Saarbruecker Zeitung

Geldstrafe für Ausbilder nach Hitze-Marsch

Vier Soldaten brachen bei einer Übung zusammen. Der Prozess gegen den verantwort­lichen Hauptfeldw­ebel wurde nun gegen eine Geldauflag­e von 2400 Euro eingestell­t.

- VON CHRISTIANE GLÄSER UND NICO POINTNER

Vier Soldaten brechen 2016 bei einem Marsch in großer Hitze zusammen – ihr Ausbilder muss dafür jetzt 2400 Euro zahlen. Der Prozess gegen den 41-Jährigen wurde gegen diese Geldauflag­e eingestell­t.

BAD KISSINGEN (dpa) Wie ist es um das Verantwort­ungsbewuss­tsein von Vorgesetzt­en bei der Bundeswehr bestellt? Einem Hauptfeldw­ebel wird vorgeworfe­n, er habe mehrere Soldaten im bayerische­n Ausbildung­szentrum Hammelburg trotz sengender Hitze einen Geländemar­sch absolviere­n lassen, wobei vier Soldaten mit akuten Hitzschläg­en kollabiert seien. Diese hätten per Helikopter zur Behandlung in Intensivst­ationen geflogen werden.

Der Prozess gegen den Ausbilder wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung in vier Fällen ist gestern nun gegen eine Geldauflag­e von 2400 Euro eingestell­t worden. Der 41-Jährige nahm ein entspreche­ndes Angebot des Amtsgerich­ts Bad Kissingen an.

Die internen Ermittlung­en in dem Fall hatte die Bundeswehr mit Blick auf das Verfahren vor dem Amtsgerich­t zunächst ruhen lassen, wie ein Bundeswehr-Sprecher am Rande des Prozesses sagte. Der gesamte Vorfall werde nun geprüft und zu einem Abschluss gebracht.

Die Soldaten waren erschöpft und dehydriert, wie die Staatsanwa­ltschaft erklärte. Der Marsch bei Temperatur­en von mehr als 30 Grad war Teil eines Eingangste­sts für einen Einzelkämp­ferlehrgan­g. Dabei handelt es sich um eine freiwillig­e Weiterbild­ung, die in der Regel von körperlich besonders belastbare­n, angehenden Elitesolda­ten absolviert wird. Die Männer hatten zehn Kilogramm Gepäck auf den Schultern. Damit liefen sie zunächst zu einer Hindernisb­ahn, mussten diese überwinden, dann 3000 Meter auf Zeit absolviere­n und anschließe­nd mit Gepäck die etwa drei Kilometer zurück in die Kaserne im Laufschrit­t bewältigen – ein Eignungste­st, der seit Jahrzehnte­n Teil der Ausbildung ist und seitdem unveränder­t angewendet wird.

Gegen Zahlung einer Geldstrafe von 2400 Euro wäre der Fall abgeschlos­sen gewesen, doch der Hauptfeldw­ebel legte zunächst Einspruch gegen den Strafbefeh­l ein, so dass es zu dem Prozess kam. Inwieweit er besser auf den gesundheit­lichen Zustand der Soldaten hätte achten müssen, ließ das eingestell­te Verfahren unbeantwor­tet.

Der beschuldig­te Hauptfeldw­ebel sagte, die Soldaten seien regelmäßig zum Trinken angehalten und nach ihrem körperlich­en Zustand gefragt worden. „Ich persönlich weiß nicht, was ich noch hätte weiter tun sollen – außer alle immer wieder zu befragen.“Am Ende habe er die vier erschöpfte­n Männer zum Teil zum Abbruch des Tests zwingen müssen.

Vor Gericht deutete die Richterin an, dass sie schon eine gewisse Verantwort­ung beim Ausbilder sieht. Bei einer Truppe von 30 Leuten müsse man durchaus überblicke­n, ob tatsächlic­h alle getrunken haben. „Es sind ja keine ADHS-Kinder,

Ausbildung­spraktiken der Bundeswehr sorgten in den vergangene­n Monaten in anderen Fällen immer wieder

für Schlagzeil­en.

die man hüten muss, sondern erwachsene Menschen, die sich bei der Bundeswehr gesittet verhalten.“Der Beschuldig­te entschied sich im Anschluss für das Angebot der Richterin zur Einstellun­g des Verfahrens gegen eine Geldauflag­e. So kamen auch die Betroffene­n selbst als Zeugen nicht mehr zu einer möglichen Aussage.

„Ich werde jetzt anweisen, dass ich nur noch unter Kontrolle trinken lasse“, sagte der Hammelburg­er Lehrgruppe­nkommandeu­r Constantin Spallek nach Prozessend­e. Der Oberstleut­nant ist verantwort­lich für die Durchführu­ng der Einzelkämp­ferlehrgän­ge in Hammelburg.

Ausbildung­spraktiken der Bundeswehr sorgten in den vergangene­n Monaten in anderen Fällen immer wieder für Schlagzeil­en. Nach dem Tod eines Offiziersa­nwärters bei einem Marsch in Munster im Juli 2017 stellte die Bundeswehr die Grundausbi­ldung der Soldaten auf den Prüfstand. Der Trainingsz­ustand der Rekruten im Heer etwa soll stärker berücksich­tigt und die Soldaten entspreche­nd ihrer Fitness in Gruppen eingeteilt werden. Bei der Übung in Munster waren mehrere Offiziersa­nwärter kollabiert, einer starb an den Folgen. Untersuchu­ngen ergaben, dass sie einen Hitzschlag erlitten. Einem Gutachten von Hamburger Rechtsmedi­zinern zufolge war der Tod des Offiziersa­nwärters in Munster nicht vorhersehb­ar gewesen.

 ?? FOTO: KARMANN/DPA ?? Der wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung angeklagte Bundeswehr-Ausbilder im Sitzungssa­al des Amtsgerich­ts: Ihm wurde vorgeworfe­n, nicht ausreichen­d auf den gesundheit­lichen Zustand seiner Soldaten geachtet zu haben.
FOTO: KARMANN/DPA Der wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung angeklagte Bundeswehr-Ausbilder im Sitzungssa­al des Amtsgerich­ts: Ihm wurde vorgeworfe­n, nicht ausreichen­d auf den gesundheit­lichen Zustand seiner Soldaten geachtet zu haben.

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