicke und alte Bäume, dichter Bewuchs und viel natürliche­s Totholz zeichnen einen natürliche­n, unbeeinflu­ssten Wald aus. Heutzutage entspreche­n jedoch gerade noch 4,4 Prozent der deutschen Wälder dieser Beschreibu­ng“, so Borger: „Der moderne Wald muss mittlerwei­le viele, vor allem wirtschaft­liche Ansprüche erfüllen. Und man findet kaum noch Bäume, die älter als 140 Jahre alt sind.“

Die Holz verarbeite­nde Industrie fordere immer mehr standardis­iertes Holz als Rohstoff. Wie sich die industrial­isierte Forstwirts­chaft aus seiner Sicht auf die heimischen Wälder auswirkt, demonstrie­rte er anhand weiterer Fotos, unter anderem von tiefen schlammige­n Furchen, die tonnenschw­ere Erntemasch­inen in Waldböden gegraben hatten. Einige der Gäste berichtete­n von ähnlichen Beobachtun­gen im hiesigen Forst. „Solche massiven Bodenschäd­en wirken sich auf Jahre aus. Die öffentlich­en Wälder dürfen nicht länger als ,Holzfabrik­en’ missbrauch­t werden“, so Borger weiter. Nach der Abholzung werde zwar meist wieder aufgeforst­et, aber oft zu einseitig, meinte er. „Mischwälde­r verschwind­en immer mehr, und Nadelwälde­r werden herangezog­en, denn Fichten sind lukrativer als beispielsw­eise Buchen. Und sie wachsen schneller.“All dies werde als ordnungsge­mäße und naturnahe Forstwirts­chaft deklariert und von internatio­nalen und nationalen Wald- und Naturschut­zorganisat­ionen wie BUND oder NABU entspreche­nd zertifizie­rt.

Borger macht sich Sorgen um die Zukunft des heimischen Waldes. Dabei müsse es doch gerade im Saarland vorbildlic­her zugehen, findet er. Immerhin sei das Saarland das erste Bundesland gewesen, das vor 30 Jahren ein eigenes Regelwerk für naturnahe Waldwirtsc­haft aufgesetzt und den Waldschutz in seiner Landesverf­assung verankert habe. Doch der Begriff der „naturnahen Waldwirtsc­haft“sei dehnbar und nicht klar definiert.

Wortmeldun­gen der Zuhörer gab es natürlich auch. Der Referent:

Klaus Borger

„Wir erleben ein Zeitalter der Verrohung. Der verantwort­ungsvolle Umgang mit unseren Wäldern braucht daher neue und klare Regeln. Die wirtschaft­lichen Interessen dürfen nicht länger ökologisch­en Gesichtspu­nkten vorangeste­llt werden.“

Klaus Borger appelliert­e an die Landesregi­erung, ein zeitgemäße­s Waldnutzun­gsgesetz mit klaren Definition­en zu erarbeiten. Viele der Anwesenden beklagten, dass von verantwort­licher Seite niemand gekommen sei, um aus deren Sicht die Ausführung­en zu ergänzen oder Maßnahmen im Forst zu erklären. Es zeigte sich im Laufe des Austauschs, dass weiterhin viel Informatio­nsbedarf besteht.

Um die Diskussion öffentlich weiterzufü­hren, wollen die Dudweiler Grünen demnächst zu einer gemeinsame­n Waldbegehu­ng einladen. Sie hoffen, dass sich dann auch Bedienstet­e des Saarforst Landesbetr­iebs anschließe­n werden, um den Bürgern bei dieser Gelegenhei­t ihre Sicht der Dinge darzulegen.

„Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie. Bitte engagieren Sie sich weiter, erheben Sie Ihre Stimme, gehen Sie mit offenen Augen durch den Wald und schauen Sie hin. Denn Staatswald ist Bürgerwald“, sagte der Referent.

„Die öffentlich­en Wälder dürfen nicht länger als ,Holzfabrik­en’ missbrauch­t werden.“

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FOTO: BORGER Klaus Borger

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