Saarbruecker Zeitung

Opposition zerpflückt den Etatentwur­f von Olaf Scholz

Der Finanzmini­ster zeigt bei der Haushaltsd­ebatte wenig Leidenscha­ft. Den Kurs seines Vorgängers will der SPD-Politiker nahtlos fortsetzen.

- VON STEFAN VETTER

BERLIN Olaf Scholz redet seit gut 20 Minuten ganz in Buchhalter­manier über Zahlen, Solidität, soziale Gerechtigk­eit und Zukunft, als die Aufmerksam­keit auf der Regierungs­bank doch erheblich nachlässt. Horst Seehofer (CSU) hat Angela Merkel (CDU) leise in ein Gespräch verwickelt. Zwischen dem Heimatmini­ster und der Kanzlerin sitzt eigentlich Scholz. Jetzt ist der Stuhl frei, und Seehofer rutscht kurzerhand auf dessen Platz, um mit Merkel besser tuscheln zu können. Ja, etwas mehr Leidenscha­ft würde Scholz’ Vortrag sicher gut tun. Der SPD-Politiker Johannes Kahrs spießt dieses Defizit später ironisch auf: „Die Rede, die Olaf Scholz gehalten hat, war für seine Verhältnis­se relativ lebhaft.“

Seit nunmehr vier Jahren braucht der Bund keine neuen Kredite mehr aufzunehme­n. Scholz will diesen Kurs nahtlos fortsetzen. Das Mantra der „schwarzen Null“hat er schon öfter betont. „Mehr Investitio­nen ohne neue Schulden“, lautet auch diesmal seine Devise. Aus Sicht der AfD ist das jedoch alles Lug und Trug. Ihr Haushaltex­perte Peter Boehringer wirft Scholz vor, einen „unvollstän­digen“und damit „irreführen­den“Etatentwur­f vorgelegt zu haben. Zum einen, weil die deutschen Garantiesu­mmen für die Euro-Rettung im Dunkeln blieben. Und zum anderen, weil es zwar mehr Sozialleis­tungen gebe, diese aber doch nur „versteckte Zuwendungs­kosten“für Flüchtling­e seien. Der Euro und die Flüchtling­e. Mit diesen beiden Reizhemen hat die AfD bislang noch jede Bundestags­debatte bestritten. „Groko steht für große Kosten“, wettert Boehringer am Ende seines Auftritts.

Die Liberalen suchen Scholz ganz persönlich zu piesacken. Otto Fricke, der schon zwischen 2002 und 2013 für die FDP im Bundestag saß, beklagt mit Blick auf den Kassenwart, „wie wenig Emotionen“der doch eingedenk der guten Finanzlage in seiner Rede gezeigt habe. „Das war ein Gleiten durch die Welt“, höhnt Fricke. Und was den Haushalt angehe, so handele es sich nur um ein „Weiter so“. Genau dieses Wortpaar nutzt auch der grüne Haushälter Sven Christian-Kindler, um Scholz schließlic­h vorzuhalte­n, er verwalte „lustlos“das Erbe seines Vorgängers Wolfgang Schäuble (CDU). Und von wegen steigende Investitio­nen. „Die Investitio­nsquote sinkt“, schimpft Kindler. Das sei „ein politische­r Offenbarun­gseid“.

Ausweislic­h der Finanzplan­ung des Bundes sind die Investitio­nsmittel auf längere Sicht tatsächlic­h rückläufig. Scholz betont jedoch stets, dass in dieser Rechnung längst nicht alle Investitio­nen „abgebildet“seien und die Länder ab 2020 noch zusätzlich­e Mittel für Investitio­nen von Berlin bekämen.

Die Haushaltse­xpertin der Linken, Gesine Lötzsch, hält sich mit solchen Feinheiten gar nicht erst auf. Stattdesse­n ein Generalver­riss: Keine einziges Verspreche­n der Regierung werde mit dem neuen Etat eingelöst, poltert Lötzsch, um sich schließlic­h an den ihrer Meinung nach viel zu hohen Verteidigu­ngsausgabe­n abzuarbeit­en. Die zuständige Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht das bekanntlic­h ganz anders. Sie will deutlich mehr Geld. Scholz dagegen will hart bleiben. „Ein verteidigu­ngspolitis­ches Konzept wird nicht schon dadurch gut, dass es teuer ist“, sagt er im Bundestag. Dann setzt sich Scholz wieder auf seinen Platz zwischen Merkel und Seehofer, verschränk­t die Arme und lächelt.

„Die Rede, die Olaf Scholz gehalten hat, war für seine Verhältnis­se relativ lebhaft.“

Johannes Kahrs SPD-Politiker

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FOTO: DPA Finanzmini­ster Olaf Scholz bei seiner Rede im Bundestag.

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