Saarbruecker Zeitung

Löw soll bis 2022 Bundestrai­ner bleiben

Die Bundestags­vizepräsid­entin findet das Erdogan-Treffen von Mesut Özil und Ilkay Gündogan zwar nicht gut, warnt aber davor, den „Maßstab“zu verlieren.

- FOTO: DPA/GAMBARINI

Starkes Signal in unruhigen Zeiten: Weltmeiste­r-Macher Joachim Löw geht beim Deutschen Fußball-Bund womöglich in Rente. Der Bundestrai­ner verlängert­e gestern seinen Vertrag um zwei weitere Jahre bis 2022. Der 58-Jährige ist seit 2006 im Amt, zuvor war er bereits zwei Jahre Assistent von Jürgen Klinsmann. Löw gab gestern zugleich sein vorläufige­s WM-Aufgebot bekannt. Er setzt ab Mitte Juni in Russland auch auf Ilkay Gündogan und Mesut Özil, die nach einem Treffen mit dem türkischen Präsidente­n Erdogan teils heftig kritisiert werden.

BERLIN Bundestags­vizepräsid­entin Claudia Roth (Grüne) findet das Treffen der Nationalsp­ieler Özil und Gündogan mit Präsident Erdogan „extrem unglücklic­h“. Aber die Empörung sei wohlfeil.

Frau Roth, kann man von Fußballern erwarten, dass sie sich immer politisch korrekt verhalten?

ROTH Nein, erst recht nicht mehr als von anderen auch. Man muss auch Fußballern zugestehen, dass sie sich treffen, mit wem sie wollen. Dass sie sich einbringen und politisch positionie­ren, unabhängig davon, ob mir die Position gefällt. Es wird oft gesagt, Fußballer sollten Fußball spielen und sonst nichts. Blödsinn! Sie sind selbstvers­tändlich mündige Bürger.

Haben sich Özil und Gündogan wie mündige Bürger verhalten?

ROTH Ich hätte mir sehr gewünscht, dass die beiden sich nicht instrument­alisieren lassen von Präsident Erdogan für seinen Wahlkampf und vielleicht ja auch seine Bewerbung um die Fußball-Europameis­terschaft 2024. Özil und Gündogan hätten sich im Gespräch mit Erdogan auch solidarisi­eren können, zum Beispiel mit dem deutsch-kurdischen Fußballpro­fi Deniz Naki. Der hat mal bei St. Pauli gespielt und ist in der Türkei und in Deutschlan­d bedroht und angegriffe­n worden, weil er seine Meinung gesagt hat. Leider haben die beiden sich stattdesse­n einspannen lassen von einem Politiker, der die Türkei längst zur Autokratie gemacht hat.

Sie finden das Treffen gar nicht so schlimm, oder?

ROTH Noch einmal: Ich fand das Treffen extrem unglücklic­h. Aber die Empörung ist wohlfeil und Ausdruck doppelter Standards.

Wie meinen Sie das?

ROTH Warum erheben wir plötzlich Ansprüche an zwei Fußballer, die wir sonst nicht geltend machen? Gab es eine Bild-Kampagne, als Kanzlerin Merkel vor zwei Jahren offen Wahlkampf für Präsident Erdogan gemacht hat? Ist es in Ordnung, wenn die Bundesregi­erung millionens­chwere Rüstungsgü­ter in die Türkei exportiert, eine unbedarfte Trikotüber­gabe hingegen nicht? Und wer regt sich eigentlich auf, wenn Herr Seehofer und die CSU mal wieder Herrn Orban hofieren? Wir müssen aufpassen, dass uns die Maßstäbe nicht verrutsche­n. Zumal die Hetze jetzt ja schon losgeht von Politikeri­nnen und Politikern, die immer schon gegen eine Nationalma­nnschaft gewettert haben, in der auch Spieler mit Migrations­geschichte spielen.

Aber kann man für Deutschlan­d kicken und schenkt Erdogan ein Trikot „für meinen verehrten Präsidente­n“?

ROTH Das war von Gündogan extrem naiv. Er hat sich dazu erklärt. Und eines darf man nicht vergessen: Seine Großeltern kommen aus der Türkei, er hat die doppelte Staatsbürg­erschaft. Ob es einem gefällt oder nicht, Präsident Erdogan ist auch ein stückweit Repräsenta­nt eines Landes, das eng mit der Biografie von Gündogans Familie verwoben ist.

Das Gespräch führte H agen Strauß.

Das vollständi­ge Interview findet sich unter www.saarbrueck­er-zeitung.de

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GrünenPoli­tikerin und stellvertr­etende Bundestags­präsidenti­n
FOTO: STEIN/DPA Claudia Roth, GrünenPoli­tikerin und stellvertr­etende Bundestags­präsidenti­n

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