WM-Kater nach Silber-Rausch
Das Vorrunden-Aus der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft ist besiegelt.
(sid) Nach dem Absturz der Eishockey-Überflieger wollte Yannic Seidenberg nichts mehr von Pyeongchang hören. „Wir können jetzt langsam mal vergessen, was bei Olympia war“, sagte der Silbermedaillengewinner von Südkorea, als die letzte Chance auf das WM-Viertelfinale verspielt war: „Wir sind jetzt hier mit einem anderen Team.“Einem, das nach dem Olympia-Rausch einen veritablen WM-Kater erlebt.
Nach der Viertelfinal-Teilnahme bei den beiden vorangegangenen Weltmeisterschaften und der Silber-Sensation bei den Winterspielen ist die deutsche Nationalmannschaft in Dänemark vorzeitig gescheitert. Nach dem bitteren 1:3 am Samstag gegen Lettland und nur einem Sieg aus den ersten fünf Spielen stand bereits fest: Nach der WM-Vorrunde fliegt sie nach Hause. Die K.o.-Spiele, in denen sie in Pyeongchang über sich hinauswuchsen, erleben Seidenberg und Co. allenfalls vor dem Fernseher – wenn sie noch nicht die Nase voll vom Eishockey haben.
„Sicherlich haben wir nicht das aufs Eis gebracht, was uns in den letzten Jahren stark gemacht hat“, gab der Münchner Verteidiger zu. Das war allerdings auch nicht leicht: 15 der 25 Olympia-Helden fehlten in Herning, Bundestrainer Marco Sturm musste die großen Lücken mit jungen, unerfahrenen Spielern stopfen. Dass das neuformierte Team nicht auf Anhieb so funktionieren würde wie die verschworene Einheit, die im Februar die Eishockey-Welt beinahe auf den Kopf gestellt hatte, war ihm klar.
„Diese Mannschaft war einmalig. Es hat Jahre gebraucht, sie zusammenzubekommen“, erklärte Sturm: „Jetzt ist ein neuer Abschnitt. Man braucht eine gewisse Zeit.“Zeit, die der Bundestrainer vor der WM nicht hatte. Weil zehn Silbermedaillengewinner noch eine Woche vor dem Turnierstart um die deutsche Meisterschaft spielten und die Hälfte von ihnen kurzfristig – und für Sturm überraschend – absagte, musste er improvisieren und erlebte seinen ersten Misserfolg seit seinem Amtsantritt 2015.
Zwar konnte der 39-Jährige auf NHL-Star Leon Draisaitl bauen, doch auch aus der besten Eishockey-Liga der Welt gab es diesmal Absagen für Sturm: Torhüter Thomas Greiss sowie die Stürmer Tobias Rieder und Tom Kühnhackl gaben dem Bundestrainer einen Korb. Auf Draisaitl war in Dänemark dagegen Verlass: Der Stürmerstar der Edmonton Oilers war an neun der 13 deutschen Tore in den ersten fünf Spielen beteiligt. Auch den einzigen Treffer gegen Lettland durch Dominik Kahun bereitete er vor. Doch alleine konnte er die deutsche Mannschaft nicht mitziehen. Vor allem der Verlust der Führungsspieler von Pyeongchang, der zurückgetretenen Christian Ehrhoff, Marcel Goc und Patrick Reimer, schmerzte.