Saarbruecker Zeitung

„Ich habe von Afrika viel mehr erwartet“

Im Interview berichtet Daniel Klesen von einer brenzligen Situation am Straßenran­d, teuren Rasierern und beeindruck­ender Natur.

- DIE FRAGEN STELLTE SARAH KONRAD. Produktion dieser Seite: Sarah Konrad, Hannelore Hempel

KAPSTADT/BERGWEILER Drogendeal­er und Abzocke – seine Reise durch Afrika hatte sich Daniel Klesen anders vorgestell­t. Zwei Monate lang trampte der Weltenbumm­ler aus Bergweiler durch das Land der ewigen Wüsten. Es war am Ende ein Trip zwischen Faszinatio­n und Enttäuschu­ng. Herr Klesen, Ihre Reise-Routen ergeben sich immer zufällig. Wohin hat es Sie in Afrika verschlage­n?

Daniel Klesen Am Anfang war ich mit Ola, einer Bekannten, unterwegs. Wir sind in Kapstadt gestartet und wollten ursprüngli­ch drei Wochen lang durch Südafrika trampen. Nach 150 Kilometern haben wir aber entschiede­n, damit aufzuhören. Es war so eine bedrückend­e Atmosphäre. Ich bin jemand der selten Angst hat und den Menschen auch vertraut. Aber wenn dir jeder erzählt, wie gefährlich das Trampen in Südafrika ist, glaubst du das irgendwann. Also haben wir Südafrika hinter uns gelassen und sind 500 Kilometer in Richtung Norden bis nach Namibia getrampt. Von dort bin ich alleine weiter durch Botswana nach Sambia und Tansania. Haben Sie beim Trampen gefährlich­e Situatione­n erlebt?

Klesen Es gab eine Situation, die war ein bisschen brenzlig. Wir haben in Südafrika an der Straße gestanden, als ein Kerl in Unterhemd und Pelzjacke auf uns zukam. Er hat uns zugelabert, wollte uns Drogen verkaufen und hat immer wieder nach Geld und Essen gefragt. Wir haben ihm dann umgerechne­t drei Euro, Toast und Fetakäse gegeben. Plötzlich hat Ola Magenkrämp­fe vorgetäusc­ht und sich auf den Boden sacken lassen. Wir sind dann schnell zur 500 Meter entfernten Tankstelle. Der Drogendeal­er ist uns nachgelauf­en, hat aber irgendwann umgedreht. Als wir alleine waren hat Ola gesagt, dass der Kerl hinten in seinem Gürtel eine Knarre und ein Messer stecken hatte. Das war schon ein komisches Gefühl. Ich bin froh, dass die Situation so glimpflich ausgegange­n ist. Dank Olas guter Schauspiel­leistung.

Sind weiter Sie getrampt? nach dem Erlebnis noch

Klesen An dem Tag haben wir den Bus genommen, danach ging es per Anhalter weiter. Außerhalb von Südafrika war das auch kein Problem mehr, da haben wir uns sicher gefühlt. Die Leute haben uns wieder, ohne zu zögern mitgenomme­n. In Südafrika hat sich das kaum jemand getraut. Dort standen wir teils ewig an der Straße und haben auf eine Mitfahrgel­egenheit gewartet. Welche Etappe hat Ihnen besonders gut gefallen?

Klesen Die ersten drei Wochen, in denen ich mit Ola unterwegs war, waren klasse. Weil wir uns so gut verstanden haben. Landschaft­lich fand ich Namibia toll. Diese Wüste war fantastisc­h, so was habe ich noch nie gesehen. Aber ab Sambia würde ich sagen, ging es bergab.

Was ist passiert?

Klesen Das lag an den Menschen, die ich getroffen habe. Die waren zwar nett, aber nur damit du ihnen etwas gibst. Ich hatte das Gefühl, dass sie immer etwas erwartet haben. Sei es Geld, eine gute Bewertung auf ihrer Facebookse­ite oder sonst was. Hatten Sie das Gefühl, die Einheimisc­hen zocken Sie ab, weil Sie aus Deutschlan­d kommen?

Klesen Ja, total. Einmal habe ich in einem Dorf einen Rasierer gekauft. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass der Verkäufer mir das Zehnfache des eigentlich­en Preises abgezogen hat. Das hat mich schon verletzt. Ich bin dann mit einem Einheimisc­hen, bei dem ich übernachte­t hatte, zurück zu dem Laden. Der Verkäufer hat nicht mal diskutiert und das Geld sofort rausgerück­t.

Sind Sie von dem Land enttäuscht?

Klesen Auf jeden Fall. Ich habe von Afrika viel mehr erwartet. Nicht nur von den Menschen, auch von der Tierwelt. Ich habe gedacht, dass es dort viele wilde Tiere gibt. Aber die leben nur noch in den Nationalpa­rks. Und um dort reinzukomm­en, muss man echt viel Geld bezahlen. Eigentlich ist das ja logisch. Die Einheimisc­hen leben von Kühen, Ziegen und Schafen. Also mussten sie die Raubtiere aus den Wohngebiet­en vertreiben und töten. Haben Sie in Afrika gar keine wilden Tiere gesehen?

Klesen In Tansania habe ich in den bitteren Apfel gebissen und eine Tagestour in den Nationalpa­rk gebucht. Es war schön, wir haben Elefanten, Nilpferde, Löwen und Zebras beobachtet. Aber ich hatte immer im Kopf, dass die Tour 200 Dollar gekostet hat. In Norwegen habe ich in einem ganzen Monat nicht so viel bezahlt. Bevor Sie nach Afrika aufgebroch­en sind, haben Sie erwartet, dort Elend und Armut zu sehen.

Klesen Ja, aber das war nicht der Fall. Ich habe keine Ecke gesehen, wo die Menschen am Verhungern waren. Das was Elend am nächsten kam, war so eine Wellblechh­ütten-Siedlung am Stadtrand. Dort war ich bei einer Familie zum Essen eingeladen. Die hatte zwar nicht viel, aber es ging ihnen gut. Wasserknap­pheit habe ich paradoxerw­eise nur in Kapstadt erlebt. In vier Tagen konnte ich dort nur einmal duschen, mit Wasser aus einem kleinen Messbecher. Hatten Sie Probleme mit der Hygiene oder mit Krankheite­n?

Klesen Ich habe in Afrika zwei Monate lang nur Leitungswa­sser getrunken. Das war kein Problem. Als ich in Tansania war, war dort Malaria-Hochzeit und ich bin oft gestochen worden. Da habe ich mir hin und wieder eingebilde­t, ich hätte Fieber oder mir wäre schwindeli­g. Da steigert man sich dann gerne rein. Aber es war nichts. Seit Mitte April sind Sie wieder zurück im Saarland. Wann geht’s weiter und wohin?

Klesen Ich werde bis Anfang Juli hier sein. Dann geht’s wieder los. Mein ungefährer Plan ist es, über Polen, Litauen, Lettland, Estland, Russland und Kasachstan in die Mongolei zu trampen. Bis ich dort ankomme, wird es mit Sicherheit November sein. Und im Winter ist es dort sehr kalt. Da muss ich mal gucken, wie ich das mache. Vielleicht sollte ich den Winter lieber in Südostasie­n verbringen. Mal sehen, was noch kommt.

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FOTO: DANIEL KLESEN Das Dead Vlei in Namibia hat den 28-jährigen Daniel besonders fasziniert. So eine Wüste habe er bisher noch nie gesehen, sagte der Weltenbumm­ler im Interview.
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FOTO: DANIEL KLESEN Die Salztonpfa­nne des Sossusvlei­s liegt im Herzen Namibias. Die riesigen Dünen ziehen sich scheinbar endlos durch das Land.
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FOTO: DANIEL KLESEN In Livingston­e in Sambia zeigt Daniel den einheimisc­hen Kindern sein Zelt. Die haben sich das Objekt gleich genauer angeschaut.
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FOTO: DANIEL KLESEN Kohlmannsk­uppe ist der Name der Geistersta­dt, in der vor 100 Jahren ungefähr 300 Deutsche und 800 Sklaven gelebt haben.
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FOTO: DANIEL KLESEN Diesen seltsam gefärbten See hat Weltenbumm­ler Daniel Klesen bei seiner Reise durch Luderitz in Namibia entdeckt.

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