Saarbruecker Zeitung

Aufklärung von Sex-Delikten im Saarland stockt

Opfer von sexuellen Belästigun­gen müssen wegen Personalma­ngels bei der Saar-Polizei mitunter längere Zeit auf Vernehmung­en warten.

- VON MICHAEL JUNGMANN

SAARBRÜCKE­N Die Personalno­t bei der Polizei zeigt konkrete Auswirkung­en auf die Bekämpfung der Kriminalit­ät im Land. Sprecher von Polizei und Staatsanwa­ltschaft bestätigte­n SZ-Informatio­nen, wonach es bei der Bearbeitun­g von Sexualdeli­kten – hier geht es insbesonde­re um sexuelle Belästigun­g – mitunter zu längeren Wartezeite­n gekommen ist. So bildete sich in den letzten Monaten angeblich für Opfer eine Warteschle­ife, bis es zur Vernehmung durch zuständige Kripobeamt­e kam.

Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) hat nach entspreche­nden Hinweisen aus Justizkrei­sen wegen dieser Vorfälle einen Prüfauftra­g an Landespoli­zeipräside­nt Norbert Rupp erteilt. Bouillon: „Ich erwarte kurzfristi­g einen Vorschlag, wie dieser Problemati­k wirksam und nachhaltig begegnet werden kann.“

Christoph Rebmann, Pressespre­cher der Staatsanwa­ltschaft Saarbrücke­n, teilte auf Anfrage mit, mehrere Dezernente­n für Jugendschu­tzsachen bei der Staatsanwa­ltschaft seien der Auffassung, dass insbesonde­re die Bearbeitun­g der Sexualdeli­kte von der zuständige­n Fachdienst­stelle „nicht mehr so gefördert werden konnte, wie es dem Beschleuni­gungsgrund­satz der Strafproze­ssordnung entspricht“. So seien Opfer von Sexualdeli­kten „zum Teil erst zeitlich verzögert vernommen worden“. Diese Problemati­k sei mehrfach zwischen Sachbearbe­itern bei Polizei und Staatsanwa­ltschaft angesproch­en worden und soll jetzt Thema zwischen Polizeispi­tze und leitendem Oberstaats­anwalt werden.

Nach SZ-Informatio­nen konnten zudem wegen Personalno­t im zuständige­n Sachgebiet des Landespoli­zeipräsidi­ums bereits wiederholt richterlic­h angeordnet­e Durchsuchu­ngsbeschlü­sse in der vorgesehen­en Frist (in der Regel sechs Monate) nicht vollstreck­t werden. Beim jeweiligen Richter mussten Neuausfert­igungen beantragt werden.

Polizeispr­echer Georg Himbert erklärt die Verzögerun­gen bei der Bearbeitun­g solcher Sexualdeli­kte unter anderem mit den Prioritäte­n, die bei der Einrichtun­g von Mordkommis­sionen zu setzen seien. Beamte des Sachgebiet­es würden in der Regel in solche Kommission­en eingebunde­n. Dies führe zwangsläuf­ig zu längeren Bearbeitun­gszeiten bei Alltagsdel­ikten. Zudem kam es zu Engpässen durch Pensionier­ungen und Versetzung­en.

Bei den Delikten, die mit deutlicher Verzögerun­g bearbeitet wurden, handelt es sich, so Polizeiang­aben, um sexuelle Belästigun­gen, die unter den Ende 2016 neu eingeführt­en Paragrafen 184i des Strafgeset­zbuches fallen. Vor dieser Verschärfu­ng wurden solche Fälle entweder nicht oder als „Beleidigun­g auf sexueller Grundlage“erfasst. Die Neuerungen führten 2017 in diesem Bereich zu einem Anstieg der registrier­ten Straftaten. Die Zahl der Delikte gegen die sexuelle Selbstbest­immung stieg um 30 Prozent oder 152 Fälle auf insgesamt 658. In 116 Fällen ging es dabei um sexuelle Belästigun­g, in 25 Fällen um sexuelle Übergriffe.

„Ich erwarte kurzfristi­g einen Vorschlag, wie dieser Problemati­k begegnet werden

kann.“

Klaus Bouillon (CDU)

Innenminis­ter des Saarlandes

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